Johnson, Denis
Freundin zu suchen, und ich zog ab, um meine zu suchen. Ich wußte: Wenn Drogen da waren, gab sie nach.
Aber ich war in miserabler Verfassung – betrunken, übernächtigt. Kaum hatte ich das Zeug im Blut, wurde ich ohnmächtig. Zwei Stunden vergingen, ohne daß ich’s merkte.
Ich hatte das Gefühl, ich hätte nur ganz kurz die Augen zugemacht; als ich sie jedoch wieder öffnete, wurde ich von meiner Freundin und einem mexikanischen Nachbarn bearbeitet, die alles Erdenkliche taten, um mich ins Leben zurückzuholen. Der Mexikaner sagte gerade: «Da, er ist übern Berg.»
Wir lebten in einer winzigen, verdreckten Wohnung. Als ich begriff, wie lange ich weg gewesen war und daß ich um ein Haar für immer abgetreten wäre, kam es mir vor, als glänzte unser schäbiges Zuhause wie Talmischmuck. Ich war außer mir vor Freude, daß ich nicht tot war. Ich hatte nie groß über den Sinn von allem nachgedacht, und wenn doch, war ich bestenfalls darauf gekommen, daß ich das Opfer eines Witzes sein müsse. Mehr war nie gewesen: kein Rühren an den Saum des Mysteriums, kein Gedanke daran, und zwar bei keinem von uns – aber da Sprech ich wohl doch nur für mich selber –, daß unsere Lungen sich mit Licht gefüllt hätten oder was weiß ich. Dennoch, in jener Nacht erlebte ich einen Moment voll Herrlichkeit Ich war mir sicher, daß ich hier war, auf dieser Welt, weil ich keinen andern Ort ertragen konnte.
Hotel der in genau derselben Verfassung gewesen war wie ich und auch dieselbe Menge Heroin mitgenommen hatte, sie allerdings nicht mit seiner Freundin teilen mußte, weil er die an jenem Tag nicht finden konnte – Hotel also verzog sich in ein Haus mit möblierten Wohnungen unten am Ende der Iowa Avenue und setzte sich, nicht anders als ich, eine Überdosis. Er fiel in einen tiefen Schlaf, und für die andern dort sah er ziemlich tot aus.
Die Leute, die bei ihm waren, alles Freunde von uns, überwachten seine Atmung, indem sie ihm von Zeit zu Zeit einen Taschenspiegel unter die Nase hielten und nachguckten, ob das Glas beschlagen war. Aber nach einer Weile vergaßen sie ihn, und seine Atmung setzte, ohne daß irgendwer es bemerkte, aus. Er ging einfach ein. Er starb.
Ich bin noch am Leben.
DUNDUN
Ich fuhr raus zu der Farm, wo Dundun lebte, um mir von ihm etwas synthetisches Opium zu besorgen, aber ich hatte kein Glück.
Er begrüßte mich, als er gerade in den Vorhof trat und zur Pumpe ging; er trug neue Cowboystiefel und eine Lederweste, sein Flanellhemd hing über der Jeans. Er kaute Kaugummi.
«Mclnnes fühlt sich heut nicht besonders. Ich hab grad auf ihn geschossen.»
«Ihn umgebracht, meinst du?»
«War keine Absicht.»
«Ist er wirklich tot?»
«Nein. Er mußte sich nur mal hinsetzen.»
«Aber er lebt»
«Ach, na klar lebt der. Er sitzt jetzt drüben im hinteren Zimmer.»
Dundun ging zur Pumpe und betätigte den Schwengel.
Ich ging ums Haus und von hinten hinein. Der Raum, zu dem die Hintertür führte, roch nach Hunden und Babys. Beatle stand in der Tür gegenüber und guckte zu, wie ich reinkam. An der Wand lehnte Blue, rauchte eine Zigarette und kratzte sich gedankenverloren am Kinn. Hinten saß Jack Hotel an einem alten Schreibtisch und zündete sich eine Pfeife an, deren Kopf mit Alufolie umwickelt war.
Als die drei sahen, daß bloß ich es war, schauten sie wieder zu Mclnnes, der ganz allein auf der Couch saß. Seine Linke ruhte sacht auf seinem Bauch.
«Dundun hat auf ihn geschossen?» fragte ich.
«Irgendwer hat auf irgendwen geschossen», sagte Hotel.
Dundun kam hinter mir herein, in der einen Hand eine Porzellantasse mit Wasser, in der anderen eine Bierflasche, und sagte zu Mclnnes: «Hier.»
«Ich will das nicht», sagte Mclnnes.
«Na schön. Also, dann das hier.» Dundun bot ihm den Rest seines Biers an.
«Nein danke.»
Ich war beunruhigt «Wollt ihr ihn nicht ins Krankenhaus bringen oder so?»
«Gute Idee», sagte Beatle sarkastisch.
«Haben wir ja versucht», erklärte Hotel, «aber wir sind drüben an der Schuppenecke hängengeblieben.»
Ich sah aus dem Seitenfenster. Die Farm gehörte Tim Bishop. Tim Bishops Plymouth, eine wunderschöne alte graurote Limousine, war, wie ich nun erkannte, seitlich gegen den Schuppen geschrammt und hatte dabei einen der Eckpfeiler weggerissen, weshalb der Pfeiler am Boden lag und das Schuppendach nur noch von dem Auto gehalten wurde.
«Die Windschutzscheibe ist in zig Teile gegangen», sagte Hotel.
«Wieso seid ihr überhaupt da
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