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Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
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davon trinkt, wächst für kurze Zeit enorm heran. Du solltest nicht auf die Idee kommen, etwas davon zu probieren. Es hat bisweilen unangenehme Nebenwirkungen bei Menschen, die nicht mehr verschwinden. Und denk daran, welches Monster du auch erschaffst, es macht keinen Unterschied zwischen Freund und Feind und wird sich gegen jeden wenden, von dem es sich bedroht fühlt. Auch gegen dich, wenn du ihm zu nahe kommst!«
    Mit einer Mischung aus Faszination und Ekel drehte Jonathan die gläserne Phiole in seiner Hand. Das Licht des Ofens brach sich in ihrem Kristallkörper. Prüfend zupfte er am Korken herum, um auch ganz sicherzugehen, dass er dicht war, dann schob er sie in die Brusttasche seiner Jacke.
    Cassius griff schließlich zum letzten Kästchen. Es ließ sich nur mit Widerwillen öffnen. Die alten Scharniere waren zerfressen von Rost.
    »Was ich dir jetzt gebe, ist sehr gefährlich. Nur im äußersten Notfall darfst du Gebrauch davon machen, und auch nur, wenn du die Regeln beachtest. Benutze es nur in der Dunkelheit, niemals bei Tageslicht. Nimm nur eine kleine Prise davon.«
    »Cassius …« Cornelius wollte protestieren, doch sein großer Bruder ließ sich nicht beirren und förderte ein Gefäß zutage, das aussah wie eine kleine Zuckerdose aus Porzellan. Als er sie öffnete, sah Jonathan, dass sie ein seltsames safranfarbenes Pulver enthielt. Cassius’ Augen leuchteten.
    »Ich habe dieses Mittel von einem Volk geschenkt bekommen, das tief in den Wäldern lebt, in einer Gegend, in der immerzu Finsternis herrscht. Die Einwohner dort benutzen es zur Jagd. Es schärft die Sinne, es verleiht große Kraft und Schnelligkeit, und es gibt dir die Fähigkeit, in völliger Dunkelheit zu sehen.«
    »Es ist gefährlich!«, rief Cornelius wütend. »Ich will nicht, dass mein Sohn dieses Zeug schluckt!«
    »Es hat mir mehr als einmal das Leben gerettet«, widersprach Cassius. »Ich habe ausdrücklich gesagt, dass es nur im Notfall eingesetzt werden darf!«
    Die beiden Brüder verfingen sich in einer Diskussion über Erziehung und Verantwortungsbewusstsein, die Jonathan nicht interessierte. Er betrachtete das seltsame, unscheinbare Pulver und spürte, welche Macht davon ausging. Es war so verlockend, es zu probieren, doch er erinnerte sich an Cassius’ Warnung, und er war alt genug, um zu wissen, dass alles seinen Preis hatte, vor allem das trügerische Gefühl von Macht. Cornelius gab den Streit auf und lenkte ein. Jonathan durfte das Pulver mitnehmen, unter der Bedingung, dass er es wirklich nur im absoluten Notfall einnahm und auch nur ein einziges Mal.
    Sie gingen in die Küche, wo Cassius eine Kanne mit Wasser auf den Herd stellte und das Feuer im Ofen mit einem Holzscheit fütterte.
    »Dann gibt es nur noch eine Kleinigkeit, die du wissen musst«, sagte Cornelius.
    »Die Chimerianer«, vermutete Jonathan. »Ich soll das Herz des Lazarus zu ihnen bringen, aber ich habe keine Ahnung, wer sie sind oder wo ich sie finden kann.«
    Cornelius setzte sich ihm gegenüber. Das Licht des Feuers spiegelte sich in seinen Augen, als er sprach. »Die Chimerianer sind ein sehr altes Volk, viel älter als wir Menschen. Sie kamen vor langer Zeit in diese Welt. Hin und wieder werden sie gesehen. Dann hält man sie für Irrlichter. Kugelblitze. Wandelnde Seelen. Gespenster. Was auch immer.«
    »Gespenster?«, fragte Jonathan zögerlich.
    »Kein Grund, sich zu fürchten«, sagte Cornelius rasch. »Sie sind Verbündete. Freundliche Kreaturen, weise und manchmal auch ziemlich albern. Sie lieben die schönen Dinge, Geschichten und Musik, und manchmal, wenn sie etwas Wunderbares hören, dann wagen sie sich aus ihren Verstecken und zeigen sich den Menschen. Aber das passiert nur sehr selten, denn die wenigen, die es noch gibt, haben sich tief in den Wäldern versteckt.«
    »Versteckt? Warum?«
    »Es gab eine Zeit, da lebten wir Menschen mit den Chimerianern in Eintracht. Wir haben uns diese Welt geteilt. Dann … bekamen die Leute Angst vor ihnen und haben sie gejagt und getötet. Die meisten verließen uns und kehrten nie wieder zurück. Nur einige wenige blieben, weil sie den Glauben an das Gute in den Menschen nicht aufgeben wollten. Aber auch sie werden uns bald den Rücken kehren. Wenn es so weit ist, haben wir unseren letzten Verbündeten verloren. Dann sind wir endgültig allein.«
    »Das wird nicht geschehen, denn du wirst ihnen das Herz zurückgeben, Junge«, warf Cassius ein. »Du wirst ihnen beweisen, dass wir zu unserem Wort

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