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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Hand«, befahl Nasiji.
    Der Schiit hob kraftlos den Arm. Nasiji packte seine Hand und bog den kleinen Finger zur Seite, bis er nachgab. Der Junge zog den Arm an den Körper und schrie. Es
war ein durchdringender, animalischer Laut. Nasiji baute sich vor ihm auf, um ihn mit den Füßen zu traktieren, aber auch das reichte ihm nicht. Er wollte ihm richtig wehtun. Ohne zu wissen, woher dieser Drang kam, spürte er plötzlich ein übermächtiges Bedürfnis, den Burschen schreien zu hören. Er sah sich nach einem Ziegel, einem Stein um. Der andere sollte sterben. Der Schiit musste den Irrsinn in Nasijis Augen gesehen haben, denn er krabbelte mit wild strampelnden Beinen rückwärts.
    »Bei Allah! Bitte, ich flehe dich an! Was auch immer ich getan habe, es tut mir leid!«
    Nasiji wandte den Blick von seinem Opfer und suchte erneut nach einem Ziegelstein. Als er sich wieder umdrehte, merkte er zum ersten Mal, welch elende Gestalt er vor sich hatte. Der Junge trug ein dreckiges T-Shirt und zwei unterschiedliche Turnschuhe. Tränen und Rotz liefen ihm über das Gesicht. Nasijis Wut verebbte. Beschämt trat er zurück.
    »Du dreckige kleine Ratte! Geh zurück nach Schula und trau dich bloß nicht, noch einmal ein Mädchen in Ghazaliya anzufassen. Wir können eure Flöhe nicht brauchen!«
    Der Junge rappelte sich auf und rannte davon. Als Nasiji aus der Gasse kam, dröhnte ihm der Schädel, und sein Herz schlug so schnell, dass sich sein Pulsschlag eine Stunde später noch nicht wieder beruhigt hatte. Und wenn nun ein Stein bei der Hand gewesen wäre? Was, wenn er nicht die paar Sekunden gehabt hätte, um wieder zur Besinnung zu kommen?
    Nasiji erzählte niemandem, was an jenem Tag geschehen war, was er fast getan hätte. Er hörte auf, sich herumzuprügeln, und fing an zu lernen. Ein Jahrzehnt lang
schob er die Mordgedanken beiseite und hielt die Bestie in seiner Brust unter Schloss und Riegel.
    Als er auf der Überführung in Ghazaliya neben den blutüberströmten Leichen seiner Eltern und Geschwister stand, öffnete er den Käfig.
     
    Er schloss sich der sunnitischen Miliz an, die mit den Schiiten um die Kontrolle über Ghazaliya rang. Aber bald hatte er es satt, gegen andere Iraker zu kämpfen. Die Schiiten waren nicht schuld an diesem Irrsinn. Bis zur Invasion war alles in Ordnung gewesen. In Wahrheit hatten die Vereinigten Staaten den Irak zerstört.
    Nachdem er das erkannt hatte, verließ Nasiji Ghazaliya und ging nach Tikrit, in die Heimatstadt Saddams, wo frühere Anhänger der Baath-Partei den sunnitischen Aufstand organisierten. Er wurde mit offenen Armen empfangen. Jeder in Tikrit kannte das Schicksal seines Vaters. Das einzig Ungewöhnliche an ihm war, dass er sich nicht an Operationen gegen die Schiiten beteiligte. Ihn interessierten nur die Amerikaner.
    Rasch erwarb er sich den Ruf eines furchtlosen Kämpfers, der keine Gnade kannte. Anfang 2006 organisierte er einen Hinterhalt gegen einen amerikanischen Konvoi, der Mahmudijah passierte. Seine Männer töteten drei Soldaten und kidnappten zwei weitere, die sie in einem Bauernhaus ein paar Kilometer südlich von Falludschah versteckten. Nasiji verhörte die Männer einige Tage lang, aber sie hatten nicht viel zu sagen. Er versprach ihnen, sie freizulassen, wenn sie um ihr Leben flehten. Vielleicht wussten sie, dass er log, aber sie konnten nicht anders.
    Er sah, wie sich ihre Münder bewegten, doch er hörte keinen Laut, nur die leise Stimme in seinem Kopf. Töte sie,
flüsterte die Stimme. Als sie lange genug gebettelt hatten, blies er ihnen das Gehirn raus und warf ihre Leichen auf einem Feld den Hunden zum Fraß vor. Dann lud er das Video, das er aufgenommen hatte, auf eine Dschihad-Website hoch, um der Welt zu beweisen, wie schwach die Amerikaner ohne ihre Panzer und Helikopter waren.
    Nach der Operation von Mahmudijah verwandelte sich Nasijis Zorn in kalte, bösartige Wut. Binnen eines Jahres waren zwei Dutzend Soldaten den Hinterhalten und am Straßenrand deponierten Bomben seiner Leute zum Oper gefallen. Kein schlechtes Ergebnis, aber bei weitem nicht genug, um in diesem Krieg etwas zu bewirken. Die amerikanischen Militärbasen waren unangreifbar, und die Soldaten bewegten sich in Konvois, so dass er nur einen nach dem anderen erledigen konnte. Irgendwann würde er bei einem Feuergefecht ums Leben kommen, oder die Amerikaner würden seinen Namen in Erfahrung bringen und ihn eliminieren. Außerdem - selbst wenn er einhundert Soldaten tötete, was konnte er

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