John Wells Bd. 3 - Stille des Todes
jagen.«
»Kann schon sein, aber ich wette, den hier hätten sie gern zurück.«
Nasiji gähnte. »Schlafen wir uns richtig aus, damit wir morgen früh frisch sind.«
In jener Nacht träumte Baschir davon, wie er sich Zentimeter für Zentimeter durch das Metall sägte. Als er aufwachte, lag seine Hand zwischen den Schenkeln seiner Frau. Noch bevor er völlig bei Bewusstsein war, hatte er ihr Nachthemd hochgeschoben, ihre Beine geöffnet und war in sie eingedrungen. Zuerst schlief sie noch, aber das änderte sich schnell. Der Gedanke an die Bombe trieb ihn an, und es dauerte nicht lange, aber das machte ihm nichts aus und ihr auch nicht. Sie bedeckte ihren Mund mit der Handfläche, damit Nasiji und Jussuf sie nicht stöhnen hörten. Als er fertig war, schlief er wieder ein und wachte erst auf, als Nasiji um neun Uhr morgens an die Schlafzimmertür klopfte.
Eine halbe Stunde später stand er im Stall und untersuchte gemeinsam mit Nasiji und Jussuf die entblößten Eingeweide des Sprengkopfs, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Nasiji wollte die Batteriekabel durchschneiden, bevor sie sich weiter ins Innere der Bombe sägten. Baschir hielt es für besser, die Kabel nicht anzutasten.
»Hast du nicht gesagt, wir brauchen die Primärstufe gar nicht?«, fragte er Nasiji.
»Das war, bevor wir uns die Bombe angesehen hatten.
Jetzt ist klar, dass wir nicht so einfach an die Sekundärstufe herankommen. Ich will sichergehen, dass die Sprengkapseln deaktiviert sind.«
»Vielleicht ist das Ding so gesichert, dass es uns um die Ohren fliegt, wenn wir die Batterien entfernen.«
Nasiji schüttelte den Kopf, und Baschir wurde klar, dass er sich nicht durchsetzen würde.
»Es muss eine positive Aktion geben«, erklärte Nasiji.
»Soll heißen?«
»Es gibt Anordnungen, bei denen der Plastiksprengstoff hochgeht, wenn nicht ständig Strom fließt. Sobald die Stromversorgung unterbrochen ist, kommt es zur Explosion. Eine negative Aktion. Aber was ist, wenn die Batterien leer sind? Viel zu gefährlich. Also muss eine positive Aktion erforderlich sein. Der Sprengstoff geht nur hoch, wenn die Batterien das Signal geben. Und das heißt, die sicherste Methode für uns ist, die Stromversorgung zu unterbrechen …«
Nasiji war der Ingenieur, und er hatte die Bomben gestohlen. Es war seine Entscheidung. Also griff Baschir in den Werkzeugkasten zu seinen Füßen und gab Nasiji eine Drahtschere. Er selbst nahm sich auch eine. Die Plastikgriffe lagen glatt in seiner Hand.
»Beide Kabelpaare gleichzeitig.« »Auf drei.« Sie stellten sich nebeneinander und setzten die Schneiden an den Kabeln an. »Eins. Zwei. Drei.«
Durch das Bad in flüssigem Stickstoff am Vortag waren die Kabel brüchig geworden. Baschir drückte die Griffe zusammen, spürte die Anspannung - und dann zersplitterte die Kunststoffummantelung der Kabel in einhundert winzige Teile, und er schnitt glatt durch das Kupfer darunter. Neben ihm durchtrennte Nasiji die anderen
Kabel. Sie warteten darauf, dass die Bombe Funken sprühte. Oder dass es zur Explosion kam, die sie selbst nicht mehr sehen würden. Aber die Sekunden vergingen. Eine Minute verstrich, dann noch eine, und die Bombe rührte sich nicht.
»Erledigt«, sagte Nasiji ohne Triumph in der Stimme. Es war eine Feststellung der Tatsachen, eine Bestätigung, dass sie eine weitere Etappe in einem sehr langen Rennen hinter sich gebracht hatten.
Sie legten die Scheren beiseite. Baschir griff zur Säge, und sie machten sich wieder an die Arbeit. Der Plan war, den Zylinder rundherum durchzusägen, um die gesamte obere Hälfte abzutrennen und so den U-235-Mantel der Sekundärstufe freizulegen. Es war eine harte, langsame Arbeit, aber, nachdem sie die Batterien entfernt hatten, relativ ungefährlich, und sie machten stetige Fortschritte. Baschir rechnete bereits, wie lange es dauern würde, bevor sie die Sekundärstufe entfernen und an das U 235 herankommen konnten. Einen Tag? Zwei? Höchstens drei. Dann würden sie das Rohmaterial für den Bau ihrer eigenen Bombe haben.
20
»Raus mit der schlechten Nachricht«, sagte Duto, sobald Shafer sein Büro betrat.
»Woher wollen Sie wissen, dass es eine schlechte Nachricht ist? Könnte ja auch eine gute sein.« Shafer schlenderte zu Dutos Bücherregal, nahm An Army at Dawn heraus, ein Werk von Rick Atkinson über den Nordafrikafeldzug im Zweiten Weltkrieg, blätterte ziellos durch die Seiten.
»Weil unsere Gespräche nie gut sind«, erwiderte Duto. »Und diesmal
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