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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 02 Die heiligen Inseln
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rief in ihm den alten Albtraum von Canden, wie er an der Tür in Stücke fiel, wieder wach. Das Mietshaus stand jedoch so nahe am Hafen, dass es schwierig war, die Prozession zu übersehen. Diesmal gesellte sich Dideo zu Mitt und Milda. Er lehnte sich zwischen ihnen aus dem Fenster und nahm kein einziges Mal die Augen, die zwischen Netzmaschen hindurchzublinzeln schienen, von den neuen Waffen.
    »Damit diese Dinger schießen, braucht man ein Zeugs«, erklärte er, »und wenn man es richtig einsetzt, kann es einen Menschen in Fetzen reißen. Vor Jahren segelte ich mit einem Mann, der das Zeugs beschaffen konnte, und wir haben es zum Fischen benutzt. Ihr nennt es vielleicht unsportlich gegenüber den Fischen, aber ich weiß seitdem, wie man eine Bombe baut. Und jetzt denke ich mir, dass eine Bombe im Armen Alten Ammet die Welt von Hadd befreien und in ganz Holand den Aufstand auslösen könnte.«
    Mitt und seine Mutter tauschten über Dideos zerdrückten Hut hinweg einen langen, verblüfften Blick. Das war es! Was für eine Idee! Kaum war die Prozession vorbei und Dideo gegangen, als sie aufgeregt darüber zu diskutieren begannen.
    »Wenn du dir eine Bombe beschaffen könntest«, sagte Milda, »und sie auf den alten Haddock wirfst… – Man wirft Bomben doch, oder? Du könntest dabei rufen, dass Dideo und Siriol dich schicken.«
    »Aber vielleicht hört man mich nicht«, sagte Mitt. »Nein … ich müsste mich gefangen nehmen lassen. Wenn dann Harchad kommt und mich verhört, könnte ich sagen, die Freien Holander hätten mich angestiftet. Aber woher sollen wir etwas von diesem Bomben-Zeugs bekommen?«
    »Das schaffen wir schon«, entgegnete Milda. »Da fällt uns schon was ein. Aber du müsstest es tun, bevor du so alt bist, dass man dich henken kann. Ich könnte es nicht ertragen, wenn man dich ergreift und aufhängt!« Sie war so aufgeregt, dass sie das Zimmer verließ und zur Feier des Tages ihren letzten Lohn für Obst und Süßigkeiten ausgab.
    Mitt blickte mürrisch auf den Berg Karamelläpfel und sah dabei aus wie Siriol. Seufzend machte er sich klar, dass er mit dem Bombenwerfen warten müsste, bis er genug Geld besaß, um Milda einen neuen Hof zu pachten. Wenn man ihn verhaftete, würde seine Mutter mit Sicherheit verhungern, denn in der Stadt konnte sie einfach nicht für sich selbst sorgen. Er rechnete aus, dass er sich deshalb wenigstens so lange gedulden müsste, bis er so alt war wie Dideo.
    Doch kam es ganz anders. Eine Woche später, als Mitt stinkend, glitschig und bis auf die Knochen durchgefroren vom Fischverkauf heimkehrte und nur noch ins Bett wollte, hatte Milda zu seinem Ärger einen Gast. Der Fremde war ein breitschultriger, nüchtern wirkender Mann, der Mitt aus einem unerfindlichen Grund vage an etwas – oder jemanden – erinnerte. Er trug weit respektablere Kleidung als die Menschen, die am Hafen wohnten, und zu Mitts noch größerem Ärger hatte Milda ihr Geld diese Woche für eine Flasche Wein aus Canderack ausgegeben, die sie mit diesem Gast leerte. Mitt blieb in der Tür stehen und blickte den Mann finster an.
    »Ach, Mitt!«, begrüßte Milda ihn glücklich. Sie sah hübsch aus. Das Grübchen war in ihr Gesicht zurückgekehrt. »Du erinnerst dich doch noch an Canden?« Und wie sich Mitt an Canden erinnerte – besser, als ihm lieb war. Er hatte seit dem Fest noch immer Albträume wegen ihm. Als er den Namen hörte, musste er sich am Türpfosten festhalten. Milda, die nicht im Entferntesten ahnte, was Mitt empfand, sagte: »Nun, das ist Candens Bruder Hobin. Er kommt aus Weymoor. Hobin, das ist mein Sohn Mitt.«
    Der Gast trat lächelnd auf ihn zu und streckte ihm eine breite und schwielige Hand entgegen. Mitt erschauerte, biss die Zähne zusammen und reichte dem Mann eine schmutzige Hand. »Ich bin voller Fisch«, sagte er in der Hoffnung, der Gast würde ihn dann nicht berühren wollen.
    Doch der Mann ergriff seine Hand und schüttelte sie herzlich. »Ach, ich weiß selbst, wie es ist, wenn man schmutzig von der Arbeit nach Hause kommt«, sagte Hobin. »Ich bin Büchsenmacher, und manchmal glaube ich, ich bekomme das schwarze Zeugs nie wieder heruntergeschrubbt. Geh nur, wasch dich und achte nicht auf mich.«
    Mitt lächelte erschüttert. Er merkte sofort, dass Hobin ein sehr netter Mensch war, aber dennoch hatte er einen Albtraum zum Bruder. Mitt ging zu dem Eimer in der Ecke, um sich zu säubern, und hoffte dabei inständig, dass Hobin augenblicklich nach Weymoor zurückkehren und

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