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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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die Sonne war schon wieder untergegangen - klingelte Jussufs Mobiltelefon.
    Er lauschte einen Augenblick lang. »Nam«, sagte er dann, arabisch für »Ja«. »Nam.«
    Ohne ein weiteres Wort beendete er die Verbindung. Sie fuhren nach Saratow hinein, einer Millionenstadt an der Wolga, wo sich Jussuf trotz der schlechten Straßenbeleuchtung und hupenden Autos mit schlafwandlerischer Sicherheit durch die Straßen schlängelte. Schlagartig wurde Grigorij klar, dass Jussuf die Fahrt nicht zum ersten Mal machte.
    Diese Leute, wer auch immer sie sein mochten, hatten geübt. Der Diebstahl war seit Monaten, vielleicht Jahren geplant. Solch langfristiges Kalkül schien Jussufs Fähigkeiten zu übersteigen. Er war gefährlich, aber kein großer Denker. Zum hundertsten Mal fragte sich Grigorij, wer diese Operation leitete und was der endgültige Plan war. Erpressung? Oder sollten die Bomben eingesetzt werden?
    Jussuf bog nach links in eine schmale Straße, fuhr an einem achtstöckigen Wohnblock vorbei, der genauso hässlich war wie der von Grigorij, und parkte schließlich im Hof eines zweistöckigen Backsteinhauses, von dem die Farbe abblätterte.
    »Kommt mit.« Jussuf stieg aus und öffnete eine Wohnungstür direkt neben dem Nissan. Dann entriegelte er die Kofferraumklappe, und er und Grigorij schleppten die Werkzeugkästen in die Wohnung.

    Die Einrichtung war in Hellgrün gehalten. Im Fernseher, einem uralten Holzkasten, lief eine Quizshow . Die Wohnung war aufgeräumt, aber heruntergekommen. Die geblümte Tapete löste sich an den Ecken, und von der Decke hing ein billiger Kronleuchter, in dem nur noch die Hälfte der Glühbirnen brannte. Grigorij spürte, dass hier ein alter Mann wohnte, der am Leben hing, aber zu müde oder zu schwach war, um die Wohnung in Ordnung zu halten. Es gab weder Bilder noch Bücher noch Zeitungen, keinen Hinweis auf die Persönlichkeit des Inhabers - von einem Gebetsteppich in der Ecke abgesehen.
    Es war niemand zu Hause, aber der unbekannte Wohnungsinhaber hatte Essen für sie dagelassen: Berge von Schwarzbrot, Marmelade, Butter und Scheiben von grauem, gekochtem Rindfleisch. Abgesehen von Brot und Marmelade nicht gerade appetitlich, doch Grigorij war das egal. Er war am Verhungern, schließlich hatte er seit dem Vorabend nichts gegessen. Er konnte sich nicht erinnern, je so lange ohne Nahrung ausgekommen zu sein. Glücklicherweise gab es Brot im Überfluss, und Grigorij kleisterte Marmelade darauf, bis er satt war, ohne sich um Jussufs finstere Blicke zu scheren. Zumindest dieses Vergnügen würde er sich gönnen.
     
    Nach dem Abendessen holte Jussuf eine digitale Videokamera mit Stativ aus seiner Tasche, die er im Wohnzimmer aufbaute, so dass die Kamera auf den Sessel in der Ecke gerichtet war.
    Grigorij fühlte sich zunehmend unbehaglich. Er hatte keine Ahnung, was dieser Unsinn sollte, aber er konnte nichts Gutes bedeuten.

    Als er fertig war, klopfte Jussuf auf den Sessel. »Setz dich hierher, Grigorij. Wir drehen einen Film.«
    Grigorijs Gedanken wanderten zu den Todesvideos der russischen Soldaten in Tschetschenien, auf denen die unglückseligen Opfer Namen und Rang nannten, bevor ihnen der Bauch aufgeschlitzt wurde.
    Jussuf klatschte gebieterisch in die Hände. »Komm schon. Ich verspreche, dir passiert nichts.«
    Also wuchtete Grigorij seine Leibesfülle in den Sessel und blickte in das starre Auge der Kamera. Jussuf gab ihm ein Blatt Papier.
    »Lern das auswendig und sag es auf. Und achte darauf, dass dein Werksausweis sichtbar ist, damit alle wissen, dass du es wirklich bist.«
    Grigorij las das Papier. »Das stimmt doch gar nicht, und die wissen das. Denen ist klar, dass ich die Codes nie bekommen habe. Warum soll ich so was sagen, wenn es nicht stimmt? Da müsste ich ja blöd sein.«
    »Wenn wir unsere Forderungen stellen, schicken wir das Video mit. Um den Druck zu erhöhen.«
    »Forderungen?«
    »Wir werden die Bomben natürlich nicht einsetzen. Wir verkaufen sie ihnen zurück. Für eine Milliarde Euro pro Stück, zwei Milliarden für beide.«
    »Ihr wollt sie gar nicht hochgehen lassen?«
    »Wie denn? Wir haben die Codes doch nicht. Aber so werden sie sich auf einen Handel einlassen müssen.« Jussuf legte Grigorij die Hand auf die Schulter. Der zuckte unwillkürlich zusammen. »Komm schon, Grigorij. Du willst doch nicht, dass ich böse werde. Überleg nicht so lang. Sag einfach, was da steht.«
    »Wenn du meinst.« Grigorij versuchte, das mulmige
Gefühl zu ignorieren, dass

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