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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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weitere mit dem Säbel in Schach
hielt. Hinter seinem Rücken hörte er Remi schmerzvoll
aufschreien, konnte ihm aber nicht zu Hilfe kommen. Wütend,
weil er um seine verdiente Ruhe gebracht worden war, zog er
einem von ihnen die Klinge über das Gesicht und verletzte
einen anderen am Ohr. Das Zischen des Säbels, als er mit ihm
die Luft durchschnitt, war Musik in seinen Ohren. Elegant
führte er die Waffe allein durch Drehen des Handgelenks und
schlug seine Angreifer rasch in die Flucht. Als er sich zu
Remi umdrehte, rannten schon die Nächsten auf ihn zu. Er
lachte. Die Bewegung tat ihm gut. Er genoss es, sich zu
messen. Kaum einer beherrschte die Kunst des Säbelkampfs so
gut wie er. Der Respekt in den Augen seiner Männer hatte ihm
das bereits des Öfteren bestätigt.
    Es war ein Leichtes, weitere Widersacher abzuwehren und
Pierre sah sich nach einem würdigen Gegner um. In dem
Schlagabtausch, in den inzwischen über hundert Männer
verwickelt waren, wie Pierre schätzte, war es schwierig,
einzelne Gestalten auszumachen. Doch sein geübtes Auge fiel
schließlich auf einen jungen Kämpfer, der sich überraschend
leichtfüßig zur Wehr setzte und seine Machete so spielerisch
einsetzte, als würde er sich über seine Angreifer lustig
machen. Pierre ließ sich von der Menge in seine Richtung
treiben und amüsierte sich über den Kerl mit der roten
Schärpe um den Kopf, der scheinbar sorglos gegen jeden
antrat, der sich ihm in den Weg stellte. Als er kaum noch
eine Armlänge von ihm entfernt war, hielt er inne. Er kannte
diese Bewegungen, diese energischen Schritte und die
lauernde Kopfhaltung. Pierre zog die Augenbrauen zusammen.
Eine Ahnung machte sich in ihm breit. Er biss die Zähne
aufeinander, als er auf den zarten Nacken des Kämpfers
starrte und ein vertrautes Gefühl seinen Magen erwärmte. Es
konnte nicht sein! Es durfte nicht sein!
    Er spürte kaum, dass ihn jemand schubste und er den
Haudegen von hinten anrempelte. Wie vorherzusehen war, fuhr
der junge Kämpfer mit geschmeidiger Drehung herum. Und
erstarrte mitten in der Bewegung. Pierre war es, als ob ihm
sämtliche Luft aus den Lungen gedrückt wurde. Nebel senkte
sich über das lärmende Kampfgeschehen. Seine Ahnung
bestätigte sich. Er sah ihr Gesicht, ihre Augen, ihren Mund.
Zum Teufel, der Kämpfer war niemand anderes als Jacquotte!
Das Herz klopfte ihm in den Ohren. Wie in Trance deutete er
einen Schlag an, den sie augenblicklich parierte. Fast hätte
er gelächelt. Er war ihr ein guter Lehrer gewesen. Geschickt
dirigierte er sie aus dem Getümmel in Richtung Wald, wo sie
sich bald keuchend mit erhobenen Waffen gegenüberstanden.
Keiner von ihnen sagte ein Wort.
    »Du hast mich erkannt«, brach Jacquotte endlich das
Schweigen.
    Pierre konnte nur nicken. Was hatte sie hier zu suchen?
    Sie ließ die Machete sinken. »Was denkst du, gehe ich als
Mann durch?«
    Pierre zog die Augenbrauen hoch. »Nicht für mich,
nanichi

    »Bisher hat niemand Verdacht geschöpft.« Ihr Blick war
stolz, und Pierre unterdrückte den spontanen Impuls, sie in
seine Arme zu reißen.
    »Du kannst von Glück reden, dass die meisten immerzu
betrunken sind.«
    »Dann ist es wohl der Alkohol, der sie dazu hinreißt, ihre
Waffen gegen Brüder zu erheben?«, neckte sie ihn.
    Pierre verstand ihre Anspielung und grinste schief. »Die
Ehre der Bukaniere ist etwas, das die Flibustier nie
verstehen werden.« Sie schwiegen erneut.
    »Was zum Teufel tust du hier?«, murrte er schließlich.
    »Vater ist tot. Die Spanier. Es war ein Überfall.« Sie
zuckte die Schultern.
    Pierre war erschüttert. Émile war tot? Er konnte es nicht
fassen. Warum hatte er nichts davon gehört? Unbewusst tat er
einen Schritt auf Jacquotte zu, erkannte jedoch die
Besorgnis in ihrem Blick. Sie wollte nicht, dass ihre
Tarnung aufflog. Er verstand.
    »Manuel und ich mussten fliehen. Nach dem Überfall hat
sich vieles geändert. Wir versteckten uns in der Höhle. Dein
Hund …« Sie stockte. »Dein Hund ist auch tot.«
    Es verwunderte ihn, dass sie der Tod seines Hundes so
mitnahm. Prüfend sah er in ihre dunklen Augen und spürte das
schlechte Gewissen. Wäre alles so gekommen, wenn er in der
Siedlung geblieben wäre? Er würde es nie erfahren.
    »Wo ist Manuel?« Er sah sich um.
    »Bei Jérôme.«
    »Jérôme?« Er war entsetzt. »Wie konntest du ihn bei Jérôme
zurücklassen?«
    »Hätte ich ihn vielleicht hierher bringen sollen?«
Jacquotte

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