Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)
Grundsätze des Kreises zu überdenken. Der Weltenwanderer ist anders als alle Gegner, die uns zuvor bedroht haben. Er hat kein Gewissen, er wird nicht verhandeln, und du kannst ihn nicht töten. Um einen solchen Feind zu bekämpfen, müssen wir brutaler sein …«
»Nein, Cassius. Nein.«
Cassius seufzte. Es war nicht der richtige Moment für Diskussionen. Nicht jetzt, nicht hier. Sie würden viel zu bereden haben, doch dazu war später Zeit. Im Vorbeigehen klopfte er Jonathan auf die Schulter. Sogar Eliane widmete er ein anerkennendes Nicken, ehe er sich dem Aschenriesen zuwandte.
»Gumbold Blogarth, wir alle schulden dir unser Leben! Verzeih uns, dass wir dich geweckt haben. Wenn du diese Welt als Ruhestätte noch willst, so sei uns willkommen. Ich werde den Herren des Kreises berichten, dass du noch immer ein Freund und Verbündeter bist und dass es keinen Grund gibt, weiter an deiner Unschuld zu zweifeln. Schlaf nun. Wir wollen dich nicht länger stören.«
Der Riese ließ ein gurgelndes Raunen hören, einen Seufzer der Erleichterung. Dann begab er sich zurück in das Loch, aus dem er gekommen war. Die Erde zitterte und bebte, als er seine Gliedmaßen zurück an ihren Platz brachte und seinen gewaltigen Leib in der Tiefe versinken ließ. Als der Lärm verklungen war und der Staub sich gesenkt hatte, blieb eine Landschaft aus aufgewühlter Erde zurück. Dort, wo einmal das alte Haus gestanden hatte, gähnte nun ein Krater. Die Ruhe des Waldes kehrte zurück.
»Wo ist Riot?«, fragte Cornelius in die Stille hinein.
Jonathan sah sich um. »Er wollte sich seinen Leuten in den Weg stellen. Sie haben ihn einfach überrannt.«
»Wo ist das geschehen, Junge?«, grollte Thorne. »Zeig es uns! Ich will es sehen, bevor ich es glaube!«
Jonathan führte sie an die Stelle, an der er Riot zuletzt gesehen hatte. Doch da war nichts außer niedergetrampeltem Gras und Fußabdrücken. Keine Spur vom Herrn der Wölfe. Cassius, Cornelius und einige ihrer unverletzten Gefährten suchten das Gelände ab. Nach einigen Minuten sammelten sie sich wieder, und ihre Gesichter wirkten noch ein wenig müder.
»Er ist tatsächlich verschwunden«, stellte Cornelius ernüchtert fest.
Cassius gab einen verächtlichen Laut von sich. »Das sieht ihm ähnlich. Er ist geflohen, der feine Herr.«
»Aber das ist unmöglich«, rief Eliane. »Wir haben es mit eigenen Augen gesehen! Seine eigenen Männer haben ihn überrannt … Er hat sich bestimmt jeden Knochen im Leib gebrochen. Das übersteht kein Mensch.«
»Riot ist kein gewöhnlicher Mensch mehr, falls euch das noch nicht bewusst ist«, sagte Cassius düster.
Ein Schaudern ergriff Jonathan, als er an den Winter denken musste, den Riot allein Kraft seines Willens entstehen lassen konnte.
»Vermutlich ist er auf dem Weg zu seinem Herrn, um ihm Bericht zu erstatten«, seufzte Cornelius.
»Nach allem, was hier passiert ist, wird der sicher nicht begeistert sein«, vermutete Eliane.
Dieser Gedanke gefiel Jonathan. Ein Lächeln überflog sein Gesicht und steckte Cassius an, dessen Laune sich ein wenig hob.
»Nein, gewiss nicht.«
Cornelius seufzte. »Wir haben vielleicht ein wenig Zeit gewonnen, aber Riot wird bald zurück sein und eine größere Armee bei sich haben.«
»Dann sind wir vorbereitet, kleiner Bruder«, sagte Cassius und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.
Cornelius warf einen Blick auf Jonathan. Wegen ihm hatte er mit seiner Vergangenheit gebrochen, wegen ihm hatte er Gefahren und Abenteuern entsagt und ein normales Leben geführt. Doch das Versteckspiel hatte nun ein Ende. Auch Auroras ganze Macht hätte die Erinnerung an die vergangenen Tage nicht aus Jonathans Kopf löschen können. Zu viel war geschehen. Ob es ihm gefiel oder nicht, sein Sohn war nun ein Teil der Geschichte.
Cassius winkte Jonathan und Eliane zu sich. »Ihr beide könnt noch laufen, oder?«
Obwohl seine Beine schwer waren wie Blei und die Müdigkeit seine Sinne benebelte, nickte Jonathan. Eliane ebenfalls. Sie wollten helfen, solange sie konnten. Cassius deutete auf den Waldrand.
»Dort drüben steht eine alte Eiche, deren Stamm hohl ist. Darin findet ihr Feldflaschen, gefüllt mit heilendem Wasser. Sieh mich nicht so an, Jonathan. Du hast doch nicht etwa geglaubt, dass ich das Steinchen zurückgebe, ohne einen anständigen Vorrat für uns anzulegen?« Ein Lächeln versank in seinen Falten. »Nehmt einen kräftigen Schluck, und dann verteilt den Rest an die Verwundeten. Vergesst Riots
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