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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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ergreifen ließen.«
    »So war es«, antwortete Strange. »Höchst seltsam.«
    »Wollen Sie uns diese Umstände nicht schildern?«
    Strange lächelte boshaft. »Ich bin sicher, dass sich Mr. Norrell sehr darüber freuen wird zu erfahren, dass er der Grund war, warum ich Zauberer wurde. Man kann sogar sagen, dass Mr. Norrell mich zum Zauberer gemacht hat.«
    »Ich?«, rief Mr. Norrell entsetzt.
    »Die Wahrheit ist, Sir«, sagte Arabella Strange rasch, »dass er alles andere schon ausprobiert hat – Landwirtschaft, Dichtkunst, Eisengießerei. Im Laufe eines Jahres hat er es mit vielen Berufen versucht, und keiner hat ihm zugesagt. Es war ihm bestimmt, früher oder später Zauberer zu werden.«
    Nach einem weiteren Schweigen sagte Strange: »Ich habe nicht gewusst, dass Lord Portishead auf Ihren Wunsch hin geschrieben hat, Sir. Vielleicht könnten Sie so gut sein und mir etwas erklären. Ich habe alle Abhandlungen Seiner Lordschaft in Die Freunde der englischen Zauberei und Der moderne Zauberer gelesen, aber nirgends wurde der Rabenkönig erwähnt. Diese Auslassung ist so auffällig, dass sie vorsätzlich sein muss.«
    Mr. Norrell nickte. »Es ist mein Ziel, dass dieser Mann so vollständig vergessen wird, wie er es verdient«, sagte er.
    »Aber, Sir, ohne den Rabenkönig gäbe es doch gewiss keine Zauberei und keine Zauberer.«
    »Das ist die allgemeine Meinung, sicher. Aber auch wenn es stimmte – und nichts liegt mir ferner, als das zuzugestehen –, so hat er doch längst jedes Recht auf unsere Hochachtung verwirkt. Denn was tat er als Erstes, als er nach England kam? Er zog gegen den rechtmäßigen König in den Krieg und stahl ihm die Hälfte seines Reichs. Und wollen Sie und ich, Mr. Strange, dass die Menschen glauben, wir hätten uns so einen Mann zum Vorbild genommen? Er wäre der Erste unserer Zunft? Wird das unserem Berufsstand Respekt verschaffen? Wird das die Minister des Königs davon überzeugen, uns zu vertrauen? Das glaube ich nicht! Nein, Mr. Strange, wenn wir es nicht bewerkstelligen, dass sein Name vergessen wird, dann ist es unsere Pflicht – Ihre und meine –, unseren Hass auf ihn bekannt zu machen. Überall unseren großen Abscheu vor seinem verdorbenen Charakter und seinen bösen Taten zu verkünden.«
    Es war nicht zu übersehen, dass die beiden Zauberer höchst unterschiedliche Ansichten und Temperamente hatten, und Arabella Strange schien zu glauben, dass es keinen Grund gab, warum sie sich noch länger zusammen in einem Raum aufhalten und sich weiterhin gegenseitig ärgern sollten. Kurz darauf verabschiedeten sie sich.
    Selbstverständlich war Mr. Drawlight der Erste, der seine Meinung über den neuen Zauberer zum Besten gab. »Nun!«, sagte er, noch bevor sich die Tür hinter Strange geschlossen hatte. »Ich weiß nicht, was Ihre Meinung ist, aber ich habe noch nie in meinem Leben so gestaunt. Von mehreren Personen wurde mir zugetragen, dass er ein gut aussehender Mann sei. Was können sie wohl gemeint haben? Mit so einer Nase und solchem Haar! Rotbraun ist eine so unberechenbare Farbe – sie ist so unvorteilhaft –, und ich bin ganz sicher, dass ich Grau darin entdeckt habe. Und doch kann er nicht älter sein als – was? – dreißig, zweiunddreißig vielleicht? Sie dagegen ist entzückend. So lebhaft. Die braunen Locken, so niedlich zurechtgemacht. Aber ich habe es zutiefst bedauert, dass sie sich nicht die Mühe gemacht hat, sich über die Mode in London zu informieren. Der geblümte Musselin, den sie trug, war gewiss recht hübsch, aber mir würde sie in etwas Eleganterem besser gefallen – zum Beispiel in waldgrüner Seide, die mit schwarzen Bändern und schwarzen Glasperlen besetzt ist. Das ist nur ein erster Vorschlag, Sie verstehen – mir fällt vielleicht etwas ganz anderes ein, wenn ich sie ein zweites Mal sehe.«
    »Glauben Sie, dass sich die Leute für ihn interessieren werden?«, fragte Mr. Norrell.
    »Aber gewiss«, sagte Mr. Lascelles.
    »Ah!«, sagte Mr. Norrell. »In diesem Fall befürchte ich sehr – Mr. Lascelles, ich wäre sehr froh, wenn Sie mir raten könnten –, ich befürchte sehr, dass Lord Mulgrave nach Mr. Strange schicken wird. Der Eifer seiner Lordschaft, Zauberei im Krieg zu nutzen -der als solcher selbstverständlich zu begrüßen ist –, hat ihn bedauerlicherweise dazu veranlasst, alle möglichen Bücher über die Geschichte der Zauberei zu lesen und sich eigene Meinungen zu bilden. Und jetzt ist er auf die Idee verfallen, dass Hexen mir dabei

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