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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
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Gesicht wich alle Fröhlichkeit einem sehr fremden Ausdruck. Als Kialan diese Miene sah, verkrampfte er sich merklich. »Also kennst du Ganner?«, fragte Clennen.
    »Nein, natürlich kenne ich ihn nicht!«, rief Kialan. »Woher sollte ich ihn auch kennen? Ich glaube nicht mal, dass es ihn gibt!«
    »O doch, es gibt ihn«, erwiderte Clennen. »Und ich bin mir sicher, dass du ihn nicht kennst. Trotzdem hast du Recht: Diesen Monat habe ich Ganner dreimal gesehen und ihn nicht erkannt.« Er lachte wieder, und Kialan entspannte sich beträchtlich. »Nicht gerade ein Gesicht, das aus einer Menge heraussticht«, sagte er. »Was, Lenina?«
    »Wohl nicht«, stimmte Lenina ihm zu und fuhr fort, in aller Gemütsruhe Wurst aufzuschneiden.
    »Aber du hast ihn sehr wohl erkannt, oder?«, redete Clennen weiter. »In Derent, auf der Straße und dann wieder in Creding?«
    »Nicht ehe er mir sagte, wer er sei«, entgegnete Lenina ungerührt.
    Plötzlich wirkte die Situation zehnmal schlimmer als vorher. Während des ganzen Mittagessens betrachtete Clennen Lenina angespannt und besorgt. Anscheinend wartete er darauf, dass sie etwas sagte, und zwang sich gleichzeitig, sehr viele Dinge unausgesprochen zu lassen. Lenina aber sagte kein Wort. Sie schwieg so nachdrücklich, dass ihre Stille wie Schwüle in der Luft zu hängen schien. Es war abscheulich. Die anderen stocherten voll Unbehagen im Essen, und es wurde kaum gesprochen. Kialan sagte gar nichts. Selbst Brid bemerkte, dass er sich Vorwürfe machte, diese Situation heraufbeschworen zu haben, und nach Monis Ansicht hatte er dazu auch allen Grund.
    Nachdem sie zu Ende gegessen und alles in den Wagen gepackt hatten, fuhren sie unter dem gleichen lastenden Schweigen weiter. Am Ende konnte Clennen es nicht mehr ertragen.
    »Lenina«, sagte er, »du bereust doch nicht alles, oder? Wenn du anders leben willst – wenn du lieber bei Ganner sein willst –, dann sag es mir, und ich lenke Olob auf der Stelle nach Markind.«
    Moril keuchte. Brid, tränenüberströmt, sperrte den Mund auf. Sie blickten Clennen an und entdeckten, dass es ihm damit sehr ernst zu sein schien. Sie wandten sich Lenina zu und erwarteten, dass sie lachte. Das war doch so albern. Lenina war ebenso Teil ihres Lebens wie Olob oder der Wagen. Doch weder lachte Lenina, noch sagte sie etwas. Nicht nur Brid und Moril, sondern auch Dagner, Kialan und Clennen blickten sie mit zunehmender Sorge an.
    Schließlich erreichten sie eine Weggabelung. Eine Abzweigung führte nach Westen, und auf dem Meilenstein stand: MARKIND 10. »Soll ich hier einbiegen?«, fragte Clennen.
    Lenina fuhr ungehalten auf. »Aber nein«, sagte sie. »Clennen Mendakersohn, du musst wirklich ein großer Narr sein, wenn du so etwas von mir denkst.«
    Clennen brach in ein erleichtertes Gelächter aus. Er schüttelte die Zügel, und Olob trottete an der Abzweigung vorbei. »Ich muss sagen«, meinte er noch immer lachend, »ich wüsste auch nicht, warum du Ganner mir vorziehen solltest. Er könnte nicht die Lieder dichten, die ich dir geschrieben habe, und wenn sein Leben davon abhinge.«
    »Warum denkst du dann, ich könnte so denken?«, fragte Lenina kühl. Der Streit war noch nicht vorüber.
    »Nun«, räumte Clennen unbeholfen an, »wegen dem Geld und so. Außerdem bist du zu diesem Leben erzogen worden.«
    »Ich verstehe«, sagte Lenina. Eine halbe Stunde lang herrschte wieder Schweigen, und man hörte nur Olobs Hufschlag und das leise Rumpeln des Wagens. Kialan konnte es am Ende nicht mehr ertragen. Er stieg aus und ging voran, wobei er trotzig den ›Zweiten Marsch‹ pfiff. Die anderen blieben mit hängenden Köpfen sitzen und wünschten sich, Lenina würde wieder Frieden schließen. Schließlich sagte sie: »Ach, Clennen, hör doch auf, dazusitzen und mich anzugucken wie ein Hündchen! Ich breite doch nicht die Flügel aus und schwirre davon, oder? Zum Glück hat Olob mehr Verstand als du, sonst lägen wir schon längst im Straßengraben.«
    Damit schien der Streit beigelegt zu sein. Nach kurzer Zeit lachte und redete Clennen wieder. Und wenn Lenina schwieg, so schwieg sie auf ihre gewohnte Art, die jeder kannte. Brid und Moni stiegen ebenfalls aus dem Wagen, allerdings hielten sie sich von Kialan fern. Brid war noch immer sehr böse auf ihn.
     

4.
    In der Nacht kampierten sie in einem der kleinen Täler, von denen es in Markind so viele gab. Die Hänge ringsum waren bewaldet, und die Talsohle bedeckte eine grüne Wiese mit einem kleinen, friedlichen

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