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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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der andere die Pistole hob und aufs Geratewohl zwei Schüsse abgab, die viel zu hoch gingen. Dann warf er die Pistole weg und griff erneut unter seine Jacke.
    Wells zwang sich zur Ruhe. Es war seine letzte Chance. Wenn er diesmal danebenschoss, würde der Mann eine Granate unter den Van werfen und Exley grillen.
    Er zielte sorgfältig durch den Wagen hindurch und drückte ab.
    Durch den Van sah Wells, wie das Visier des Helms zerbarst. Der Mann stürzte nach hinten und schlug mit dem Helm auf das Dach des BMW hinter ihm. Aber da war er schon tot.
     
    Wells rannte um den Van herum zur Fahrerseite. Exley war auf ihrem Sitz nach vorn gesunken und stöhnte.
    »John …«
    »Verhalt dich ganz ruhig.«
    Schon hörte er die Sirenen. Der Suburban hinter ihnen brannte knisternd. Der aufsteigende Qualm stank nach
Benzin und verkohltem Fleisch. Die Agenten im Wagen waren mit Sicherheit tot. Fünf Tote an diesem Morgen. Hoffentlich wurden es nicht sechs.
    Da er die Wunde nicht sehen konnte, zog er ihren Pullover hoch. Da war er, der rote Fleck auf ihrem weißen Hemd, rechts, direkt über der Taille. Vielleicht die Leber. Wenn das der Fall war, musste sie dringend ins Krankenhaus, sonst würde sie verbluten. Er drückte die Hand auf die Wunde, und sie stöhnte erneut. Warmes Blut sickerte ihm durch die Finger. Sah schlecht aus.
    Er legte die Hand an ihre Wange und horchte auf die Sirenen, die schon ganz nah waren. Dabei fragte er sich, wer ihnen das angetan hatte.
    Wer auch immer es gewesen war, er würde dafür bezahlen.

6
    Schwarzes Meer
    In der Dunkelheit konnte Grigorij Farsadow die Wellen nicht sehen. Aber er hörte sie gegen den Rumpf pochen wie lebende Wesen. Ein dumpfer Schlag folgte auf den anderen. In der letzten Stunde waren sie immer lauter geworden. Grigorij machte das nichts aus. Er war Tausende von Kilometern vom Meer entfernt aufgewachsen. Er kannte weder Atlantik noch Pazifik. Er konnte noch nicht einmal schwimmen. Aber sein ganzes Leben lang hatte er die Glücklichen beneidet, die auf dem Wasser lebten. Nun war er einer von ihnen. Fast jedenfalls.
    Sein Cousin hielt sich weniger gut. Als sich die Tambulz Dream , der kleine Fischtrawler, auf dem sie sich seit einem Tag befanden, zur Seite legte, presste Tajid eine Hand auf den Magen und umklammerte mit der anderen das schmutzige Stahlgeländer an der Wand der Kajüte. Einmal hatte er sich bereits übergeben. Jussuf saß in einer Ecke und fluchte leise. Seine Augen waren so ausdruckslos und tot wie immer. Wenn Grigorij genau hinsah, meinte er, Rauch aus seinem Kopf aufsteigen zu sehen. Ein leichter Schwefelgeruch schien von Jussuf auszugehen.
    Vielleicht rührte der Gestank aber auch vom Schwarzen Meer selbst her, das für sein abgestandenes Wasser berüchtigt
war. Das Meer grenzte an sechs Länder - Russland, Georgien, die Türkei, Rumänien, Bulgarien und die Ukraine - und war seit mindestens dreitausend Jahren verrufen. Technisch gesehen handelte es sich bei Mittelmeer und Schwarzem Meer um ein- und dasselbe Gewässer, weil sie durch den Bosporus, die enge Meerenge, die Istanbul in zwei Hälften teilte, miteinander verbunden waren. Aber mit den glitzernden Fluten des Mittelmeers hatte das Schwarze Meer wenig gemeinsam. Die komplizierten Strömungen zwischen beiden hinterließen in den Tiefen des Schwarzen Meeres eine dicke Brühe mit hohem Salzund Schwefelwasserstoffgehalt, die für Fische giftig war.
    Die Oberfläche war kaum erfreulicher, da sie regelmäßig von Stürmen heimgesucht wurde, die stark genug waren, einen Öltanker in der Mitte durchzubrechen. In der oberen Wasserschicht lebten jedoch Störe und Sardellen, so dass die Fischtrawler jeden Tag ausliefen, um zu fangen, was ihnen ins Netz ging. Dieses Schiff war einer von ihnen, ein einfacher, etwa dreißig Meter langer Kutter. Der Rumpf war einmal blau gewesen, die Kajüte weiß. Grigorij verstand nichts von Schiffen, aber selbst ihm war klar, dass dieses bessere Tage erlebt hatte. Eines der Kajütenfenster fehlte und war durch Holzbretter ersetzt worden. Wenn der Kapitän Gas gab, röhrten die Maschinen wie verrückt. Außer Grigorij, Jussuf und Tajid war eine dreiköpfige Besatzung an Bord, der Kapitän und zwei jüngere Männer, offenbar seine Söhne.
    Mehr wusste Grigorij nicht. Er kannte nicht einmal ihr Ziel, vermutete aber, dass sie irgendwo an der türkischen Küste an Land gehen würden. Jussuf äußerte sich nicht dazu, und Grigorij wusste aus bitterer Erfahrung, dass er besser keine

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