Jones, Diana Wynne
sehr für Mitt, dass er damit das Unbehagen völlig verjagte. Jeder bekam noch ein Glas Arris – Mitt goss seinen Schnaps heimlich in Aldas Glas –, dann durften Hobin und er gehen.
»Aber ich komme mir wirklich schlecht dabei vor«, sagte Mitt zu Milda. »Als müsste ich ihnen wenigstens sagen, dass wir an das Schießpulver kommen müssen.«
»Warum hast du es ihnen nicht gesagt?«, entgegnete Milda. »Dideo weiß, wie man Bomben baut. Es kann doch nicht schaden, sie um Hilfe zu bitten.«
»Du meinst also, wir sollen die Freien Holander wirklich daran beteiligen?«, fragte Mitt. Ihm erschien es als eine sehr gute Idee.
Leider kam in diesem Augenblick Hobin herein und schnappte die Worte ›Freie Holander‹ auf. Erneut zeigte er überraschende Strenge. »Unter meinem Dach möchte ich nichts vom Freiheitskampf hören«, sagte er. »Diese alberne Geheimniskrämerei! Glaubt bloß nicht, dass ich Angst vor Harchad hätte. Er weiß genau, dass ich jederzeit zurück nach Weymoor gehen könnte. Mich stört aber, dass diese Fischer anscheinend nicht erwachsen werden wollen. Für sie ist das nur ein Spiel, genau wie für Canden. Und in meinem Haus wird dieses alberne Spiel unterlassen!«
Mitt und Milda mussten ihre Beratungen darum insgeheim fortsetzen; entweder tauschten sie nur kurze Bemerkungen aus oder warteten ab, bis Hobin ins Gildehaus der Büchsenmacher ging. Am nächsten Treffen der Freien Holander konnte Mitt nur teilnehmen, indem er Hobin belog, dass sich die Balken bogen. Auf dem Treffen legte er seinen Plan vor: Er wollte genügend Schießpulver für eine Bombe stehlen und sie auf Hadd schleudern, wenn der Graf das nächste Mal den Alten Ammet zum Ertränken ans Hafenbecken trug.
Auf seinen Vorschlag folgte ein erschrockenes Schweigen. Ham brach die Stille, indem er sagte: »Ich habe mich nicht wegen des Schießpulvers für dich gefreut, Mitt. Ich hoffe, du glaubst mir das.«
»Komisch. Ich war fest davon überzeugt, dass du damit rechnest«, sagte Mitt, der nur selten widerstehen konnte, Ham aufzuziehen.
»Jetzt hör aber mal, Mitt…«, begann Ham.
»Ruhe«, unterbrach ihn Siriol. »Merkst du denn nie, wann man dich auf den Arm nimmt, Ham? Mitt, das ist gefährlich. Furchtbar gefährlich. Was, wenn du gefasst wirst?«
Siriol hätte anders gesprochen, wäre er nicht kämpferisch gestimmt gewesen. Er zog Mitts Idee allen Ernstes in Erwägung. Hocherfreut versicherte Mitt eilig, dass er keineswegs beabsichtige, sich fassen zu lassen. »Angenommen, ich ziehe mich rot und gelb an, wie die Jungen aus dem Palast. Keiner würde merken, dass ich nicht dazugehöre, bis es zu spät ist. Ich kann schnell rennen.«
»Dass du rennen kannst, das weiß ich«, sagte Siriol. »Aber deine Mutter ist doch nie im Leben damit einverstanden, oder?«
»Frag sie doch«, entgegnete Mitt. »Aber nicht, wenn Hobin in der Nähe ist. Sie näht mir das Kostüm, wenn wir ihr den Stoff besorgen.«
Siriol dachte lange und eingehend nach.
»Mitt sieht aus wie jeder andere Junge auch«, redete Dideo ihm zu. »Die meiste Zeit erkenne ich ihn nicht mal. Und ich würde wirklich gern eine Bombe bauen.« Und auch den anderen Freien Holandern gefiel der Gedanke. Über der Kerze steckten sie die Köpfe zusammen und murmelten eifrig.
»Bumm!«, machte einer. »Hadd fliegt in die Luft. Wunderbar!«
»Und ganz Holand erhebt sich mit uns!«, sagte jemand anders. »Er kann es schaffen, Siriol.«
»Ruhe!«, rief der Fischer. »Das weiß ich selbst. Trotzdem muss er hinterher entkommen können. Wir müssen sehr sorgfältig planen.«
Entzückt machte sich Mitt auf den Heimweg in die Koogstraße. »Wir haben’s geschafft!«, wisperte er Milda zu, als sie ihn besorgt an der Treppe empfing. »Wir sind dabei!«
»Und du hast überhaupt keine Angst?«, wisperte Milda verwundert zurück.
»Kein bisschen«, sagte Mitt. Und das stimmte: Er freute sich auf den Anschlag. Er empfand Hingabe.
Sorgfältig und gründlich, wie Siriol alles anging, was er begann, ersannen die Freien Holander ihre Pläne. Mitt und Milda schmiedeten ihre eigenen. Rasch begriffen sie alle, dass Mitt keinesfalls schon zum nächsten Seefest die Bombe legen könnte. Wie Siriol betonte, mussten sie sich sehr genau mit der Straße vertraut machen, der die Prozession folgte, und mit der Aufstellung der Soldaten. Nur so ließ sich herausfinden, wo und wann Mitt am gefahrlosesten zuschlagen konnte. Außerdem mussten Fluchtwege gefunden werden und Verstecke, in denen er sich nach
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