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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Wachen kamen. Genauso war es: Am Ende des langen Ganges öffnete sich eine Tür, und drei muskulöse Gestalten in blauen Uniformen marschierten auf ihn zu.
    »Würden Sie bitte mitkommen?«, sagte der Anführer.
    Wells protestierte nicht. Sie durchsuchten ihn, nahmen ihm Schuhe, Brieftasche und Gürtel ab. Dann verfrachteten sie ihn in eine enge, fensterlose Polizeizelle mit Betonwänden. Jede Stunde öffnete sich eine Stahlluke in der Tür, und ein Beamter sah nach ihm. Wells hatte nichts gegen die Auszeit. Er schloss die Augen und döste auf der schmalen Stahlpritsche vor sich hin. Im Traum fand er sich in einer baufälligen Moschee wieder. Durch einen Riss in der Decke schimmerte der blaue Himmel. Als er zum Gebet niederkniete, sah er Omar Khadri neben sich, den Terroristen, den er am Times Square getötet hatte. Khadri beendete seine Gebete und drehte sich zu Wells um. Du bist vom rechten Weg abgekommen, sagte Khadri. Du hast den Glauben verloren, und dafür wirst du bezahlen. Khadri hatte Zähne wie ein Raubtier und …
    Wells hatte genug von diesem Traum. Er wusste, dass er träumte, und beschloss aufzuwachen. Statt zu schlafen, studierte er lieber die Unebenheiten im Beton und suchte in den zufälligen Windungen nach Mustern.
    »Warten Sie darauf, dass ich ein Päckchen ausscheide?«, fragte Wells die Wache, als etwa sechs Stunden vergangen waren. »Das kann dauern.«

    »Es kommt bald jemand.« Damit knallte der Mann die Luke zu.
    Weitere zwei Stunden vergingen, bevor sich die Tür schließlich öffnete. Wells schoss hoch, aber als er Shafer mit zwei Wachleuten draußen stehen sah, verkroch er sich in eine Ecke und stieß einen gellenden Schrei aus.
    »Nein!«
    Die Beamten wichen einen halben Schritt zurück.
    »Schicken Sie mich nach Guantanamo«, flehte er, »aber liefern Sie mich nicht dem da aus.«
    »John, das reicht«, sagte Shafer.
    »Der Kerl schreckt vor nichts zurück. Ehrlich. Elektrische Viehstöcke, Nippelklemmen …«
    »Hör auf, sonst lasse ich dich hier.«
    »Wenn es sein muss«, erwiderte Wells schmollend.
    »Das ist John Wells«, sagte Shafer zu den Wachleuten, als Wells in seine Schuhe schlüpfte. »Ich wette, den hatten Sie sich anders vorgestellt.«
     
    Keiner von ihnen sagte ein Wort. Erst als sie den New Jersey Turnpike erreicht hatten, brach Shafer das Schweigen.
    »Duto wollte dir eine Lektion erteilen und dich ein paar Tage in New York am Flughafen schmoren lassen. Ich habe ihm gesagt, das wäre vergebliche Liebesmüh.«
    Wells antwortete nicht. Natürlich hatte Shafer Recht. Er wusste, dass ihn die zehn Jahre im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet Geduld gelehrt hatten.
    »Diesmal hast du es gründlich vermasselt, John.«
    »Ellis, pass auf die Straße auf.« Shafer fuhr einen schwarzen CIA-Suburban und hatte verbotenerweise das rote Blinklicht im Kühlergrill eingeschaltet, um schneller voranzukommen.

    »Ich rede nicht von der Agency.«
    »Lass bitte Exley aus dem Spiel, Ellis. Halt dich an Duto. Weiß er, wo ich war?«
    »Was denkst du denn?«, erwiderte Shafer gereizt. »Und über Markow ist er natürlich auch informiert.«
    »Was ist mit den Russen? Haben die mich identifiziert?«
    »Merkwürdigerweise nicht. Zumindest haben sie sich uns gegenüber nicht geäußert.«
    »Markow hält also dicht.«
    Ein Sattelschlepper ließ seine Lufthupe ertönen, als Shafer direkt vor ihm einscherte.
    »Du bist der schlechteste Fahrer, der mir je begegnet ist. Einschließlich der Dschihadis.«
    Shafer verlangsamte das Tempo, drehte sich zu Wells um und fixierte ihn. »Ich hoffe, dein Ausflug hat sich gelohnt.«
    »Nein.«
    »Ich weiß.« Shafer schaltete das Radio ein, WCBS 880, den New Yorker Nachrichtensender. In der Welt war einiges los. Zwei Soldaten waren im Irak ums Leben gekommen, vor der Küste von Brasilien waren große Ölvorkommen entdeckt worden, irgendein Starlet war zum wiederholten Mal verhaftet worden, die Giants bereiteten sich auf das NFC-Finale vor. Schließlich wurde geradezu beiläufig ein Dreifachmord in der South Bronx erwähnt, laut Polizei eine Drogensache. Von den drei Toten, die Wells in Moskau hinterlassen hatte, war nicht die Rede, aber warum auch? Jede Minute starben überall auf der Welt Menschen einen viel zu frühen Tod. Drei in Moskau, zwei in Bangkok, vier in Johannesburg, einer in Newark, eine endlose Welle der Zerstörung, viel zu viele, als dass
ein einzelner Radiosender den Überblick hätte behalten können. Für die Polizei würde es immer Arbeit

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