Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
Vom Netzwerk:
zur Haustür. Es wurde still, als ob alle Geräusche von dem unsichtbaren Grauen verschluckt wurden, das sich näherte. Helenas Finger umschlossen den Griff der Haustür. In diesem Augenblick flog sie auf und wurde mit der Wucht einer Explosion aus den Angeln gerissen. Schnee und eisige Kälte brüllten ihnen entgegen, und Jonathan kniff die Augen zusammen. Als er sie wieder öffnete, sah er Konturen, die sich aus den weißen Wolken hervorschälten und langsam an Form gewannen. Er sah einen Mann, der eine abgewetzte Uniform trug. Raubtiere schlichen um seine Füße herum, mit Augen so weiß wie Schnee und zottigem, grauem Fell, ihre furchteinflößenden Fangzähne bleckend. Wölfe! Nur ein sehr furchtloser oder sehr grausamer Mann konnte sich in Gesellschaft solcher Bestien wohlfühlen. Der Fremde schien beide Voraussetzungen zu erfüllen; unter der fremdländischen Offizierskappe lag ein Gesicht, dessen Narben Geschichten von Kriegen und fürchterlichen Entbehrungen erzählten. Jonathan wusste, dass er durch die Hölle gegangen war. Gnade kannte er nicht, denn sie war ihm nie gewährt worden.
    Cornelius und Helena lösten sich aus ihrer Starre. Cornelius ging auf den Fremden zu und verbarg jedes Anzeichen von Angst.
    »Riot. Das hätte ich mir denken können! Nur ein Mann, dem die Sonne das Gehirn verdorrt hat, richtet ein solches Spektakel an. Und das auch noch am helllichten Tag, mitten in der Stadt. Das wird dir noch eine Menge Ärger einbringen.«
    Der Mann lachte donnernd. Mit schweren Stiefeln marschierte er ins Wohnzimmer und ließ sich auf das Sofa fallen. Er legte die Füße auf den Tisch. Seine Wölfe nahmen um ihn herum Platz. Ihre grimmigen, weißen Raubtieraugen behielten jeden Winkel des Hauses im Blick. Jonathan glaubte, die berechnende Kälte in ihren Blicken zu spüren. Nur der Wille ihres Herrn hielt sie davon ab, über sie herzufallen.
    Riot legte seine Arme auf die Rückenlehne des Sofas und sah sich amüsiert um. »Ach, wie sehr ich diese Auftritte vermisst habe! Waren das nicht herrliche Zeiten, als wir durch Trümmer marschierten und niemand uns mit Vorschriften erdrückt hat? Wir hatten Spaß, nicht wahr, Cornelius?«
    Jonathan sah verwundert zu seinem Vater hinüber. Wovon sprach der Fremde? Cornelius ging auf Riot zu. Die Wölfe knurrten bedrohlich, als er ihm zu nahe kam. Riot musterte ihn spöttisch.
    »Sieh dich an! Was bist du inzwischen? Ein Polizist? Arbeitest du im Finanzamt? Nein, warte! Lass mich raten: ein Ingenieur. Du bist das perfekte Beispiel dafür, was mit dieser Welt nicht stimmt. Alles ist so geordnet. Die Langeweile kann einen umbringen.«
    Cornelius verzog keine Miene. »Was willst du hier?«
    Riot maß Helena mit einem langen Blick. »Wie wäre es, wenn mir dein hübsches kleines Frauchen etwas zu trinken bringt?«
    Helena errötete vor Wut. »Sag meinen Namen, du hirnloser Lakai! Du bist hier nicht willkommen, also pack deine verlausten Bettvorleger und verlasse dieses Haus.«
    Es zuckte in Riots wettergegerbtem Gesicht. Er kraulte einen Wolf am Kinn, der zufrieden knurrte.
    »Verlauste Bettvorleger nennt sie euch, meine Süßen. Ich muss sagen, eure Umgangsformen haben stark nachgelassen. Reden deine Eltern immer so, Kleiner?«
    Er grinste Jonathan an und entblößte eine Reihe vergoldeter Zähne. Intuitiv wich Jonathan einen Schritt zurück. Helena legte schützend ihre Arme um ihn.
    »Du hältst dich von meinem Jungen fern!«, rief sie. »Sag, was du zu sagen hast, und dann verschwinde.«
    Riot erhob sich. Er war ein Berg von einem Mann und überragte selbst Cornelius um zwei Köpfe. Cornelius schwieg, doch seine Miene sprach Bände. Noch nie hatte Jonathan ihn so wütend erlebt. Er hätte Riot gewiss mit blanken Fäusten aus dem Haus geprügelt, wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Lächelnd tätschelte Riot ihm die Wange.
    »Viele Jahre habe ich nach euch gesucht. Ja, ich muss zugeben, es war nicht einfach, euch zu finden. Und dann die Überraschung: Mein alter Freund hat einen Sohn mit der schönen Helena. Ein Geheimnis, dass du erfolgreich vor mir verborgen hast.« Er wandte sich an Jonathan. »Wie alt bist du, mein Junge?«
    »Dreizehn«, sagte Jonathan.
    Riot lachte. »Dreizehn Jahre alt! Und wir hatten keine Ahnung. Eine schöne Überraschung. Aber sparen wir uns das Geplänkel und kommen zur Sache. Du weißt, wer mich schickt. Und du weißt, was er will.«
    »Und warum kommt er dann nicht und holt es sich selbst?«, erwiderte Cornelius.
    »Eine gute

Weitere Kostenlose Bücher