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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
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näher an, die Dagner gekauft hatte. »Was soll ich denn mit so viel Mehl anfangen?«, rief sie entrüstet. »Und wir haben kein einziges Ei!«
    Es sah zwar ganz danach aus, als hätte Dagner so viele Lebensmittel kaufen wollen, dass sie bis zum Norden reichten, ohne allerdings darüber nachzudenken, was sinnvoll wäre, wie Brid bedauernd feststellte. Denn seine einzigen nützlichen Erwerbungen waren die Speckseite und ein großer Laib Käse. Zu den weniger nützlichen Käufen gehörten Linsen, Kerzen und ein großer Bund Rhabarber.
    »Seht euch das an!«, rief Brid und schwenkte den Rhabarber. »Was hat er sich nur dabei gedacht?«
    »Geldverschwendung«, stimmte Kialan ihr zu. »Hat er alles ausgegeben, was ihr verdient hattet?«
    »Ja«, sagte Brid. »Jeden Pfennig. Und er hat nicht ein Stück Brot gekauft.«
    Sie aßen ein eher eigenartiges Abendbrot aus gebratenem Speck, Käse und dem Ergebnis des Versuchs, Pfannkuchen nur aus Mehl und Wasser herzustellen. Nachdem Brid einen davon angebissen hatte, warf sie den Rest in die Bratpfanne mit dem Speck. Kialan meinte, dass geschmolzener Käse den Geschmack vielleicht verbessern könne. Trotzdem hatten sie danach noch so großen Hunger, dass jeder von ihnen die Mahlzeit mit einer großen Portion Rhabarbermus abschloss; zum Glück hatte Lenina etwas Zucker im Wagen gelassen.
    Danach fühlte sich Moril besser. Er stand auf, holte den Eimer und säuberte den Wagen sorgfältig. Der Wagen war sehr staubig und wirkte ungepflegt; man konnte den Eindruck gewinnen, er verberge etwas. Während der Arbeit dachte Moril an Dagner. Er fragte sich, was sein Bruder im Gefängnis zu essen bekam und wie lange es wohl dauerte, bis man ihn vor Gericht stellte und henkte. Oder zählte schon das Verhör durch den Richter als Gerichtsverhandlung? Moril fürchtete es fast. Wieder fragte er sich, was Dagner ausgesagt haben mochte, als man ihn verhörte. Dagner hatte also versucht, Clennens Wirken auf seine eigene Weise fortzusetzen. Das war nicht klug gewesen. Dagner musste angespannt und heimlichtuerisch gewirkt haben, und dann hatte er einen verhängnisvollen Fehler begangen. Andererseits war Dagner von Clennen so verschieden, dass er wahrscheinlich gar nicht anders hatte handeln können. Moril überlegte, dass er selbst nun in Clennens Fußstapfen trat. Wie klug war dieser Entschluss? Auch er war ein ganz anderer Mensch als Clennen. Wem aber ähnelte er? Vermutlich würde er das früher oder später herausfinden müssen, und danach musste er die Dinge in der Weise angehen, die seiner Persönlichkeit am besten entsprach.
    Brid und Kialan wuschen ab. Kialan sah völlig erschöpft aus, und Brid kämpfte mit den Tränen. Ärgerlich wischte sie sie mit dem sauberen Rücken ihrer fettigen Hand fort. Beide taten sie so, als seien sie fröhlich.
    »Glaubt ihr, es schmeckt besser, wenn man vorher den Käse mit dem Mehl mischt?«, fragte Brid.
    »Was ist mit Rhabarber? Bei uns zu Hause brät man Apfelstücke in Pfannkuchenteig.«
    »Mit Rhabarber?«, fragte Brid. »Igitt! Wenn ich Dagner in die Hände kriege, dann …« wieder wischte sie sich Tränen ab und rief munter: »Aber er wird schon seine Gründe gehabt haben!«
    Moril goss das Schmutzwasser weg und überlegte, ob es in ganz Dalemark drei unglücklichere Menschen gab. Kialan lebte in dem Wissen, dass er nicht nur für sich, sondern auch für seine Gefährten eine Gefahr bedeutete. Die Landung in Holand musste ein einziger Albtraum gewesen sein. Seitdem war sein Leben eine einzige spannungsgeladene Flucht, eine Flucht, die noch nicht vorüber war. Und was Brid und Moril betraf, so hatten sie zusehen müssen, wie ihre Familie dahinschwand, bis nur noch sie beide übrig waren. Auch Kialan hatte Dagner gemocht – viel mehr, als Moril klar gewesen war.
    Moril hielt in einem Seufzer des Selbstmitleids inne. Nein. Als sie letztes Jahr sicher im Norden angelangt waren, hatte Clennen ihnen einiges über die Ereignisse erzählt, die im Süden vor sich gingen. Ganze Familien waren dort verhaftet worden. Die Älteren hatte man gehenkt, und Kinder, die noch jünger waren als Moril, standen plötzlich mittellos ganz allein auf der Welt da. Aus Furcht, ebenfalls verhaftet zu werden, wagte es niemand, ihnen zu helfen. Clennen hatte erzählt, dass Henda in aller Seelenruhe die Steuern verdoppelte und alle, die sie nicht zahlen konnten von ihrem Land, vertrieb und elendig verhungern ließ. Der alte Tholian ließ einen Greis mit Hunden hetzen, weil der nicht

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