John Wells Bd. 3 - Stille des Todes
Schweizer Boden. Er ließ sich immer im Voraus bezahlen. Er arbeitete nie zweimal mit jemandem, der versucht hatte, ihn zu hintergehen.
Und er äußerte nie Drohungen, die er nicht ernst meinte.
Einige Monate zuvor hatte John Wells Kowalski in dessen gemieteter Villa in East Hampton, New York, angegriffen. Wells hatte … Kowalski erinnerte sich nur ungern daran, was Wells ihm angetan hatte. Ihm Handschellen
angelegt, ihn mit einem Elektroschocker traktiert, seinen Kopf mit Isolierband umwickelt. Kowalski konnte sich glücklich schätzen, dass er nicht erstickt war.
Wells war zwar maskiert gewesen, aber Kowalski hatte nur wenige Wochen gebraucht, um seine Identität zu ermitteln. Jetzt wollte er Rache nehmen, wie er es dem Maskierten in seinem Schlafzimmer angedroht hatte. Rache an Wells und an Exley, die Wells damals geholfen hatte.
»Sie sollten wissen, dass Sie eben einen gewaltigen Fehler begangen haben«, hatte Kowalski damals gesagt. »Wer auch immer Sie sind … Sie werden für das bezahlen, was Sie heute Nacht getan haben. Wenn Sie glauben, in Sicherheit zu sein, werde ich Sie eines Besseren belehren.«
Kowalski hatte vor, sein Versprechen zu halten. Wells würde für seine Taten bezahlen.
Eine Hand berührte ihn an der Schulter und riss ihn aus den Erinnerungen an jene Sommernacht. Nadja stand neben ihm. »Pierre, geht es dir gut? Dein Gesicht ist so … finster.«
Er küsste sie auf die Wange. »Zu viel Hüttenkäse.«
Es klopfte leise an der Tür. Anatolij Tarasow, einst russischer Spetznaz-Offizier und jetzt Kowalskis Sicherheitschef, kam herein. Der Mann war ein menschlicher Tornado und zu ungeheurer Brutalität fähig.
»Bist du fertig?«, fragte Kowalski Nadja.
»Ja.« Ihr Mittagessen hatte aus zwei Stück Melone und einem gekochten Ei bestanden, aber sie schien satt zu sein. Kowalski war das ein Rätsel.
»Dann warte im Wohnzimmer auf mich. Wir gehen nachher shoppen.«
Sie küsste ihn und verschwand lautlos.
Nachdem sie gegangen war, schloss Tarasow die Tür und setzte sich neben Kowalski. »Du magst sie.«
»Sie ist ein liebes Mädchen«, erwiderte Kowalski. »Netter als die meisten.«
»Oder eine bessere Schauspielerin.«
»Vielleicht. Gibt’s was Neues von unserem Freund?«
»Das wird dir nicht gefallen. Die CIA hat zwei Teams mit je zwei Mann auf das Haus angesetzt, in dem er mit der Frau lebt.«
»Rund um die Uhr?«
»Rund um die Uhr. Ein Team vor dem Haus, eins dahinter. Dann gibt es noch ein drittes in Zivil, das kommt und geht.«
»Was ist mit den Autos?« Eine Bombe unter einem Fahrzeug anzubringen war die einfachste Methode, einen Menschen zu töten.
»Die stehen in der Garage. Sie fahren meistens getrennt zur Arbeit. Die Frau hat einen Dodge Minivan, Wells einen Subaru. Manchmal nimmt er auch das Motorrad, aber nicht im Winter. Zwei der Leibwächter fahren in einem getrennten Auto hinterher.«
»Sind die Autos gepanzert?«
»Sieht nicht so aus. Allerdings kommen wir in Langley natürlich nicht an sie heran. Die beiden haben ein Privatbüro in einem Ort namens Tysons Corner, aber mittlerweile verbringen sie die meiste Zeit bei der CIA. Außerdem hat das Privatgebäude einen eigenen Sicherheitsdienst. Ein CIA-Beamter ist vor der Tür postiert, der andere bewacht die Autos. Im Büro selbst gibt es noch einen dritten Wachmann.«
»Erwischen wir sie da irgendwie?«
»Sie öffnen die Tür nur, wenn sie allein auf ihrem Stockwerk sind, und der Gang ist kameraüberwacht..«
»Was ist mit dem Aufzug?«
»Enge Räume sind ungünstig. Falls Wells Gegenwehr leistet …«
»Verstehe.« Sie würden nur eine einzige Chance haben, Wells und Exley zu eliminieren. Die wollte Kowalski nicht vertun.
»Dummerweise ist unser Mann den Wachen am Haus aufgefallen.«
Allmählich bekam Kowalski Magenschmerzen. »Die sind aufgeflogen? Jetzt schon? Markow hat behauptet, das wären seine besten Leute.«
Iwan Markow war beim russischen Inlandsgeheimdienst gewesen und kürzlich in Rente gegangen. Kowalski hatte ihm für die Ermordung von Wells und Exley einen Vorschuss von zwei Millionen Dollar bezahlt und ihm bei erfolgreicher Erledigung noch einmal drei Millionen versprochen.
»Niemand ist aufgeflogen, Pierre. Unserem Mann wurde von den Beamten vor dem Haus eine belanglose Frage gestellt, und er hat eine belanglose Antwort gegeben. Das war alles. Allerdings dürfen wir die CIA nicht unterschätzen. Selbst wenn sie Bin Laden nicht erwischt, ist sie durchaus in der Lage, ein Haus in
Weitere Kostenlose Bücher