Jonathan Strange & Mr. Norrell
griffen nach dem Fuß des kleinen Mannes, als versuchten sie, ihn hineinzuziehen. In dem Moment, in dem das Wasser ihn berührte, sprang er zurück, eine Verwünschung murmelnd, doch er schien nicht bemerkt zu haben, dass etwas Ungewöhnliches passiert war, und Dr. Greysteel sagte nichts über das, was er gesehen hatte.
Das Kaffeehaus bot eine willkommene Zuflucht von der kühlen, feuchten Januarwitterung. Es war warm und rauchig – vielleicht ein wenig düster, aber die Düsternis war gemütlich. Die braun gestrichenen Wände und die Decke waren mit der Zeit und vom Tabakrauch nachgedunkelt, gewannen aber durch das Glänzen von Weinflaschen, den Schimmer von Zinnkrügen und das Funkeln glasierter Tontöpfe und goldgerahmter Spiegel einen freundlichen Anschein. Ein nasser, träger Spaniel lag auf den Kacheln vor dem Ofen. Er schüttelte den Kopf und nieste, als Dr. Greysteels Stockspitze versehentlich sein Ohr streifte.
»Ich sollte Sie warnen«, sagte Dr. Greysteel, nachdem der Kellner ihnen Kaffee und Branntwein gebracht hatte. »Über Mr. Strange sind in der Stadt alle möglichen Gerüchte in Umlauf. Die Leute sagen, er habe Hexen herbeigerufen und sich einen Diener aus Feuer gemacht. Sie werden wissen, wie Sie sich solchen Unsinn vom Leibe halten, doch es schadet nicht, darauf vorbereitet zu sein. Sie werden feststellen, dass er sich leider verändert hat. Es wäre töricht, so zu tun, als sei dies nicht der Fall. Doch im Innern seines Herzens ist er noch derselbe. All seine hervorragenden Eigenschaften, all seine Verdienste sind, was sie immer schon waren. Daran habe ich keinen Zweifel.«
»Tatsächlich? Aber sagen Sie, stimmt es, dass er seine Schuhe aufgegessen hat? Stimmt es, dass er ein paar Leute in Glas verwandelt und dann Steine auf sie geworfen hat?«
»Seine Schuhe aufgegessen?«, rief Mr. Greysteel aus. »Wer hat Ihnen so etwas erzählt?«
»Oh! Mehrere Personen – Mrs. Kendal-Blair, Lord Pope, Sir Galahad Denehey, Miss Underhill und ihre Schwester...« Der kleine Mann leierte eine lange Liste mit Namen der englischen, irischen und schottischen Damen und Herren herunter, die derzeit in Venedig und den Städten in der Umgebung residierten.
Dr. Greysteel war bestürzt. Warum schenkten Stranges Freunde lieber diesen Leuten Gehör als ihm? »Aber haben Sie denn nicht gehört, was ich soeben sagte? Das ist genau die Art von unsinnigem Geschwätz, die ich meine.«
Der kleine Mann lachte liebenswürdig. »Geduld! Geduld, mein lieber Doktor! Mein Verstand ist nicht so schnell wie der Ihre. Während Sie Ihren mit Anatomie und Chemie geschult haben, dümpelte meiner träge vor sich hin.« Er plapperte eine Weile lang davon, dass er sich nie um eine geregelte Ausbildung gekümmert habe, dass seine Lehrer an ihm verzweifelt seien und seine Talente überhaupt nicht in dieser Richtung lägen.
Doch Dr. Greysteel bemühte sich nicht mehr, ihm zuzuhören.
Er dachte nach. Ihm ging durch den Kopf, dass der kleine Mann vor einer Weile darum gebeten hatte, sich vorstellen zu dürfen, dies aber bisher versäumt hatte. Dr. Greysteel wollte sich gerade nach seinem Namen erkundigen, als der kleine Mann ihm eine Frage stellte, die alles andere aus seinem Kopf wischte. »Sie haben eine Tochter, nicht wahr?«
»Verzeihung?«
Der kleine Mann wiederholte die Frage etwas lauter, offensichtlich in der Annahme, Dr. Greysteel sei taub.
»Ja, ich habe eine Tochter, aber...«, sagte Dr. Greysteel. »Und man sagt, Sie hätten sie aus der Stadt geschickt?«
»Man! Wer ist das? Was hat meine Tochter mit der ganzen Geschichte zu tun?«
»Ach! Nur, dass man sagt, sie sei fortgegangen, kurz nachdem der Zauberer wahnsinnig wurde. Es scheint darauf hinzuweisen, dass Sie Angst haben, ihr könnte etwas zustoßen.«
»Ich nehme an, das haben Sie von Mrs. Kendal-Blair und so weiter«, sagte Dr. Greysteel. »Sie sind nichts als ein Haufen Narren.«
»Oh, vermutlich. Aber haben Sie nun Ihre Tochter fortgeschickt?«
Dr. Greysteel antwortete nicht.
Der kleine Mann legte den Kopf zuerst auf die eine, dann auf die andere Seite. Er lächelte, wie man lächelt, wenn man ein Geheimnis kennt und drauf und dran ist, die Welt damit zu überraschen. »Sie wissen natürlich«, sagte er, »dass Strange seine Frau umgebracht hat.«
»Was?« Dr. Greysteel blieb für einen Moment stumm. Dann platzte eine Art Lachen aus ihm heraus. »Das glaube ich nicht!«
»Aber Sie müssen es glauben«, sagte der kleine Mann und beugte sich vor. Seine Augen
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