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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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Kathedrale von San Marco zur Hochzeit zu zwingen, und nur vom Eintreffen eines österreichischen Soldatentrupps daran gehindert worden war; und dass er mit Lord Byron vereinbart hatte, ihre zukünftigen Gattinnen und Geliebten miteinander zu teilen. Drawlight erzählte jede Lüge über Strange, die ihm einfiel, doch seine Erfindungskünste waren nicht besonders groß, und er war froh, sich an jedem kleinen, halbherzigen Gerücht, jedem im Kopf seiner Informanten halb zusammengesponnenen Gedanken festhalten zu können.
    Ein gondoliere stellte ihm die Frau eines Tuchhändlers vor, Marianna Segati – Byrons Geliebte. Mit Hilfe eines Dolmetschers machte Drawlight ihr eine Unmenge Komplimente und vertraute ihr empörende Geheimnisse über vornehme Damen in London an, die, so versicherte er ihr, nicht im Entferntesten so hübsch wären wie sie. Sie erzählte ihm, dass Strange, Lord Byron zufolge, in seinem Zimmer blieb, Wein und Branntwein trank und Zaubersprüche vollführte. Nichts davon war besonders interessant, doch sie erzählte Drawlight das bisschen, was sie über den Zauberer in Lord Byrons Gedicht wusste; wie er mit bösen Geistern verkehrte und sich den Göttern und der ganzen Menschheit widersetzte. Drawlight fügte diese Erfindungen gewissenhaft seinem Lügengebäude hinzu.
    Doch unter allen Einwohnern Venedigs gab es einen, den Drawlight sich am dringendsten als confidante wünschte: Frank. Dr. Greysteels Beschimpfungen hatten an ihm genagt, und es wäre die beste Rache, so hatte er bald beschlossen, Greysteels eigenen Diener zum Verräter zu machen. Also sandte er einen Brief an Frank, in dem er ihn in ein kleines Weinlokal in San Polo einlud. Er war einigermaßen überrascht, als Frank zusagte.
    Zur vereinbarten Stunde traf Frank ein. Drawlight bestellte einen Krug billigen Rotweins und schenkte beiden ein großes Glas ein.
    »Frank?«, hob er in einer weichen, versonnenen Stimme an. »Neulich sprach ich mit deinem Herrn – wie du vermutlich weißt.
    Er scheint ein ziemlich strenger alter Bursche zu sein – so gar nicht freundlich. Ich hoffe, du fühlst dich wohl in deiner Position, Frank? Ich erwähne es nur, weil ein guter Freund von mir namens Lascelles erst neulich sagte, wie schwierig es ist, in London gute Dienstboten zu finden, und wenn ihm nur irgendjemand helfen könnte, einen guten Diener zu finden, dann, so meinte er, würde er fast jeden Betrag zahlen.«
    »Ach!«, sagte Frank.
    »Würdest du gern in London leben, Frank?«
    Frank zeichnete mit etwas verschüttetem Wein nachdenklich Kreise auf dem Tisch. »Gut möglich«, sagte er.
    »Denn«, fuhr Drawlight eifrig fort, »wenn du mir einen oder zwei Gefallen erweisen könntest, dann könnte ich meinem Freund von deiner Hilfsbereitschaft erzählen, und ich bin mir sicher, er würde sofort sagen, dass du der Mann für ihn bist.«
    »Welche Art von Gefallen?«, fragte Frank.
    »Nun, der erste ist die leichteste Angelegenheit der Welt. Ja, sobald ich dir erzählt habe, worum es sich handelt, wirst du es unbedingt machen wollen – selbst wenn es keine Belohnung gäbe. Weißt du, Frank, ich befürchte, deinem Herrn und seiner Tochter wird bald etwas Entsetzliches zustoßen. Der Zauberer möchte ihnen schrecklichen Schaden zufügen. Ich habe versucht, deinen Herrn zu warnen, aber er ist störrisch und wollte nicht auf mich hören. Ich kann kaum noch schlafen, wenn ich daran denke. Ich verfluche meine Dummheit, dass ich mich nicht besser ausdrücken konnte. Doch dir vertrauen sie, Frank. Du könntest ein paar Hinweise über Stranges Verderbtheit fallen lassen – nicht gegenüber deinem Herrn, sondern gegenüber seiner Schwester und seiner Tochter – und dafür sorgen, dass sie auf der Hut sind.« Dann klärte Drawlight ihn über den Mord an Arabella Strange auf und über den Pakt mit Byron, ihre Frauen miteinander zu teilen.
    Frank nickte aufmerksam.
    »Wir müssen uns vor dem Zauberer in Acht nehmen«, sagte Drawlight. »Die anderen lassen sich von seinen Lügen und seiner List einwickeln – besonders dein Herr. Daher ist es unerlässlich, dass du und ich all unsere Intelligenz zusammennehmen, um der Welt seine üblen Pläne zu enthüllen. Nun, Frank, sag mir, hast du irgendetwas bemerkt, irgendein Wort, das der Zauberer zufällig fallen ließ, überhaupt irgendetwas, was deinen Verdacht erregt hat?«
    »Nun, jetzt, wo Sie es erwähnen«, sagte Frank und kratzte sich am Kopf. »Da gibt es eine Sache.«
    »Wirklich?«
    »Ich habe niemandem sonst

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