Jonathan Strange & Mr. Norrell
lachen.
Arabella sah etwas verärgert aus. »Dafür kann ich nichts«, sagte sie. »Er hat seinen Namen nie genannt, und ich habe nie daran gedacht, ihn danach zu fragen. Aber ich bin froh, dass du es so leicht aufnimmst. Ich dachte einmal, du neigtest zur Eifersucht.«
»Daran kann ich mich nicht erinnern.«
»Wie merkwürdig. Ich erinnere mich ganz genau daran.«
»Entschuldige bitte, Arabella, aber es ist schwierig, auf einen Mann eifersüchtig zu sein, den du vor vielen Jahren kennen gelernt hast und von dem du trotzdem noch nicht weißt, wie er heißt. Er schätzt also meine Arbeit, meinst du?«
»Ja, er hat mir häufig erzählt, dass du nie weiterkommen wirst, wenn du dich nicht daranmachst, die Elfen zu erforschen. Er sagte, wahre Zauberei bestehe in der Erforschung der Elfen und der Elfenzauberei.«
»Wirklich? Er scheint ziemlich entschiedene Ansichten zu diesem Thema zu haben. Und was, bitte schön, weiß er darüber? Ist er ein Zauberer?«
»Ich glaube nicht. Er hat einmal behauptet, er habe in seinem ganzen Leben nicht ein Buch zu diesem Thema gelesen.«
»Aha! So einer ist das also«, sagte Strange verächtlich. »Er hat das Thema nie erforscht, aber schafft es, viele Theorien dazu zu entwickeln. Diese Art von Leuten treffe ich häufig. Nun, wenn er kein Zauberer ist, was ist er dann? Kannst du mir wenigstens das erzählen?«
»Ich glaube schon«, sagte Arabella hocherfreut, als habe sie gerade eine sehr schlaue Entdeckung gemacht.
Strange saß erwartungsvoll da.
»Nein«, sagte Arabella. »Ich werde es dir nicht erzählen. Du wirst mich nur wieder auslachen.«
»Wahrscheinlich.«
»Also gut«, sagte Arabella einen Augenblick später. »Ich glaube, er ist ein Prinz. Oder ein König. Auf jeden Fall hat er königliches Blut.«
»Wie in aller Welt kommst du darauf?«
»Weil er mir viel über sein Königreich und seine Schlösser und seine Herrenhäuser erzählt hat – obwohl sie alle, muss ich gestehen, sehr merkwürdige Namen haben, von denen ich noch keinen je gehört habe. Ich glaube, er ist einer der Prinzen, die Buonaparte in Deutschland oder in der Schweiz abgesetzt hat.«
»Wirklich?«, sagte Strange etwas gereizt. »Nun, vielleicht möchte er jetzt, da Buonaparte besiegt ist, wieder nach Hause zurückkehren.«
Keine dieser halbherzigen Erklärungen und Vermutungen über den Herrn mit dem Haar wie Distelwolle befriedigte ihn so recht, und er machte sich weiterhin Gedanken über Arabellas Freund. Am nächsten Tag (der letzte des Ehepaars Strange in London) suchte er, in der festen Absicht herauszufinden, wer der Kerl war, Sir Walters Büro in Whitehall auf.
Doch als Strange dort ankam, fand er nur Sir Walters geschäftigen Privatsekretär vor.
»Moorcock! Guten Morgen. Ist Sir Walter ausgegangen?«
»Er ist gerade ins Fife House 94 gegangen, Mr. Strange. Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
»Nein, ich... Nun, vielleicht. Da gibt es etwas, was ich Sir Walter ständig fragen möchte und immer wieder vergesse. Sie wissen vermutlich nicht Bescheid über den Herrn, der in seinem Haus lebt?«
»Wessen Haus, Sir?«
»Sir Walters Haus.«
Mr. Moorcock runzelte die Stirn. »Ein Herr in Sir Walters Haus? Ich kann mir nicht vorstellen, wen Sie meinen. Wie heißt er?«
»Genau das wüsste ich gern. Ich habe den Kerl noch nie gesehen, aber Mrs. Strange trifft ihn offensichtlich jedes Mal, sobald sie das Haus verlassen will. Sie kennt ihn seit Jahren, und trotzdem ist es ihr nie gelungen, herauszufinden, wie er heißt. Er muss eine etwas exzentrische Person sein, wenn er ein solches Geheimnis daraus macht. Mrs. Strange nennt ihn den Herrn mit der silbrigen Nase oder den Herrn mit der schneeweißen Haut. Oder mit irgendeinem anderen Namen dieser Art.«
Doch Mr. Moorcock sah angesichts dieser Auskunft noch verwirrter aus. »Es tut mir sehr Leid, Sir. Ich glaube nicht, dass ich ihn je gesehen habe.«
KAPITEL 40
»Darauf können Sie sich verlassen:
Es gibt keinen Ort, der so heißt.«
Juni 1815
Kaiser Napoleon Buonaparte war auf die Insel Elba verbannt worden. Dennoch hatte Seine Kaiserliche Hoheit einige Zweifel, ob ihm ein ruhiges Inselleben zusagen würde – schließlich war er es gewohnt, einen großen Teil der bekannten Welt zu regieren. Also sagte er einigen Leuten, bevor er Frankreich verließ, dass er zurückkehren werde, wenn im Frühling wieder die Veilchen blühten. Dieses Versprechen hielt er.
Sobald er französischen Boden betreten hatte, stellte er eine Armee zusammen und
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