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Johnson, Denis

Johnson, Denis

Titel: Johnson, Denis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesu’s Sohn
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rangefahren?»
    «Alles war total außer Kontrolle», sagte Hotel.
    «Und wo ist eigentlich Tim?»
    «Nicht da», sagte Beatle.
    Hotel reichte mir die Pfeife. Es war Haschisch drin, aber nur noch ein kleiner Rest.
    «Wie geht’s dir?» fragte Dundun Mclnnes.
    «Ich kann’s spüren, genau hier. Ist bloß ein Steckschuß im Muskel.»
    Dundun sagte: «Dann ist es nicht so schlimm. Ich glaub, die Zündkapsel ist nicht richtig explodiert»
    «War ‘ne Fehlzündung.»
    «War ‘ne Fehlzündung, jedenfalls so ungefähr, genau.»
    «Würdest du ihn», fragte mich Hotel, «mit deinem Wagen ins Krankenhaus bringen?»
    «Klar», sagte ich.
    «Ich komm mit», sagte Dundun.
    «Hast du eigentlich noch was von dem Opium?» fragte ich ihn.
    «Nein», sagte er. «War ein Geburtstagsgeschenk. Ist alles schon weggeraucht.»
    «Und wann hast du Geburtstag?»
    «Heute.»
    «Dann», sagte ich unwirsch, «hättst du eben nicht alles vorher wegrauchen dürfen.»
    Dennoch war ich froh, mich nützlich machen zu können. Ich wollte gern derjenige sein, der endlich Hilfe brachte und Mclnnes ohne Unfall zum Arzt verfrachtete. Man würde darüber reden, und ich hoffte, dadurch angenehm aufzufallen.
    Im Auto waren Dundun, Mclnnes und ich.
    Es war Dunduns einundzwanzigster Geburtstag. Ich hatte ihn so um mein achtzehntes Thanksgiving herum im Zuchthaus von Jackson County kennengelernt, während einiger Tage, der einzigen in meinem Leben, die ich hinter Gittern verbringen mußte. Ich war der Altere von uns beiden, allerdings nur um ein, zwei Monate. Mclnnes selber lebte schon seit Ewigkeiten hier, und ich war sogar mit einer seiner früheren Freundinnen verheiratet.
    Wir fuhren los, so schnell es ging, ohne daß der Verletzte zu heftig durchgerüttelt wurde.
    Dundun sagte: «Was ist nun mit den Bremsen? Hast du sie in Ordnung gebracht?»
    «Die Handbremse funktioniert. Das muß reichen.»
    «Und das Radio?» Dundun hämmerte gegen den Knopf, worauf das Radio ansprang und Laute wie ein Fleischwolf von sich gab. Er schaltete es aus und wieder ein, und es gurgelte wie eine Maschine, die nächtelang Steine poliert.
    «Und was tut sich bei dir?» fragte ich Mclnnes. «Hast du’s bequem?»
    «Na, rate mal», sagte Mclnnes.
    Wir waren auf einer langen geraden Straße, die sich, so weit das Auge reichte, durch trockene Felder zog. Man hätte denken können, alle Luft wäre vom Himmel verschwunden und der Erdboden wäre aus Papier. Es war, als bewegten wir uns kaum, würden nur immer kleiner und kleiner.
    Was läßt sich über die Felder dort sagen? Da gab’s Amseln, die über ihren eigenen Schatten kreisten, und unter ihnen standen Kühe und rochen sich gegenseitig am Hintern. Dundun spuckte sein Kaugummi aus dem Fenster und kramte in der Hemdtasche nach seinen Winstons. Mit einem Streichholz zündete er sich eine an. Das war’s, was sich darüber sagen läßt.
    «Wir werden nie wieder von dieser Straße runterkommen», sagte ich.
    «Was für ein Scheißgeburtstag», sagte Dundun.
    Mclnnes sah blaß und krank aus; behutsam umklammerte er sich selbst Ich hatte ihn schon früher so gesehen, ein- oder zweimal, und da war nicht auf ihn geschossen worden. Er litt an irgendeiner schlimmen Sorte Hepatitis, die ihm oft ziemliche Schmerzen bereitete.
    «Versprichst du mir, daß du denen nichts sagst?» Dundun redete mit Mclnnes.
    «Ich glaub nicht, daß er dich hört», sagte ich.
    «Sag denen, es war ein Unfall, okay?»
    Einen langen Augenblick sagte Mclnnes nichts. Schließlich sagte er: «Okay.»
    «Versprochen?» sagte Dundun.
    Aber Mclnnes sagte nichts. Weil er nämlich tot war.
    Mit Tränen in den Augen sah Dundun mich an. «Was sagst du dazu?»
    «Was soll das heißen, was ich dazu sage? Meinst du, ich bin hier, weil ich mich mit so was besonders auskenne?»
    «Er ist tot.»
    «Schon klar. Ich weiß, daß er tot ist»
    «Dann aber raus mit ihm aus dem Auto.»
    «Klar doch, raus mit ihm aus dem Auto», sagte ich. «Ich jedenfalls fahr den nirgendwo mehr hin.»
    Einen Moment lang schlief ich ein, mitten beim Fahren. Ich hatte einen Traum, in dem ich irgendwem etwas erzählen wollte, aber dauernd von anderen unterbrochen wurde, einen Traum über Enttäuschung.
    «Ich bin eigentlich ganz froh, daß er tot ist», sagte ich zu Dundun. «Er hat schließlich alle drauf gebracht, mich Saukopp zu nennen.»
    Dundun sagte: «Laß dich von so was doch nicht runterziehen.»
    Wir jagten weiter, vorbei an den verdorrten Überbleibseln Iowas.
    «Ich könnte glatt mal

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