John Wells Bd. 3 - Stille des Todes
machten sie einen Fehler, und das Spiel lief ohne sie weiter. Die Teams waren unsterblich, doch die Spieler kamen und gingen. Eines Tages würde auch Wells ein Fehler unterlaufen. Und wenn dieser Augenblick kam, würde Duto ihm mit Vergnügen die Tür weisen.
Zunächst einmal aber mussten sie diese Nacht und den nächsten Tag überstehen.
Duto und die übrigen Männer im Oval Office warteten schweigend. Keiner wollte bei beiläufigen Bemerkungen über das Wetter oder den Super Bowl ertappt werden, wenn der Präsident hereinkam. Das geschah um 0.17 Uhr. Er trug eine Baumwollhose und ein blaues Hemd und hatte die Daumen lässig in den Gürtel gehängt, als ginge es zu einem nächtlichen Kartenspiel und nicht zu einer Besprechung der gefährlichsten atomaren Bedrohung der Vereinigten Staaten seit der Kubakrise.
Einen Schritt hinter ihm befand sich sein Stabschef, ein großer, blasser Mann. Sein Name war Bob Hatch, was ihm in den obersten Rängen der Regierung folgerichtig und zutreffend den Spitznamen Hatchet, »Beil«, eingetragen hatte.
Der Präsident nickte den Anwesenden der Reihe nach zu, bevor er sich an seinen schweren Schreibtisch setzte. Hatch hielt den Bericht unter dem Arm, den CIA und FBI zwei Stunden zuvor erstellt hatten. Auf ein Nicken des Präsidenten hin ließ er den Bericht auf den Schreibtisch fallen. Er schlug mit einem dumpfen Geräusch auf. Das Echo ihres Versagens.
Der Präsident legte einen Finger auf den Bericht. »Ich werde Ihnen sagen, was ich diesem Bericht entnehme. Wir wissen nicht, wo sich diese Leute aufhalten. Wir kennen ihre Namen nicht. Wir wissen nicht, wer sie finanziert. Und wir wissen auch nicht, ob sie über eine funktionierende Bombe verfügen, und gegen welche Ziele diese eingesetzt werden soll. Was die Russen angeht, so wissen wir, dass sie uns anlügen, aber wir wissen nicht, warum.« Der Präsident fixierte Duto. »Was
meinen Sie, Direktor, ist das eine zutreffende Zusammenfassung?«
»Mr President, ich kann Ihnen nicht widersprechen. Allerdings haben wir in den vergangenen sechs Stunden große Fortschritte gemacht. Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Stunden und auf jeden Fall vor Tagesanbruch die Namen und Passnummern kennen werden, die für die Einreise in die Vereinigten Staaten verwendet wurden. Wir schöpfen alle Möglichkeiten aus, um Antworten auf unsere Fragen zu bekommen. Wir glauben allerdings nicht, dass die Bombe für einen Erpressungsversuch eingesetzt werden soll.«
Der Präsident löste den Blick von Duto und sah sich im Raum um. »Ich hatte gehofft, dieser Bericht würde mir die Entscheidung erleichtern, ob ich die Rede zur Lage der Nation verschieben soll. Oder schlimmstenfalls New York und Washington evakuieren lassen muss.« Ungeduldig klopfte er auf den Bericht. »Stattdessen bekomme ich das hier. Auf dieser Grundlage kann ich keine Evakuierung anordnen. Ich werde nicht das ganze Land in Panik versetzen, solange ich nicht weiß, womit wir es zu tun haben. Und die Rede zur Lage der Nation werde ich auch nicht absagen. Allerdings wird der Vizepräsident zu Hause bleiben. Nur zur Sicherheit. Solange wir keine weiteren Informationen haben, können wir nicht an die Öffentlichkeit gehen. Wir werden das als polizeiliche Ermittlung behandeln und die Bevölkerung zur Mithilfe auffordern. BOLO nennen Sie so etwas wohl.« Jetzt sah er den FBI-Chef an.
»Ja, Sir. Das heißt ›Be on the lookout for‹ und ist ein Fahndungsaufruf. Wir schicken diese Aufrufe an alle Behörden, die Terrorbekämpfungseinheiten der Polizei …«
»Ich weiß, was es heißt und was Sie tun werden. Fangen wir damit an. Und wenn Sie diese Leute so weit festnageln können, dass eine Information der Öffentlichkeit sinnvoll ist, werde ich noch einmal darüber nachdenken.« Er sah sich erneut im Raum um. »Ich will nicht kindisch werden und mit Entlassungen drohen. Dafür ist die Lage zu ernst. Ich will Sie nur an das erinnern, was Sie ohnehin schon wissen. Wir müssen diese Leute finden, bevor sie die Bombe zünden. Ansonsten ist es vorbei. Klar?«
Wortloses Nicken.
»Dann wenden wir uns jetzt einem ebenso angenehmen Thema zu. Was ist, wenn wir die Bombe nicht finden und sie das Zentrum von Manhattan oder Chicago zerstört? Oder dieses Büro hier? Was dann? Was tun wir, falls sich herausstellt, dass diese Waffe aus dem russischen Arsenal stammt? Schlagen wir zurück? Womit? Wir nehmen uns jetzt fünfzehn Minuten, um das zu besprechen. Danach gehen Sie in Ihre Büros
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