Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
Vom Netzwerk:
weiterhin das Silber, unterwies weiterhin die Diener im service a la française , er mahnte weiterhin die Köche, bestellte weiterhin Blumen, Wäsche, Messer und Gabeln und kümmerte sich weiterhin um die tausend kleinen Dinge, die man benötigte, um das Haus und die Dienstboten auf den wichtigen Tag vorzubereiten, an dem das prunkvolle Abendessen stattfinden sollte.
    Als der Tag endlich kam, war alles so prächtig, wie man es von Stephens Findigkeit erwarten konnte. Vasen voller Gewächshausrosen waren im Salon, im Speisezimmer aufgestellt und säumten das Treppenhaus. Der Esstisch war mit einem schweren weißen Damasttuch gedeckt und strahlte in dem Glanz, den Silber, Glas und Kerzenlicht aufboten. Zwei große venezianische Spiegel hingen an der Wand, und auf Stephens Anweisungen hin hatte man sie einander gegenübergehängt, so dass ihr Widerschein das Silber und die Gläser und die Kerzen verdoppelte und verdreifachte und versechsfachte, und als die Gäste sich schließlich an den Tisch setzten, schienen sie sich langsam in dem schimmernden goldenen Licht aufzulösen wie die Seligen in der himmlischen Herrlichkeit.
    Der Wichtigste unter den Gästen war Mr. Norrell. Was für ein Unterschied das war zu seiner frühen Zeit in London! Damals wurde er ignoriert – er war ein Niemand. Nun saß er unter den bedeutendsten Persönlichkeiten des Landes und wurde von ihnen hofiert! Die anderen Gäste richteten ständig Bemerkungen und Fragen an ihn und waren offensichtlich hingerissen von seinen knappen, schmucklosen Antworten: »Ich weiß nicht, wen Sie meinen.« Oder: »Ich hatte nicht das Vergnügen der Bekanntschaft mit diesem Herrn.« Oder: »Ich war noch nie an dem Ort, den Sie eben erwähnten.«
    Ein Teil von Mr. Norrells Konversation – der unterhaltsamere Teil – wurde von Mr. Drawlight und Mr. Lascelles bestritten. Sie saßen neben ihm und verbreiteten eifrig seine Meinung über die moderne Magie. Zauberei war an diesem Abend eines der beliebtesten Themen. Da die Gäste sich zugleich in Gesellschaft von Englands einzigem Zauberer und dem berühmtesten Subjekt seiner Zauberei befanden, konnten sie an nichts anderes denken und über nichts anderes reden. Sehr bald begannen sie eine Diskussion über die zahlreichen Geschichten von vermeintlich erfolgreichen Zaubersprüchen, die als Folge von Lady Poles Auferstehung überall im Land wie Pilze aus dem Boden schossen.
    »In jeder Provinzzeitung erscheinen zwei oder drei Berichte«, sagte Lord Castlereagh. »Im Bath Chronicle las ich neulich von einem Mann namens Gibbons aus der Milsom Street, der nachts aufwachte, weil er hörte, wie Diebe in sein Haus einbrachen. Anscheinend besaß dieser Mann eine große Bibliothek mit Büchern über Zauberei. Er versuchte es mit einem Spruch, den er kannte, und verwandelte die Einbrecher in Mäuse.«
    »Wirklich?«, sagte Mr. Canning. »Und was geschah mit den Mäusen?«
    »Die sind alle in Löcher in der Vertäfelung gerannt.«
    »Ha!«, sagte Mr. Lascelles. »Glauben Sie mir, mein Lord, da war kein Zauber im Spiel. Gibbons hörte ein Geräusch, befürchtete, dass es sich um Einbrecher handelte, sagte seinen Spruch auf, öffnete die Tür und fand – keine Einbrecher, sondern Mäuse. Die Wahrheit ist, dass es von Anfang an Mäuse waren. All diese Geschichten stellen sich am Ende als falsch heraus. In Lincoln gibt es einen unverheirateten Geistlichen namens Malpas und seine Schwester. Sie haben es sich zu Eigen gemacht, angebliche Fälle, in denen Zauberei im Spiel war, genauer zu untersuchen, und bisher haben sie noch nirgends ein Körnchen Wahrheit gefunden.«
    »Sie bewundern Mr. Norrell so sehr, dieser Geistliche und seine Schwester«, fügte Mr. Drawlight begeistert hinzu. »Sie sind so entzückt, dass ein solcher Mann aufgetaucht ist, um die edle Kunst englischer Zauberei wiederzubeleben! Sie ertragen es nicht, dass andere Leute Lügen erzählen und sich anmaßen, seine großartigen Taten nachzuahmen! Sie hassen es, wenn andere Leute versuchen, sich auf Mr. Norrells Kosten wichtig zu tun! Sie empfinden das als persönliche Beleidigung! Mr. Norrell war so freundlich, ihnen einige unfehlbare Hilfsmittel zukommen zu lassen, mit denen man die Falschheit dieser Ansprüche ohne jeden Zweifel beweisen kann, und Mr. Malpas und Miss Malpas fahren nun mit ihrer kleinen Kutsche durchs Land, um diesen Betrügern das Handwerk zu legen.«
    »Ich glaube, Sie sind zu nachsichtig mit Gibbons, Mr. Las-celles«, sagte Mr. Norrell in seiner

Weitere Kostenlose Bücher