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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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pedantischen Art. »Es ist nicht sicher, ob hinter seinen falschen Behauptungen nicht böse Absicht steckte. Zumindest log er in Bezug auf seine Bibliothek. Ich habe Childermass hingeschickt, um sie anzusehen, und Childermass sagt, dort gebe es nicht ein Buch, das aus der Zeit vor 1760 stammt. Wertlos! Absolut wertlos!«
    »Dennoch müssen wir hoffen«, sagte Lady Pole zu Mr. Norrell, »dass der Geistliche und seine Schwester bald einen Zauberer mit echten Fähigkeiten entdecken – jemand, der Ihnen helfen kann, Sir.«
    »Aber es gibt niemanden!«, rief Drawlight aus. »Überhaupt niemanden! Sehen Sie, um seine außergewöhnlichen Taten zu verrichten, schloss Mr. Norrell sich jahrelang ein und las Bücher. Leider kommt es äußerst selten vor, dass jemand sich so fleißig den Interessen des eigenen Landes widmet! Ich versichere Ihnen, es gibt keinen anderen!«
    »Aber der Geistliche und seine Schwester dürfen ihre Suche nicht aufgeben«, mahnte die Lady. »Ich weiß aus meinem eigenen Fall, wie viel Mühe und Arbeit mit einem einzigen Zauberakt verbunden ist. Denken Sie nur, wie wünschenswert es wäre, dass Mr. Norrell einen Gehilfen hätte.«
    »Wünschenswert, doch unwahrscheinlich«, sagte Mr. Lascelles. »Die Malpas haben nichts gefunden, was darauf hinweist, dass eine solche Person existiert.«
    »Aber Ihrer eigenen Darstellung zufolge haben sie nicht danach gesucht«, sagte Lady Pole. »Ihr Ziel war es, falschen Zauber zu entlarven, und nicht, neue Zauberer zu suchen. Da sie ohnehin in ihrer Kutsche herumfahren, wäre es für sie ein Leichtes, Erkundigungen einzuziehen, wer Zauberei betreibt und wer über eine Bibliothek verfügt. Ich bin mir sicher, dass ihnen diese zusätzliche Mühe nichts ausmachen würde. Sie wären entzückt, wenn sie Ihnen helfen könnten, Sir.« (Dies an Mr. Norrell gewandt.) »Und wir wollen alle hoffen, dass sie bald Erfolg haben, denn ich könnte mir vorstellen, dass Sie sich ein wenig einsam fühlen.«
    Nach einer angemessenen Frist wurde der größte Teil der etwa fünfzig Speisen als gegessen betrachtet, und die Diener räumten die Reste ab. Die Damen zogen sich zurück, und die Herren wurden mit Portwein und Zigarren allein gelassen. Doch die Herren fanden, dass sie sich in ihrer eigenen Gesellschaft weniger gut unterhielten als gewöhnlich. Dem, was sie über die Zauberei zu sagen hatten, war nichts mehr hinzuzufügen. Sie hatten keinen Spaß am Klatsch über gemeinsame Bekannte, und selbst Politik schien ein wenig langweilig zu sein. Kurz: Sie hatten das Gefühl, sie sollten wieder das Vergnügen haben, Lady Pole anzusehen, deswegen sagten sie zu Sir Walter – statt ihn zu fragen –, dass er seine Frau vermisse. Er verneinte dies. Doch das wurde als unmöglich abgetan; es war allgemein bekannt, dass frisch verheiratete Herren ohne ihre Frauen nie besonders glücklich waren; die kürzeste Abwesenheit konnte die Sinne eines jungen Ehemannes trüben und seine Verdauung beeinträchtigen. Sir Walters Gäste fragten einander, ob sie fänden, dass er schlecht gelaunt aussehe, und sie waren einhellig der Meinung, dass dem so war. Er leugnete es. Ah, er war tapfer und biss die Zähne zusammen, nicht wahr? Sehr gut. Aber der Fall war ganz offensichtlich hoffnungslos. Sie würden sich seiner erbarmen und sich zu den Damen gesellen.
    Von einer Ecke an der Anrichte aus beobachtete Stephen Black, wie die Herren sich entfernten. Drei Diener – Alfred, Geoffrey und Robert – blieben im Zimmer.
    »Sollen wir den Tee servieren, Mr. Black?«, fragte Alfred unschuldig.
    Stephen Black hob einen schlanken Finger zum Zeichen, dass sie bleiben sollten, wo sie waren, und runzelte die Stirn, um ihnen zu bedeuten, still zu sein. Er wartete, bis er sicher war, dass die Herren außer Hörweite waren, dann rief er aus: »Was um alles in der Welt war denn heute mit allen los? Alfred! Ich weiß, du warst noch nicht häufig in solcher Gesellschaft wie heute Abend, aber das ist kein Grund, deine ganze Ausbildung zu vergessen. Deine Dummheit hat mich erstaunt.«
    Alfred murmelte eine Entschuldigung.
    »Lord Castlereagh bat dich um Rebhuhn mit Trüffeln . Ich habe ihn ganz deutlich gehört. Und du hast ihm ein Erdbeergelee gebracht. Was hast du dir dabei gedacht?«
    Alfred sagte etwas Unverständliches, aus dem lediglich das Wort »erschrocken« herauszuhören war.
    »Du hast dich erschrocken? Worüber?«
    »Ich glaubte, ich hätte eine seltsame Figur hinter dem Stuhl Ihrer Ladyschaft stehen

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