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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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mit dieser Komponente?«, fragte Sabrow. »Was kann er gemeint haben? Einen Zünder? Eine Rakete?«
    »Ein Zünder wäre nicht so teuer, und ich wüsste nicht, warum er eine Rakete als Komponente bezeichnen sollte.« Dawidenko schüttelte den Kopf. »Das ergibt alles keinen Sinn. Um diese Bomben zu benutzen, brauchen sie keine zusätzlichen Komponenten. Nur die Codes, und die haben sie nicht. Ich bin mir noch nicht sicher, dass die Sache überhaupt mit dem Diebstahl zu tun hat.«
    »Rufen Sie Pawlow« - den stellvertretenden Leiter von Rosatom - »an, und finden Sie heraus, was er dazu meint.«
    »Wird gemacht.«
    »Danke, General. Halten Sie mich auf dem Laufenden.« Sabrow entließ Dawidenko mit einem militärischen Gruß. Nachdem der General die Tür hinter sich geschlossen hatte, fuhr sich Sabrow mit der Hand über die dicken
Backen. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal vor dem Mittagessen einen Drink gegönnt hatte, aber heute brauchte er einen. Ob er Präsident Medwedew raten sollte, den Vereinigten Staaten reinen Wein einzuschenken und den Diebstahl zuzugeben? Aber darauf würde sich Medwedew nie einlassen. Auf keinen Fall würde er einen solchen Gesichtsverlust in Kauf nehmen. Außer ihm blieb keine Wahl. Und so weit war es noch nicht. Rosatom und die Generäle waren davon überzeugt, dass die Waffen ohne Codes nicht eingesetzt werden konnten. Das hatten sie dutzendfach wiederholt: ohne Codes keine Explosion.
    Aber was, wenn sich all die hochdekorierten Uniformierten täuschten? Schließlich waren die Diebe auch in ein Waffenlager eingedrungen, das als hundertprozentig sicher gegolten hatte. Wenn es ihnen nun irgendwie gelang, die Codes zu knacken oder zu umgehen? Was dann? Wenn sie nun halb Manhattan in die Luft jagten und eine Million Amerikaner töteten? Was, wenn die Vereinigten Staaten auf eine Verbindung zwischen den Waffen und dem russischen Arsenal stießen? Würde das Weiße Haus im Gegenzug die Zerstörung Moskaus fordern?
    Sabrow konnte nur hoffen, dass die Ingenieure ihre verfluchten Bomben richtig einschätzten und nichts übersehen hatten. Sonst steuerten die Vereinigten Staaten und Russland auf einen Krieg zu, gegen den alle anderen wie Fußball-Freundschaftsspiele aussehen würden. Zum Teufel mit den Bomben. Zum Teufel mit den Ingenieuren und Physikern, die dafür sorgten, dass sich beide Länder gegenseitig vernichten konnten.
    »Zum Teufel mit allem«, sagte Sabrow in den leeren Raum hinein.

    Er zog die unterste Schublade seines großen Holzschreibtischs auf, in der er eine Flasche Stolichnaya-Wodka aufbewahrte, die ihm der Präsident bei der Zeremonie zu seiner Amtseinführung als Militärberater überreicht hatte. Er nahm die Flasche und ein staubiges Glas heraus, wischte das Glas an seinem Hemdsärmel ab und öffnete die Flasche zum ersten Mal. Wodka wurde nicht schlecht, eine seiner zahlreichen guten Eigenschaften. Er goss sich einen kräftigen, aber nicht zu kräftigen Schluck ein. Nach dem Wodka würde er Medwedew anrufen müssen. Er hob das Glas, aber ihm fiel beim besten Willen kein Trinkspruch ein. Schweigend kippte er den Schnaps herunter.

23
    Das Uran 235, das Nasiji, Baschir und Jussuf dem Gefechtskopf entnommen hatten, wirkte nicht besonders eindrucksvoll. Eine Hohlkugel aus schwarzgrauem Metall, wie eine Orangenschale in ausgefranste Schnitze geschnitten, die in einem Plastikbehälter auf der Drehbank lagen. Darunter befand sich wie zufällig eine zweite, massive Kugel, nicht viel größer als eine große Traube: die »Zündkerze« aus Uran 235, die das Zentrum der Sekundärstufe dargestellt hatte.
    Nasiji wog die Stücke auf der Digitalwaage neben dem Behälter, erst einzeln, dann alle zusammen. Insgesamt zweiunddreißig Kilo. Er starrte auf die Waage. An seinem Kinn zuckte ein Muskel, und an seiner Stirn pochte hektisch eine Ader.
    »Wir kriegen es hin«, sagte Baschir. »Wir sind ganz dicht dran.«
    Nasiji antwortete nicht. Schließlich legte er die Teile zurück in den Behälter, fuhr sich mit den Händen durch das Haar und lächelte. Der Stimmungsumschwung war ebenso beunruhigend, wie es seine unterdrückte Wut gewesen war.
    Hast du den Verrückten nur gespielt, hätte Baschir am liebsten gefragt, oder gibst du jetzt nur vor, normal zu sein?

    Im Grunde kannte er die Antwort. Keiner von ihnen war normal. Wie auch? Sie bauten eine Atombombe. In einem Stall.
    Tun wir das Richtige? Zum ersten Mal, seit er sich auf dieses Vorhaben eingelassen hatte,

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