Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
Vom Netzwerk:
aber er sah traurig aus, und er schwitzte sehr stark.
    »Armer Kerl«, sagte Moril traurig. »Ja, mir ist es auch zu warm. So ist es eben in einem Haus.«
    Je länger der Nachmittag sich hinzog, desto wärmer wurde es Moril. Zwischen Mauern eingesperrt zu sein, bedrückte ihn so sehr, dass er überlegte, ob er hinausgehen und die Stadt erkunden sollte. Nur hatte Markind keineswegs den Wunsch in ihm geweckt, mehr davon zu sehen. Er schlenderte wieder zu den Stallungen und gelangte schließlich in einen Garten. Dort traf er Brid. Sie musste das Gleiche empfinden, denn sie hatte ihre kirschroten Stiefel ausgezogen, sich an den Goldfischteich gesetzt und die Füße ins Wasser gestellt.
    Sie tauschten ein trauriges, höfliches Lächeln, dann ging Moril in den zweiten Garten weiter. Hinter sich hörte er Ganners Stimme.
    »Mein liebes kleines Mädchen, du holst dir ja den Tod! Bitte trockne dir die Füße ab und zieh die Stiefel wieder an. Deine Mutter wird sich Sorgen machen!«
    Moril bemitleidete Brid. Plötzlich aber fühlte er noch tieferes – verzweifelteres – Mitleid für sich selbst. Er musste von hier fort – hinaus ins Freie. Er blickte sich wild um, nach oben, überallhin. Und als er die kräftige Kletterpflanze erblickte, die an der mächtigen gelben Hauswand hinaufrankte, kam ihm eine Idee. Er klammerte sich an der Pflanze fest und begann daran hinaufzuklettern.
    Bis auf das allerletzte Stück war es sehr leicht, aufs Dach zu kommen; nur ganz oben musste er einen langen Schritt machen und mit einem raschen Sprung über lockeres Mauerwerk hinwegsetzen. Dann stand er auf dem breiten Bleidach. Hier war es großartig. Moni blickte sich um – über die Stadt, auf das Tal hinaus und zu den Tälern, die dahinter lagen. Er drehte sich nach Norden und starrte sehnsüchtig auf die nebligen blauen Bergspitzen, auf die er sich so gefreut hatte und zu denen Kialan, dieser Glückspilz, bald aufbrechen würde. Aber davon wurde er schwermütig. Deshalb begann Moni, über die Dachplatten zu springen und an den Kaminen herumzuklettern. Er umging Höfe und blickte in die Gärten hinunter. Dann eilte er über einen schmalen Grat zu einem anderen Gebäudeflügel und blickte in einen Innenhof, den er noch nicht kannte.
    Und in diesem Hof stand Ganner und sah entsetzt gestikulierend zu ihm hoch. »Komm da herunter! Komm da sofort herunter!«
    Moril blickte sich um und fand ein Abflussrohr aus Blei, daneben mehrere Fenster, an denen er mühelos hinunterklettern konnte. Gehorsam schwang er die Beine über die Dachkante.
    Ganner hielt ihn mit einem heiseren Schrei auf. »Nein! Halt! Willst du dir denn den Hals brechen? Warte!« Er rannte davon und kam eilends mit einer Reihe von Männern zurück, die eine lange Leiter trugen. Ihnen eilten eine Schar entsetzter Zofen hinterher und die alte Amme.
    »Mein Entchen! Ach, mein Entchen!«, jammerte sie und rang sich die Hände.
    Moril saß kummervoll auf dem Dachgesims, schlenkerte mit den Beinen und sah zu, wie die Menschenmenge aufgeregt mit der Leiter hantierte. Nun wusste er, was mit Ganner nicht stimmte: Er musste sich in alles einmischen.
    Schließlich knallte endlich die Leiter an die Wand neben ihm. »Komm jetzt herunter«, rief Ganner. »Sei ganz vorsichtig.«
    Moril seufzte und stieg auf die Leiter. Aus reiner Halsstarrigkeit kletterte er besonders langsam hinab. Er beschloss, zu Ganner zu sagen, sobald er dicht genug bei ihm war: ›Aber du hast gesagt, ich dürfe gehen, wohin ich will.‹ Als er glaubte, weit genug unten zu sein, um die Entgegnung am wirkungsvollsten einzusetzen, drehte er sich um und öffnete den Mund.
    Durch eine Tür trat gerade in diesem Moment ein Mann in den Hof – ein blonder Mann mit blassen, wenig Vertrauen erweckenden Augen. Als er Moril gute vier Mannslängen über sich auf der Leiter erblickte, blieb er kurz stehen. Moril starrte ihn an. Achselzuckend ging der Mann zu Ganner und sagte etwas. Ganner antwortete ihm. Der Mann zuckte noch einmal mit den Schultern, sagte noch ein paar Worte, dann drehte er sich um und verließ den Hof.
    Moril vergaß völlig, was er hatte sagen wollen. Stattdessen fragte er, kaum dass er am Boden war: »Wer war der Mann, der gerade hier war? Der blonde Mann, der mit dir gesprochen hat?«
    Ganner wirkte unruhig – so unruhig, dass es Moril die Brust zuschnürte. Ihm wurde übel. »Ach, das … ein Gast«, antwortete Ganner. »Also, auf keinen Fall steigst du jemals wieder auf das Dach! Es ist sehr hoch, und die

Weitere Kostenlose Bücher