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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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geahnt hatte, einem Unterschlupf, in dem sie sich nur wenige Stunden aufhalten durften - und von dort aus zum endgültigen Angriff auf Washington starten. Die Rede zur Lage der Nation begann gegen einundzwanzig Uhr, und Nasiji wollte sich davor möglichst wenig in Washington auf der Straße aufhalten. Falls die Rede zur Lage der Nation verschoben wurde, würden sie davon ausgehen, dass ihr Plan entdeckt worden war und die Jagd nach ihnen begonnen hatte. In diesem Fall wollten sie nach New York fahren und einen Anschlag auf Manhattan versuchen. Die dritte Option war Philadelphia, die Stadt, die ihrem Fluchthaus am nächsten lag. Bevor sie aufbrachen,
würden sie das Video, das sie gedreht hatten, auf mehrere Dschihad-Websites hochladen und Kopien der DVD mit FedEx an CNN, die New York Times und andere westliche Medienkanäle schicken. Ohne Beryllium würde die Explosion vermutlich nicht stark genug sein, um mit einer echten russischen Bombe verwechselt zu werden, aber das Video würde die Verwirrung bei den Amerikanern erhöhen und sie hoffentlich zu einem Vergeltungsschlag treiben.
    »Bekennt eure Sünden, bevor ihr schlafen geht«, sagte Nasiji, als Thalia den Tisch abräumte. »Morgen werden wir nicht viel Zeit haben. Macht heute Nacht euren Frieden mit Allah. Denkt daran, warum ihr diesen Weg gewählt habt. Denkt daran, was der Scheich« - Osama bin Laden - »gesagt hat, bevor die Kreuzritter im Irak einmarschierten.« Er schob seinen Stuhl zurück. »Kommt mit mir.« Damit ging er nach draußen.
    Vor Kälte zitternd, standen die drei Männer im blassen, klaren Sternenlicht. Eine dicke Schneeschicht bedeckte Bäume und Erde, und die stille Weiße erinnerte Baschir daran, wie weit er von zu Hause weg war.
    »›Ich werde mein Ross führen und mich mit ihm auf das Ziel werfen‹«, sagte Nasiji. »›Oh Herr, wenn mein Ende nahe ist, lass mein Grab nicht mit grünen Gewändern verhüllt sein. Nein, lass es den Bauch eines Adlers sein, der in der Höhe bei seinesgleichen thront. Lass mich ein Märtyrer sein, der auf einem hohen Gebirgspass unter Rittern weilt.‹«
    Nasiji streckte die Hände nach Jussuf und Baschir aus.
    »Morgen steigen wir vom Pass herab.«
     
    Ein bewegender, erhabener Augenblick. Dann war Baschir
zu Bett gegangen, und seine Frau hatte ihn mit der Leidenschaft umschlungen, die sie schon die ganze Woche über gezeigt hatte. Sie hatte ihre Hüften an den seinen gerieben und vogelartige Laute ausgestoßen, die er bisher nur von den verbotenen Pornosendern kannte, die halb Ägypten über Satellitenfernsehen empfing. Er fragte sich, ob sie ihn meinte, Nasiji, die Bombe oder alle drei zugleich.
    Danach schlang sie die Arme um ihn und flüsterte: »Morgen.«
    Sie war wohl nervös. Verständlich. »Liebste«, sagte er, »es tut mir leid, dass alles so schnell geht. Wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich dich nach Hause schicken, aber es ist für dich sicherer, wenn du hierbleibst. Wenn die Amerikaner kommen, musst du ihnen nur sagen, du hättest nicht gewusst, was wir vorhatten, wir hätten dich im Dunkeln gelassen.«
    »Mein Baschir. Mein Gemahl. Ich komme mit euch.«
    Baschir schwieg. Er musste sich verhört haben. »Nein«, sagte er schließlich. »Das erlaube ich nicht. Du hast keine Ahnung, was diese Bomben anrichten.«
    »Doch, das habe ich.«
    Er rollte sich auf sie und drückte sie in die Kissen. »Hast du nicht. Und als dein Ehemann befehle ich dir …«
    »Ich komme mit, Baschir. Wenn sie mich hier finden, wird mir niemand glauben, dass ich nichts damit zu tun hatte. Warum soll ich nicht mitkommen? Warum soll ich nicht daran teilhaben?«
    »Von mir aus«, sagte Baschir. Nasiji würde es ihr bestimmt nicht gestatten, aber für den Augenblick sollte sie ruhig denken, dass sie dabei sein würde. Sonst würde sie nie schlafen.

    »Hast du Angst, mein Gemahl?«
    »Warum denkst du das?«
    »Dafür gibt es keinen Grund. Das, was ihr gebaut habt, ist Allahs Wille.«
    »Ach ja? Hast du mit ihm gesprochen?« Baschir versuchte, in der Dunkelheit zu lächeln, seine Worte wie einen Scherz klingen zu lassen, aber es gelang ihm nicht.
    »Ich bin keine Prophetin , Baschir.« Ihre Stimme klang todernst. »Aber ich weiß es.« Sie küsste ihn erneut. Ein paar Minuten später verrieten ihm ihre gleichmäßigen Atemzüge, dass sie neben ihm eingeschlafen war. Eine Hand hatte sie um seinen Arm geschlungen, ihre Nasenflügel bebten, und die vollen Lippen hatten sich leicht geöffnet. Es war der Schlaf eines Kindes.

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