Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
Vom Netzwerk:
»Wenn ihr mich fragt, sind die feigen Hunde
bereits auf und davon.«
    Die Männer grinsten. Jacquotte sah jeden von ihnen kurz
an. Sie wusste, dass das Vertrauen der Besatzung wuchs.
Hatte sie sie anfangs noch misstrauisch beäugt, fügte sie
sich mittlerweile vertrauensvoll ihren Befehlen. Immer öfter
kam es vor, dass die Schiffsjungen während der Arbeit Lieder
anstimmten oder miteinander scherzten. Die Tyrannei, der sie
unter L’Olonnais‘ Kommando ausgeliefert gewesen waren,
verflog mit dem Wind, der sie vorantrieb.
    »Denkt daran, die Kirche in der Stadtmitte wird unser
Befehlslager. Was ihr in Maracaibo findet, schafft ihr
dorthin«, sagte sie eindringlich. Die Männer nickten.
    »Möge das Glück mit euch sein.« Jacquotte vernahm das
Grollen der Kanonen und hörte die Kugeln bedrohlich über
ihre Köpfe zischen. Die Schiffe hatten ihre zweite Ladung
abgefeuert. Kreischend gingen Häuser im weißen Nichts zu
Bruch, entließen ihre steinernen Wände ins Meer. Aufgewühlte
Wellen prallten an den Beibooten ab, und feiner Staub
bedeckte die Haare der Männer, die sich in ihre Boote
duckten, bereit, den Konter abzuwehren. Wieder blieb es
ruhig.
    »Feuer frei«, erscholl es aus den Tiefen des Nebels.
    »Feuer frei«, wiederholte Jacquotte, und die Bukaniere
legten ihre Musketen an. Mit knisterndem Funkenregen
knallten die Schüsse und fanden ihren Weg in unwegsames
Gebüsch. Blätter und Äste flogen umher, aber von Spaniern
fehlte jede Spur. L’Olonnais ließ noch zwei weitere Salven
abfeuern, doch die erwartete Reaktion blieb aus.
    Wachsam begaben sich die Männer an Land. Leblos breitete
sich die weitläufige Stadt vor ihnen aus. Die Flibustier
warteten kurz, bevor sie Haustüren aufstießen und Fenster
einschlugen. Schnell stellten sie fest, dass die Einwohner
geflohen waren. Einzig Hühner und Schweine streiften
verlassen durch die Straßen, und bald frönten die ersten
Brüder der Völlerei. Die entvölkerten Häuser boten eine
reiche Auswahl an Wein, Selbstgebranntem, Brot, Kohl und
Früchten. Die Bürger hatten Maracaibo anscheinend in großer
Eile aufgegeben und lediglich mitgenommen, was von Wert war
und sie zu tragen vermochten. Eine derart mühelose
Inbesitznahme hatten sich die Flibustier nicht ausgemalt,
und innerhalb einer Stunde herrschten Chaos und Verwüstung
in der Stadt.
    Der Baske übernahm das Kommando und entsandte Brüder in
die entlegeneren Stadtteile. Auch Jacquotte drang mit
einigen ihrer Männer bis in die hintersten Gassen vor, um
sicherzustellen, dass sich niemand mehr verschanzte. Gerade,
als sie sich auf dem Rückzug befand, wurden zwei ihrer
Schiffsjungen durch Schüsse aus dem Hinterhalt
niedergestreckt. Eilig suchten die Übrigen Deckung hinter
den provisorischen Holzhütten, deren Zahl zunahm, je weiter
man sich vom Stadtkern entfernte.
    »Eine große Gruppe Sklaven«, zischte Jacquotte und
erspähte die Mohren durch eine Ritze in den grob zusammen
gezimmerten Wänden.
    Ihr Pulsschlag beschleunigte sich. Die meisten trugen
außer Waffen kaum etwas am Leib und zogen lärmend die Straße
entlang. Offensichtlich hatte man sie zurückgelassen, und
sie nutzten die Gelegenheit, um zu vergelten, was man ihnen
angetan hatte oder gedachte, ihnen erneut anzutun. Jacquotte
sondierte die Lage. Auf einen von ihren Männern kamen fünf
Sklaven. Sie waren deutlich in der Überzahl und hielten
zügig und mit grimmigen Mienen auf die Flibustier zu. Es gab
keine Rückzugsmöglichkeiten, sie mussten kämpfen! Eilig
überprüfte sie ihren Vorrat an Pulver und Kugeln. Mit
glänzenden Augen erwarteten die Männer ihre Befehle. Der
Wein, den sie in den Häusern vorgefunden hatten, machte sie
heißblütig.
    »Eröffnet das Feuer und dann stürzt euch auf sie! Sie
mögen schießen können, aber im Nahkampf sind wir ihnen
überlegen.« Jacquotte nickte den Männern zu, umklammerte
ihre Waffen und sprang vor das schützende Hauseck, die
Brüder dicht hinter sich.
    Ihre kurz hintereinander abgefeuerten Pistolen rissen eine
Lücke in die vorderste Front und trieben den
ebenholzfarbenen Männern ungezügelte Wut ins Gesicht.
Bösartig fletschten sie ihre Zähne. Die Sonne ließ den
Schweiß auf ihrer nackten Haut angriffslustig aufleuchten,
als sie in die Offensive gingen. Einige feuerten ebenfalls
ihre Pistolen ab, während andere wuchtige
navajas
schwangen
und lärmend auf die Flibustier zurannten. Einer schwarzen
Mauer gleich

Weitere Kostenlose Bücher