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John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

Titel: John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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anderen Prozeduren bleiben gleich. Wir bedauern jegliche Unbequemlichkeiten, aber Sie sind uns zu wertvoll, um Risiken einzugehen. Mit dem Ausdruck größter Dankbarkeit, Ihr Freund George.«
    George alias Oberst Gao Xi. Offiziell war George Kulturattaché an der chinesischen Botschaft, in dessen Verantwortungsbereich es fiel, Pandas und chinesische Akrobaten in die USA zu bringen. In Wirklichkeit leitete er den Washingtoner Zweig des Second Department der chinesischen Armee – des wichtigsten Nachrichtendienstes der chinesischen Volksrepublik. Anders ausgedrückt, war George der Topspion Chinas in den USA. Seit drei Jahren fungierte er als sein persönlicher Kontaktpartner. Einen aussagekräftigeren Beweis für den Wert der Geheimnisse, die Eddie lieferte, gab es nicht.
    Der Maulwurf überflog den Brief noch einmal. Wieder fragte er sich, warum die Chinesen den Briefkasten gewechselt hatten. Er konnte sich nicht vorstellen, dass man ihre Signale bemerkt hatte. Vielleicht waren sie nervös aufgrund der Ereignisse im Gelben Meer. Die Nordkoreaner waren nicht sehr subtil vorgegangen. Aber der Maulwurf hielt es für unmöglich, dass irgendjemand ihn mit dem Verfasser in Verbindung brachte.
    Auf jeden Fall verlor die CIA immer wieder eine Informationsquelle. Das war Teil des Spiels. Allerdings war der Verfasser wertvoller als die meisten, und auch durch die Tatsache, dass die Agency zwei ihrer eigenen Leute bei dem Rettungsversuch verloren hatte, würde dieser Zwischenfall garantiert einiges an Aufmerksamkeit bekommen. Andererseits befand sich die CIA seit dem elften September in einer jahrelangen Dauerkrise. Angesichts dieser Situation
würde der Verlust eines Agenten nicht zum Hauptpunkt auf der Tagesordnung werden, überlegte der Maulwurf. Der Ostasienschreibtisch würde einen Bericht über die Gefahren von Notfallsexfiltrationen verfassen, den niemand lesen würde. Bis irgendjemand die Ereignisse in Nordkorea mit den anhaltenden Schwierigkeiten zusammenbringen würde, in China Agenten anzuwerben, hätte sich der Maulwurf längst in den Ruhestand zurückgezogen.
    Die Chinesen waren eben paranoid, beschloss der Maulwurf. Nachdem sie die Marco-Box achtzehn Monate lang verwendet hatten, war es an der Zeit, einen neuen Platz zu wählen. Ihm sollte es recht sein. Er bekam die Information. George sorgte für seine Sicherheit. Sie waren Partner.
    Nach einem letzten Zug berührte der Maulwurf mit der glimmenden Asche der Marlboro den Brief, bis die Flammen das Papier verzehrten und sich der Keller mit Rauch füllte.
    »Eddie! Brennt da etwas?«
    Der Maulwurf griff nach der kurzläufigen 357er Smith & Wesson auf dem Couchtisch und richtete die Waffe gegen die Decke. Der Gedanke, seine Frau zu töten, war seltsam tröstlich, auch wenn er wusste, dass er es nie durchziehen würde.
    Er öffnete die Trommel des Revolvers und ließ fünf der sechs Patronen in den Aschenbecher auf dem Tisch fallen. Dann schloss er die Trommel wieder und gab ihr einen kräftigen Impuls, sodass sie sich lange um die eigene Achse drehte, während er beobachtete, wie Leben und Tod durch den Revolver klickten. Leben – Leben – Leben – Leben – Leben – Tod. Leben – Leben – Leben – Leben – Leben – Tod. So glatt und geschmeidig wie eine Ampel von Grün auf Rot schaltete und wieder zurück.

    »Rundherum, rundherum dreht sie sich. Wo sie hält, weiß niemand nich’«, murmelte er.
    Als die Trommel anhielt, legte der Maulwurf die Waffe an sein Auge und blickte durch den Lauf in die Ewigkeit. Oder, was viel wahrscheinlicher war, in eine leere Kammer. Außerdem beabsichtigte er keineswegs, sich selbst zu töten. Warum sollte er der Welt diese Genugtuung gönnen? Nachdem er die Patronen wieder in die Trommel gesteckt hatte, schloss er einen Aktenschrank auf und ließ die Smith & Wesson und den Krügerrand hineinfallen. Dann schenkte er sich einen großen Schluck aus der Whiskeyflasche ein, die als Fixbestandteil der Einrichtung auf dem Couchtisch stand, und kippte den Scotch in einem brennenden Schluck hinunter.
    »Ich bin gleich oben, Liebes«, brüllte er die Treppe hinauf.
     
    Die Küche roch nach Schmorfleisch und grünen Bohnen. Vermutlich war Janice mittlerweile die einzige Frau, die immer noch Schmorfleisch zubereitete. Der Raum war dunkel und wurde nur von einer Kupferlampe in der Ecke erleuchtet. Janice mochte kein helles Licht. Helles Licht tue ihr in den Augen weh, sagte sie. Mit gesenktem Blick saß sie bei Tisch und kaute. Lenny

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