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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue, Ihre Bekanntschaft zu machen. Mein Name, Sir, ist Drawlight.«
    »Kennen Sie Childermass?«, fragte Mr. Norrell verwirrt.
    »Ich...« Mr. Drawlight hielt inne. »Ich habe eine Person, wie ich sie eben beschrieben habe, aus Ihrem Haus kommen sehen, und ich ... Oh, Mr. Norrell. Manchmal bin ich wirklich ein Schaf. Ich habe ihn mit Ihnen verwechselt. Bitte, nehmen Sie es mir nicht übel, Sir. Denn jetzt, wo Sie vor mir stehen, sehe ich deutlich, dass er das wilde romantische Aussehen hat, das man mit Zauberern in Verbindung bringt, während Sie die meditative Aura eines Gelehrten umgibt. Lascelles, hat Mr. Norrell nicht die ernsthafte und nüchterne Ausstrahlung eines Gelehrten?«
    Der große Mann sagte ohne große Begeisterung, dass er es glaube.
    »Mr. Norrell, mein Freund Mr. Lascelles«, sagte Mr. Drawlight.
    Mr. Lascelles deutete eine Verbeugung an.
    »Oh, Mr. Norrell«, rief Mr. Drawlight. »Sie können sich die Qualen nicht vorstellen, die ich heute Abend gelitten habe, weil ich nicht wusste, ob Sie kommen würden oder nicht. Um sieben Uhr waren meine Ängste so groß, dass ich nicht anders konnte, als zum Sudhaus in der Glasshouse Street zu gehen, um mich bei Davey und Lucas zu erkundigen. Davey war sicher, dass Sie nicht kommen würden, was mich natürlich, wie Sie sich vorstellen können, in die größte Verzweiflung stürzte.«
    »Davey und Lucas!«, sagte Mr. Norrell höchst erstaunt. (Dies sind, wie Sie sich vielleicht erinnern, die Namen von Mr. Norrells Kutscher und seinem Diener.)
    »O ja!«, sagte Mr. Drawlight. »Im Sudhaus in der Glasshouse Street essen Davey und Lucas bisweilen, wie Sie wohl wissen.« Mr. Drawlight hielt gerade so lange in seinem Geplapper inne, dass Mr. Norrell murmeln konnte, er habe es nicht gewusst.
    »Ich habe meinem großen Bekanntenkreis eifrigst von Ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten erzählt«, fuhr Mr. Drawlight fort. »Ich war Ihr Johannes der Täufer, Sir, und habe Ihnen den Weg bereitet – und ich habe nicht gezögert zu erklären, dass Sie und ich gute Freunde sind, denn ich hatte von Anfang an die Vorahnung, mein lieber Mr. Norrell, dass wir Freunde werden. Und wie Sie sehen, hatte ich Recht, denn hier stehen wir und plaudern so angeregt miteinander.«
KAPITEL 5
Drawlight
Frühling bis Herbst 1807
    Früh am nächsten Morgen zitierte Mr. Norrell seinen Mann der Geschäfte, Childermass, ins Frühstückszimmer. Childermass fand seinen Meister blass und in einem Zustand nervöser Erregung vor.
    »Was ist los?«, fragte Childermass.
    »Oh!«, rief Mr. Norrell und blickte auf. »Du wagst es, mich das zu fragen! Du, der du deine Pflichten so vernachlässigt hast, dass jeder Halunke mein Haus beobachten und meine Dienstboten ausfragen kann, ohne Angst davor haben zu müssen, daran gehindert zu werden. Und Antworten bekommt er auf seine Fragen auch noch! Wozu habe ich dich angestellt, möchte ich wissen, wenn nicht, damit du mich vor solchen Dreistigkeiten beschützt?«
    Childermass zuckte die Achseln. »Ich nehme an, Sie meinen Drawlight.«
    Es folgte ein kurzes verblüfftes Schweigen.
    »Du wusstest davon?«, rief Mr. Norrell. »Guter Gott, Mann. Was hast du dir dabei gedacht? Hast du mir nicht hundertmal erzählt, dass man den Dienstboten das Klatschen verbieten muss, um meine Privatsphäre zu schützen?«
    »Gewiss doch«, erwiderte Childermass. »Aber ich fürchte, Sir, dass Sie Ihre Privatsphäre einschränken müssen. Zurückgezogenheit und Ruhe sind gut und schön in Yorkshire, aber wir sind nicht mehr in Yorkshire.«
    »Ja, ja«, sagte Mr. Norrell gereizt, »das weiß ich. Aber darum geht es nicht. Es geht viel mehr um die Frage: Was will dieser Drawlight?«
    »Er will die Auszeichnung, der erste Gentleman in London zu sein, der die Bekanntschaft eines Zauberers macht. Das ist alles.«
    Aber Mr. Norrell ließ sich seine Ängste nicht so leicht ausreden. Er rieb sich nervös die gelbweißen Hände und warf furchtsame Blicke in die schattigen Ecken des Zimmers, als argwöhnte er, dass sie weitere Drawlights beherbergten, die ihn ausspionierten. »So, wie er gekleidet war, sah er nicht aus wie ein Gelehrter«, sagte er, »aber das ist natürlich keine Garantie. Er trug keine Ringe, die auf Zauberkräfte oder Zugehörigkeit zu einer Gilde schließen ließen, aber...«
    »Ich verstehe nicht recht, was Sie meinen«, sagte Childermass. »Drücken Sie sich klarer aus.«
    »Könnte er nicht selbst irgendwelche

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