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John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

Titel: John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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viertausendsiebenhundert Meter hoch. Das war höher als jeder Berg in den kontinentalen USA. Die CIA und das Pentagon gingen davon aus, dass sich Bin Laden im Hindokusch oder südlich davon in der pakistanischen Provinz Peschawar aufhielt. Ohne genaue Angaben war es jedoch unmöglich, jemanden im Hindokusch zu finden. Das Massiv war ein endloses Labyrinth von Tälern und Höhlen und zählte zu den schwierigsten Gegenden der Welt, um jemanden zu suchen. Bereits im Oktober fiel Schnee, und im Dezember waren die unbefestigten Pfade, die die Afghanen optimistischerweise als Straßen bezeichneten, unpassierbar. Die Kämpfer verkrochen sich in winzigen Dörfern und warteten auf den Frühling, denn sie wussten, dass ihnen selbst die bestausgestatteten amerikanischen Einheiten bis dahin
nichts anhaben konnten. Im Sommer bewegten sich die Taliban zwischen den Bergen und Kabul, legten Bomben, überfielen Trucks mit Nachschub und richteten allgemein Verwüstung an.
    Und sie wurden zunehmend gefährlicher. Vor einem Monat hatten fünfzig Taliban eine Polizeiwache östlich von Kabul angegriffen. Als die schnelle Eingreiftruppe aus Bagram an den Ort des Überfalls kam, wurde sie von einer weiteren Gruppe von Kämpfern in einen Hinterhalt gelockt. Acht amerikanische Soldaten fanden den Tod.
    Kurz darauf wurde die 10th Mountain Division in Camp Blessing – einem Vorposten in der Nähe der pakistanischen Grenze – mit Mörsern unter Beschuss genommen. Sechs Männer starben. Mörserangriffe waren in Afghanistan nicht ungewöhnlich, aber dass der Angriff so präzise erfolgte, war neu. In der Folge waren zwei Trupps aus dem Camp in die Berge gezogen, um mit den Dorfbewohnern zu sprechen, die nördlich der Basis lebten. Überall, wo die Soldaten hinkamen, boten sie Geschenke an: medizinische Artikel, Schreibstifte und Papier und Süßigkeiten – die Afghanen liebten aus unerfindlichen Gründen Tic Tacs. Auf diese Weise wollten sie die ansässige Bevölkerung freundlich stimmen, oder zumindest neutral halten und Informationen über die Herkunft der Mörser in Erfahrung bringen. In den meisten Dörfern wurden die Trupps mit Tee bewirtet, misstrauisch beäugt, und das war es.
    In einem namenlosen Dorf etwa dreißig Kilometer nördlich von Camp Blessing erwartete die Soldaten jedoch eine Überraschung. Bashir Jan, das Dorfoberhaupt, erzählte ihnen von einem Guerillalager im Westen. Neben fünfzig Taliban gebe es im Camp auch noch mehrere »weiße Kämpfer«, wie er sagte. Warum hatte er ihnen diese wertvolle Information
gegeben? Die Taliban stahlen die Ziegen des Dorfes und weigerten sich zu zahlen, erklärte er.
    »Die Männer sagten, dass er wütend war«, sagte Holmes zu Wells. »Selbst wenn sie eine seiner Frauen genommen hätten, hätte er nicht wütender sein können.«
    »Einer geschenkten Ziege schaut man nicht ins Maul«, gab Wells zurück.
    Bashirs Bericht hatte Exley angeregt, die Satellitenfotos in Auftrag zu geben. Wer auch immer diese Söldner waren, nun bekamen sie es mit der A- und B-Kompanie zu tun. Zwei Kompanien der 10th Mountain Division, einschließlich der Einheit, die das Camp entdeckt hatte und die taktische Unterstützung bot. Dieser Plan machte die 10th Mountain nicht glücklich. Denn immerhin waren es ihre Männer, die bei dem Mörserangriff gestorben waren, und sie hatten die ersten Informationen geliefert. Wenn es nach ihnen ginge, verdienten sie den Gegenschlag.
    Aber das Gelände erforderte einen Luftangriff, wie Wells augenblicklich anhand der Satellitenfotos erkannt hatte. Gepanzerte Fahrzeuge würden nicht durchkommen, und ein Angriff zu Fuß war unmöglich. Das Lager war mehrere Hundert Meter über der Talsohle angelegt. Die Scharfschützen der Aufständischen würden die angreifende Infanterie aufreiben. Außerdem war dieser Teil des Hindokusch von einem Netzwerk von Tunnels durchzogen. Sollten die Aufständischen vorab gewarnt werden, würden sie in dem unterirdischen Labyrinth verschwinden, bevor man die Tunnels zerstören könnte.
    Deshalb hatte man die 10th Mountain wie einen Rottweiler an einem Würgehalsband zurückgezogen und die Special Forces herbeibeordert. Die Hubschrauber würden in der Dämmerung angreifen und das Lager zerstören, ehe
die Taliban zurückschlagen konnten. Der Schlüssel zum Erfolg lag in der Geschwindigkeit. Wenn die Operation funktionierte, wie sie geplant war, würden die Taliban-Kämpfer in Panik geraten. Die Special Forces würden den Zugang zum Höhlensystem

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