Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)
immer viel zu viele. Ihr müsst fliehen!«
Cassius starrte ihn an. Ob es nun Zorn oder Fassungslosigkeit war, die seine Miene verhärten ließ, konnte Jonathan nicht sagen.
»Onkel Cassius, hörst du mir überhaupt zu? Ihr könnt Riot nicht besiegen, er hat zu viele Soldaten, und die haben Pistolen, Stöcke und Rachenflammen!«
»Pistolen? Rachenflammen? Woher weißt du …« Cassius stockte, als ihm die Tragweite dieser Information bewusst wurde. »Dieser wild gewordene Irre schreckt vor nichts zurück. Rachenflammen sind eine tödliche Gefahr!«
»Ihr müsst von hier verschwinden, so schnell wie möglich!«
»Und wohin? Wir sind umstellt, Junge«, erwiderte Cassius.
»Jonathan!« Cornelius trat aus dem Haus und schloss ihn so fest in die Arme, dass Jonathan kaum noch Luft bekam. »Mein Gott, ich bin so froh, dass es dir gut geht. Seid ihr erfolgreich gewesen? Habt ihr die Chimerianer gefunden?«
Jonathan musste sich aus seinem Griff befreien, um wieder atmen zu können. »Das Herz des Lazarus ist in Sicherheit.«
»Du hast es geschafft! Du hast es tatsächlich geschafft!«
»Nur dank ihr.« Er deutete auf Eliane, die neben ihm im Gras saß und nach Atem rang.
Cornelius schenkte ihr ein Lächeln. »Du musst Eliane sein. Schön, dich endlich persönlich kennenzulernen. Und danke, dass du auf meinen Sohn aufgepasst hast.« Mit einem Augenzwinkern Richtung Jonathan fügte er hinzu: »Du hast einen guten Geschmack, das muss ich dir lassen. Ist sie deine Freundin?«
Jonathan schoss die Röte ins Gesicht, und er warf seinem Vater einen bösen Blick zu.
Cassius schnaubte. »Wir haben keine Zeit für diesen Unsinn. Ihr Kinder solltet nicht hier sein, aber jetzt ist es zu spät. Niemand kommt mehr hier weg.«
»Und das müssen wir auch nicht«, warf Cornelius ein. »Wir mögen zahlenmäßig unterlegen sein, aber wir sind vorbereitet und haben noch ein paar Asse im Ärmel, die ihm nicht gefallen werden. Nicht wahr, Thorne?«
Jonathan fuhr herum. Weder er noch Eliane hatten das Kommen des riesigen geflügelten Tiers bemerkt. Stolz und mächtig trat Thorne vor sie, einen Harnisch aus Gold und Elfenbein auf der Brust, der ihn noch furchterregender aussehen ließ. Seine messerscharfen Krallen waren ausgefahren, und seine Stimme brodelte zornig.
»Wir werden Riot so empfangen, wie es einem Mörder und Verräter zusteht.«
»Schön, dich zu sehen, Thorne!«, rief Jonathan.
»Und ein Glück, dass du auf unserer Seite kämpfst«, fügte Eliane vorsichtig hinzu.
Thorne lachte brummend. »Es wird sich noch erweisen, wer von uns beiden der gefährlichere Gegner ist, kleines Menschenmädchen.«
Aus der Ferne war das Geräusch von Schritten zu hören, ein Donnern, dumpf und bedrohlich, als ob sich eine riesige Maschine durch das Unterholz wälzte. Unaufhaltsam kam Riots Armee näher und planierte dabei alles, was sich ihr in den Weg stellte. Erst jetzt schienen Cornelius und Cassius die schreckliche Wahrheit in Jonathans Worten zu begreifen: Sie hatten die Gefahr unterschätzt.
»Du sagst, sie haben Waffen?«, fragte Cassius.
Jonathan nickte. »Pistolen und Eisenstangen …«
»Natürlich haben sie Waffen«, polterte Thorne verächtlich. »Oder glaubst du, dass Riot sich als ehrenhafter Gegner erweisen wird?«
Nein, dieser Illusion hatte sich Cassius nie hingegeben. Er spie aus. »Auch darauf sind wir vorbereitet. Thorne, du weißt, was zu tun ist.«
Der geflügelte Löwe kniff entschlossen die Augen zusammen, was ihm einen solch furchterregenden Ausdruck verlieh, dass Jonathan unweigerlich zurückwich. Dann spreizte er seine Flügel und erhob sich mit einem einzigen kräftigen Satz in die Lüfte. Jonathan konnte einen Windzug spüren, als er über ihm eine Schleife flog und sich schließlich in den Himmel emporschwang. Kurz darauf war er in den Wolken verschwunden.
Cassius hielt sich nicht mit Erklärungen auf, klatschte in die Hände und hob die Stimme. »Wir können Riot nicht durch Stärke besiegen, aber durch List. Ihr beiden kommt zu mir!«
Jonathan und Eliane kamen auf ihn zu. Cornelius schwieg und überließ seinem Bruder das Reden.
»Ihr seid hier, obwohl wir Jonathan ausdrücklich verboten haben, zu kommen. Ich weiß, dass ihr es nur gut gemeint habt. Ihr wolltet uns warnen, und vielleicht schulden wir euch Dank, denn ohne euch hätte uns Riot überrannt. Nichtsdestotrotz war es leichtsinnig, was ihr getan habt. Ihr seid hier in großer Gefahr.«
»Wir haben keine Angst«, gab Eliane zurück.
»Aber
Weitere Kostenlose Bücher