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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Gesicht. Es schneite immer noch, wenn auch nur leicht, und eine dünne weiße Reifschicht bedeckte den Boden.
    Grigorij trug eine dicke Daunenjacke, einen Pullover und Wollhandschuhe, aber in dieser Nacht hatte er ausnahmsweise weder richtige Stiefel noch eine Mütze. Der Wind stürzte sich geradezu auf seine Füße und sein Gesicht. Menschen sollten nicht so leben müssen. Vielleicht
ein Jahr oder zwei, aber nicht Jahrzehnt um Jahrzehnt. Nicht ein ganzes Leben lang.
    Glücklicherweise sprang der Wolga sofort an. Grigorij hatte die Batterie einige Wochen zuvor ausgetauscht. Für einen Augenblick saßen Tajid und Grigorij schweigend da und pusteten auf ihre Hände. Ihr Atem erfüllte das Auto.
    »Keine Zweifel, Cousin?«
    »Absolut nicht. Und du?«
    »Ich denke gar nicht darüber nach.«
    »Das ist wahrscheinlich das Beste.«
    Grigorij legte den Gang ein und fuhr über die verlassene Straße zum Haupttor. Der Konvoi stand auf einem Parkplatz direkt hinter der Wache, die Ural-Lkws glänzten im Licht der Neon-Bogenlampen. Neben den BTRs und Urals wirkte der Wolga wie ein Spielzug. Grigorij hielt neben dem Konvoi und stieg aus.
    Ein durchtrainierter Mann - dem einzelnen silbernen Stern nach ein Major - begrüßte ihn. Trotz der Kälte trug er nur eine dünne Wolljacke und eine Mütze mit Ohrenklappen aus Fell. Er streckte die Hand aus.
    »Major Jurij Akilew.«
    »Grigorij Farsadow. Sie hatten eine lange Fahrt.« Grigorijs Herz raste, aber seine Stimme klang normal.
    »Ein schlechtes Blatt auf der Hand, und die Flaschen sind leer«, erwiderte Akilew. »Was soll man anderes erwarten?«
    »Ein Mann nach meinem Herzen«, gab Grigorij zurück. »So ist es. Unsere eintausendjährige Geschichte in einem Satz.«
    »Trotzdem würde ich meine Männer gern aus der Kälte holen.«
    Grigorij deutete auf ein niedriges, zweistöckiges Betongebäude,
das ein paar hundert Meter von ihnen entfernt direkt am Sicherheitszaun stand. »Unser Ausweichquartier. Sie können die BTRs und die Tiger da hinschicken, während wir abladen.«
    »Gibt es was zu essen?«
    Der Major war ein guter Vorgesetzter, einer, der sich um das Wohlergehen seiner Männer sorgte, dachte Grigorij. »Nicht um diese Zeit, aber immerhin eine heiße Dusche und warme Betten.«
    »Das muss reichen.«
    »Aber nehmen Sie ein paar Leute zusätzlich mit, um die Kisten zu entladen.«
    Akilew gab den Befehl an seinen Sergeanten weiter. Einen Augenblick später ratterten die Schützenpanzerwagen und drei der Tiger davon. Blieben nur noch Grigorijs Wolga, der Tiger des Kommandanten und die vier Urals mit den Bomben.
    »Mir nach.«
    An dem Kontrollposten am Eingang zum Sonderbereich hielt Grigorij den Wolga an. Das Wachhäuschen bestand aus dicken Betonblöcken, war kaum größer als eine Mautkabine und von beiden Seiten des Sperrbereichs aus zugänglich. Theoretisch waren die Wachleute in ihrem Häuschen die letzte Verteidigungslinie bei einem Generalangriff auf das Werk. Tatsächlich war es der langweiligste Arbeitsplatz in ganz Majak, vor allem nachts, wenn der Sonderbereich abgesperrt und menschenleer war. Zwischen zwanzig und sechs Uhr war der Posten mit einer einzigen Wache besetzt, die den größten Teil der Schicht verschlief.
    Durch das dicke Fensterglas des Wachhäuschens sah Grigorij billige schwarze Stiefel auf einem Schreibtisch.
    »Wer hat heute Nacht Dienst?«, fragte er Tajid.

    »Dem Plan nach Boris Heiterow.«
    »Der mit den Haaren.«
    »Ja.«
    Boris Heiterow. Einer, der sein ganzes Berufsleben hier verbracht hatte. Weder besser noch schlechter als die meisten Wachleute. Wenn sie Glück hatten, hatte er ein paar Glas Wodka gekippt, um gut zu schlafen. Grigorij kurbelte das Fenster herunter. Nun kam die zweite Hürde.
    Er hupte. Drinnen erwachten die Stiefel mit geradezu absurder Geschwindigkeit zum Leben. Heiterow öffnete das Fenster einen Spaltbreit. Er war groß, wenn auch nicht so groß wie Grigorij, und hatte dunkelbraunes Haar, das er zu einer Tolle gekämmt trug. Sein Haar war sein ganzer Stolz.
    »Boris!«, brüllte Grigorij. »Wir sind da.«
    Verwirrung malte sich auf Heiterows Zügen. »Wer ist da?«
    »Der Konvoi! Lass uns rein, du Trottel!« Der abfällige Ton war Absicht. Grigorij wollte Heiterow ins Gedächtnis rufen, wo er in der Hierarchie der Anlage stand.
    »Ja. Aber du kennst die Vorschriften, Grigorij.«
    Allerdings. Außerdem standen sie in schwarzen Lettern angeschrieben. Keine Privatfahrzeuge. Nur Dienstwagen.
    »Wenn du glaubst, dass ich mein

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