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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
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Schreiber forderte Moril nach einer schrecklichen Pause auf, sich an das andere Ende des langen Saals zu setzen. Moril gehorchte, setzte sich auf einen harten, abgeschabten Hocker neben der Tür und sah den beiden zu, wie sie sich mit leiser Stimme berieten. Hinter der Tür schritt jemand auf und ab, sodass er nichts von dem hören konnte, was gesagt wurde, obwohl er glaubte, dass Ganners Name mehr als einmal fiel. Schließlich riefen sie ihn an den Tisch zurück.
    »Wir werden dich gehen lassen, Junge«, sagte der jüngere Mann. »Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass du nichts über diese Sache weißt.«
    »Danke«, sagte Moril. »Darf ich jetzt meinen Bruder sehen?«
    Der jüngere Mann funkelte ihn an und wollte die Bitte wohl ablehnen. Doch da sagte der Richter voll Unmut: »Schon gut, schon gut. Ich habe versprochen, dass du ihn sehen darfst, wenn du meine Fragen beantwortest. Ich möchte nicht, dass du von hier fortgehst und uns für ungerecht hältst.«
    Moril dachte, dass Brid ihm gewiss eine passende Antwort gegeben hätte. Er hielt den Mund, aber ganz leicht fiel es ihm nicht.
     

8.
    Der Mann, der Moril schon einmal abgeholt hatte, kehrte zurück und führte ihn eine Treppe hinunter. Sie kamen zu einem großen, halbdunklen Raum, der von mehreren Türposten bewacht wurde. Mitten darin standen zwei Reihen Bänke mit zwei Ellen Abstand zueinander. Darauf saßen sich jeweils zwei Menschen gegenüber; zwischen diesen Gruppen blieb ein breiter Zwischenraum. Auf der Bank, die weiter von der Tür entfernt war, saßen die Häftlinge, das erkannte Moril gleich, denn alle sahen schmutzig, düster und niedergeschlagen aus. Die Köpfe trugen sie gesenkt zwischen hochgezogenen Schultern. Moril hatte einmal einen Tanzbär gesehen, und das arme Tier hatte sich genauso gehalten. Auf der anderen Bank saßen die Besucher, die munterer und unruhiger waren. Die Wärter schienen allgegenwärtig zu sein und streiften gelangweilt umher. Zumeist galten die scheuen Blicke der Besucher ihnen. Das Geräusch scharrender Füße und gedämpfte Unterhaltungen erfüllten den Raum.
    Der Mann befahl Moril, sich auf die vordere Bank zu setzen. Nach einer Weile brachten zwei Wärter Dagner durch die Tür in der gegenüberliegenden Wand. Dagner sah schon genauso schmutzig und niedergeschlagen aus wie die anderen Häftlinge. Zwischen den Wärtern wirkte er unerwartet klein. Moril hatte ihn größer in Erinnerung.
    Sie führten Dagner zu der Bank, und er setzte sich Moril gegenüber. »Ihr habt zehn Minuten«, sagten die Wärter. Dann ließen sie die Brüder allein. Moril schluckte. Er wusste nicht, womit er beginnen sollte.
    »Einen Moment«, sagte Dagner. »Schau hinter mich und sag mir, ob du jemanden siehst, der hören könnte, was wir reden.«
    Moril tat wie geheißen. Der nächste Wärter stand ein gutes Stück entfernt und sprach mit einem anderen. »Nein. Sie sind wenigstens zwei Wagenlängen weit weg.« Dann wollte er sich umdrehen und nachsehen, ob jemand hinter ihm stand.
    »Sitz still, du Narr!«, wisperte Dagner. »Ich sehe doch, dass hinter dir niemand ist.«
    »Dann ist es gut«, sagte Moril. »Ich habe den Richter gesprochen und ihm gesagt, dass alles ein Irrtum ist. Sie können doch nicht glauben, dass du wirklich ungesetzliche Nachrichten weitergegeben hast, oder? Es ist schließlich nicht wahr.«
    »Doch, es ist wahr«, entgegnete Dagner. »Ich hab’s getan.«
    Moril starrte ihn fassungslos an.
    »Vater hat mich darum gebeten«, erklärte Dagner. »Ich musste einem unserer Männer hier eine Nachricht und etwas Geld überbringen. Ich fürchte, ich habe mich nicht gut geschlagen«, sagte er traurig. »Ich war mir nicht sicher … – jedenfalls glaube ich, ich habe alles dem Spion gegeben. Und wenn ich daran denke, wie erleichtert ich war, als ich alles abgegeben hatte, dann… Naja, was soll ich noch darüber nachdenken?«
    »Dagner, sie werden dich dafür aber aufhängen!«, rief Moril zutiefst entsetzt.
    »Glaubst du etwa, ich wüsste das nicht?«, entgegnete Dagner unwirsch. »Immer noch kein Lauscher hinter mir?«
    »Nein«, sagte Moril. »Dagner, das ist doch nicht wahr, oder? Du machst Witze.«
    »Nach Scherzen ist mir nicht zumute, Moril. Wenn du mir nicht glauben willst, dann sieh dir diesen Weinkrug mal näher an – es sei denn, sie haben den Wagen schon durchsucht. Aber eigentlich ist das gar nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass ihr Kialan in den Norden schaffen müsst. Brid und du, ihr müsst sofort weiterfahren

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