Jonathan Strange & Mr. Norrell
Freund oder welches der Ort war. Das beunruhigte ihn so sehr, dass er Mr. Honeyfoot nach einer halben Stunde vorschlug, sie sollten sich eine Weile setzen.
»Mein lieber Freund«, sagte Mr. Honeyfoot. »Was ist? Sind Sie krank? Sie sind ganz blass – Ihre Hand zittert. Warum haben Sie nicht schon früher etwas gesagt?«
Mr. Segundus fuhr sich mit der Hand über die Stirn und sagte etwas undeutlich, er glaube, gleich würde Zauberei stattfinden. Er habe den bestimmten Eindruck, dass dies der Fall sei.
»Zauberei?«, rief Mr. Honeyfoot. »Aber was für eine Zauberei sollte das sein?« Er schaute sich nervös um, ob nicht plötzlich Mr. Norrell hinter einem Baum hervortrat. »Ich denke, es ist nichts weiter als die Hitze, die Ihnen zu schaffen macht. Auch mir ist sehr heiß. Wir sind aber auch töricht, nichts an unserem Zustand zu ändern. Aber hier ist Trost! Hier ist Erfrischung! Im Schatten großer Bäume zu sitzen – so wie diese –, neben einem lieblichen plätschernden Bach – so wie dieser –, gilt allgemein als das beste Stärkungsmittel der Welt. Kommen Sie, Mr. Segundus, setzen wir uns.«
Sie setzten sich an das grasbewachsene Ufer eines braunen Flusses. Die warme weiche Luft und der Duft der Rosen beruhigten Mr. Segundus. Er schloss die Augen. Schlug sie wieder auf. Schloss sie ein zweites Mal. Schlug sie langsam und schwerfällig auf...
Er begann sofort zu träumen.
Er sah eine hohe Türöffnung an einem dunklen Ort. Sie war aus silbergrauem Stein gehauen und schimmerte ein bisschen, als würde der Mond scheinen. Die Türpfosten waren zwei Männern nachempfunden (oder vielleicht war es nur ein Mann, denn die beiden sahen gleich aus). Der Mann schien aus der Mauer zu treten, und John Segundus wusste sofort, dass er ein Zauberer war. Das Gesicht war nur undeutlich zu erkennen, aber es war ein junges, schönes Gesicht. Auf dem Kopf trug er eine spitze Kappe mit Rabenflügeln an den Seiten .
John Segundus ging durch die Öffnung und sah einen Augenblick lang nur den schwarzen Himmel, die Sterne und den Wind. Dann stellte er fest, dass es sich um einen Raum handelte, der jedoch verfallen war. Trotzdem hingen an den Mauerresten Gemälde, Wandteppiche und Spiegel. Die Figuren auf den Wandteppichen bewegten sich und sprachen miteinander, und nicht alle Spiegel spiegelten den Raum wider; in manchen waren vollkommen andere Orte zu sehen .
Am anderen Ende des Raums saß in einem ungewissen Schein aus Mondlicht und Kerzenlicht jemand an einem Tisch. Sie trug ein sehr altmodisches Kleid, das aus mehr Stoff gefertigt war, als John Segundus für ein Kleid für notwendig oder auch nur möglich erachtet hätte. Es war von einem seltsamen alten tiefen Blau; und an dem Kleid funkelten wie Sterne die letzten der Diamanten des Königs von Dänemark. Sie blickte auf, als er sich näherte – zwei seltsam schräge Augen, die weiter auseinander standen, als es dem Schönheitsideal entsprach, und ein breiter Mund, zu einem Lächeln geschwungen, das er nicht deuten konnte. Im flackernden Kerzenlicht sah er Haar, das so rot war wie das Kleid blau .
Plötzlich trat eine andere Person in John Segundus' Traum – ein Herr, der moderne Kleidung trug. Dieser Herr schien sich überhaupt nicht über die elegant (wenn auch altmodisch) gekleidete Dame zu wundern, aber er schien sehr erstaunt, John Segundus hier vorzufinden, und er streckte die Hand aus, fasste John Segundus bei der Schulter und begann ihn zu schütteln ...
Mr. Segundus stellte fest, dass Mr. Honeyfoot nach seiner Schulter gefasst hatte und ihn sacht schüttelte.
»Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Mr. Honeyfoot. »Aber Sie haben im Schlaf aufgeschrien, und ich dachte, dass Sie vielleicht geweckt werden wollen.«
Mr. Segundus sah ihn mit einiger Verwirrung an. »Ich habe geträumt«, sagte er. »Es war ein überaus merkwürdiger Traum.«
Mr. Segundus erzählte Mr. Honeyfoot seinen Traum.
»Was für ein bemerkenswert magischer Ort«, sagte Mr. Honeyfoot erfreut. »Ihr Traum, der so voll ist von seltsamen Symbolen und Vorzeichen, ist ein weiterer Beweis dafür.«
»Aber was bedeutet er?«, fragte Mr. Segundus.
»Oh!«, sagte Mr. Honeyfoot und dachte eine Weile nach. »Also, die Dame trug Blau, sagten Sie? Blau bedeutet – mal sehen – Unsterblichkeit, Keuschheit und Treue, es steht für Jupiter und kann durch Zinn symbolisiert werden. Hmm. Und was sagt uns das?«
»Nichts, glaube ich.« Mr. Segundus seufzte. »Gehen wir weiter.«
Mr. Honeyfoot, der es
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