Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
Vom Netzwerk:
ineinandergeschossen. Solange man ausreichend Material hat und die Schussgeschwindigkeit hoch genug ist, funktioniert das hundertprozentig.
Mit sechzig Kilo wäre es ein Kinderspiel gewesen. Wir hätten höchstens eine Woche dafür gebraucht. Aber so …«
    »Gibt es keine Kompromisslösung?«, fragte Jussuf. »Wir haben halb so viel Material, wie wir wollten. Können wir nicht eine Bombe bauen, die halb so groß ist?«
    »So funktioniert die Physik nicht«, erwiderte Nasiji. »Das kannst du mir glauben.«
    Warum hatte er nicht einen Weg gefunden, die gestohlene Bombe zu zünden, statt sich in diese Lage zu bringen? Warum hatte er nicht auf Bernhard und Baschir gehört und die Bomben mit einem Containerschiff nach New York geschickt, statt den Weg über Neufundland zu nehmen, nur weil er besonders schlau sein wollte? Warum hatte er sich nicht vergewissert, dass beide Kisten im Rettungsboot sicher verzurrt waren? Er war so dumm. Er hatte seinen Vater, seine Familie, sein Volk im Stich gelassen. Sein Vater …
    Er spürte, wie die Wut in ihm hochkochte, und ging aus dem Stall in die kalte Nacht hinaus. Dort lehnte er sich an eine Eiche, legte den Kopf in den Nacken und blickte durch die kahlen Äste zu den Sternen empor, den vollkommensten aller Kernkraftwerke.
    Jetzt, mit ein wenig Abstand zu der Waage und Jussufs Fragen, löste sich der Klumpen in seinem Magen. Er war zu streng mit sich selbst. Zweiunddreißig Kilogramm, das war eine gewaltige Menge angereichertes Uran, mehr als irgendwer außerhalb eines Waffenlabors je zu Gesicht bekommen hatte. Little Boy, die Bombe von Hiroshima, hatte vierundsechzig Kilo Uran enthalten, allerdings nur mit einem U-235-Anteil von achtzig Prozent - nicht annähernd so rein wie das Material, das ihnen zur Verfügung
stand. Er hatte die Teile noch nicht getestet, aber sie wiesen mit Sicherheit 93,5 Prozent Anreicherung auf. Das war für waffenfähiges Uran Standard.
    Bei diesem Anreicherungsgrad wurde selbst eine einfache Urankugel ohne Reflektor und Kompression bei etwa fünfzig Kilo kritisch, so dass es zur nuklearen Explosion kam. Ihnen fehlte zwar Material, aber nicht viel.
    Nasiji fragte sich, ob Bernhard irgendwie Beryllium besorgen konnte, ohne aufzufliegen. Er bezweifelte das. Wenn sie kein Beryllium bekamen, konnten sie es mit einem Stahlreflektor versuchen. Stahl war nicht so effektiv wie Beryllium, ging aber auch. Vielleicht konnten sie zwei Geschütze zusammenbauen, um maximale Beschleunigung zu erreichen - sofern Jussuf und Baschir das mit dem Schweißen hinbekamen.
    Mit zweiunddreißig Kilo würde es nicht leicht sein, die Bombe zu bauen, aber es war nicht unmöglich, und er kannte die richtigen Tricks. Im Laufe der letzten fünfundsechzig Jahre waren erst das physikalische Prinzip und dann die Konstruktionsgrundlagen für den Bau solcher Bomben durchgesickert.
    Jussuf kam aus dem Stall und näherte sich zögernd. »Sayyid, ich muss mich entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich so dumme Fragen stelle. Ich bin nur verwirrt, das ist alles.«
    » Ich muss mich entschuldigen«, erwiderte Nasiji. »Mein Temperament …«
    »Wenn die Menge, die wir haben, wirklich nicht reicht, besorgen wir eben mehr. Wir geben das hier auf, gehen zurück nach Russland und suchen uns einen neuen Märtyrer.«
    Nasiji lächelte zu den Sternen hinauf. Er bewunderte
Jussufs Einstellung, obwohl sie nicht die geringste Chance hatten, noch einmal auch nur bis auf einhundert Kilometer an ein Waffendepot heranzukommen. »Das ist nicht nötig, Jussuf. Es wird schon gehen. Ich habe ein paar Ideen.«
    »Es funktioniert also doch?«
    »So Gott will. Wir sind schon zu weit, um aufzugeben.«
     
    Am nächsten Morgen nahm Nasiji seine Physik- und Techniklehrbücher, einen Skizzenblock und Baschirs Laptop. Damit schloss er sich im Tischtennisraum im Keller des Hauses ein. Baschir wollte ihm folgen, aber Nasiji scheuchte ihn weg.
    »Sag Thalia, sie soll mir das Mittagessen oben an die Treppe stellen. Und wahrscheinlich auch das Abendessen.«
    »Du willst keine Hilfe?«
    »Nicht bei dem hier.«
    »In Ordnung, Sayyid, aber sehen wirst du uns trotzdem.«
    »Wieso das?«
    »Im Keller gibt es keine Toilette. Außer du willst dir einen Eimer mitnehmen.«
    Zunächst skizzierte Nasiji stundenlang verschiedene Methoden, die Plutonium-Primärstufe im Iskander zu zünden. Wie Jussuf ganz richtig gesagt hatte, hatten sie schließlich schon eine Bombe. Warum sollten sie die nicht einsetzen? Doch irgendwann gab er auf. Ihm

Weitere Kostenlose Bücher