John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes
eine Mauer kletterten. Ehe er ihnen jedoch folgen konnte, stolperte Voss über eine Granate, die Zayd als improvisierte Sprengfalle an der Tür befestigt hatte. Dadurch klinkte der Bügel ein.
»Runter!«, brüllte Voss, während er verzweifelt die Granate wegzukicken versuchte. J.C. ließ sich zu Boden fallen und verbarg den Kopf in den Armen. Dann wurde die Welt aus ihrer Verankerung gerissen. Die Explosion war so laut, dass sie direkt aus seinem Kopf zu kommen schien.
Als J.C. hinter die Tür kroch, wo Voss eben noch gewesen war, fand er ihn nicht mehr. Zumindest nicht in einem Stück. Auch etwas anderes stimmte nicht. Die ganze Welt war plötzlich still geworden. »WER HAT DIE HUNDE LOSGELASSEN? «, brüllte J.C. Oder hatte er sich das nur eingebildet? »WER? WER HAT DIE HUNDE LOSGELASSEN?«
Schließlich sprang J.C. auf, um auf die beiden Männer zu schießen, die über die Mauer geklettert waren. Aber sein Gewehr funktionierte nicht. Verdammt. Er zog die Pistole und sprintete auf die Mauer zu. In diesem Augenblick kamen zwei weitere Mad Dogs die Treppe herauf. Ihre Rufe, dass er stehen bleiben solle, hörte er nicht. Und selbst wenn er sie gehört hätte, wäre er weitergerannt.
Farouk erkannte, dass sie in der Falle saßen. Ein verrückter amerikanischer Soldat stürmte, nur mit einer Pistole bewaffnet, auf sie zu, während Zayd verzweifelt letzten Widerstand leistete. Er hatte die Kalaschnikow auf Vollautomatik geschaltet, sodass Kugel auf Kugel aus der Mündung schoss. Die Waffe in seinen Händen zuckte wie verrückt, während sie die Kugeln in der Nacht verstreute.
Farouk trat einen Schritt zurück. Er hätte sich am liebsten ergeben, aber Zayd würde ihn umbringen, wenn er es versuchte. Er musste warten, bis Zayd erschossen worden war, und wenn er dann noch am Leben war, würde er die Hände heben, wie er es in Filmen gesehen hatte. Vermutlich war er ein Feigling, aber er zog eine Zelle auf Guantanamo dem Tod auf diesem Dach vor.
Der Amerikaner stolperte, fing sich jedoch wieder und rannte schießend weiter. Eine Kugel traf Zayd in die Schulter. Ohne jede Mühe hatte der Amerikaner auch schon die Mauer überwunden, während Zayd unablässig auf ihn schoss. Farouk konnte nicht glauben, dass er ihn verfehlt hatte. Aber der Soldat schien wirklich unverwundbar zu sein. Erneut hob er die Pistole und schoss. Auch nachdem er Zayd in die Brust getroffen hatte, drückte er wieder und wieder den Abzug.
Als sich der Soldat ihm zuwandte, ließ Farouk den Geigerzähler
fallen und hob die Hände. »Ich kapituliere«, rief er, »ich ergebe mich, ich ergebe mich.«
J.C. sah, dass der fette Mann etwas sagte, aber er konnte es nicht hören. Die Pistole direkt auf die Brust des Mannes gerichtet, drückte er ab.
Als die Pistole klickte, wartete Farouk darauf, dass seine Brust explodierte. Er wartete darauf, dass ihn die Dunkelheit hinwegreißen würde – oder was auch immer als Nächstes geschähe. Vermutlich sollte er sich Allah in diesem Augenblick sehr nahe fühlen. Stattdessen fühlte er sich unendlich fern von ihm.
Ein weiteres Klicken. Als nichts geschah, begriff Farouk, dass er noch am Leben war, und sank auf die Knie.
Fassungslos starrte J.C. auf den Mann und dann wieder auf seine Pistole, die nicht zu funktionieren schien. Keine Munition mehr. Das musste es sein. Augenblicklich verflüchtigte sich das Adrenalin in seinem Körper. Statt die Pistole neu zu laden, ließ er sie fallen und beugte sich zu dem Mann, bis sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter vom Gesicht des Mannes entfernt war. Der fette Mann zitterte und seine Lippen bildeten Worte, die J.C. weder hören noch verstehen konnte. Sein Speichel spritzte auf J.C.’s Uniform, und J.C. wollte dem Mann irgendetwas sagen, aber er wusste nicht mehr, was.
So verharrten die beiden Männer, bis Captain Jackson J.C. wegzog.
Die Panzerweste hätte Lieutenant Colonel Fahd vermutlich auch nicht das Leben gerettet, aber gewiss hatte sie das von
J.C. Ramirez gerettet. Die Kevlarfasern hatten zwei Kugeln abgefangen. Wegen seiner geplatzten Trommelfelle wurde J.C. vorzeitig nach Hause geschickt, obwohl er gern bei seinen Kameraden geblieben wäre. Für seinen mutigen Einsatz während der Razzia, bei der er sechs Aufständische getötet hatte und trotz feindlichen Feuers aus nächster Nähe zum Angriff übergegangen war, wurde er mit dem Verdienstkreuz für hervorragende Leistung ausgezeichnet, dem zweithöchsten militärischen Orden nach der
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