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Josef und Li: Roman (German Edition)

Josef und Li: Roman (German Edition)

Titel: Josef und Li: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Vovsova
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jedes Miau.
    Es war noch ein ganz kleines Kätzchen, ein ganz weißes mit einem schwarzen Fleck über dem rechten Ohr. Eines Tages war sie streunen gegangen: Sie kletterte über ein paar Dächer, durchlief ein paar Höfe, Straßen und Plätze, bog in den Park, lief über die Brücke – und hatte sich total verlaufen! Seit dieser Zeit lebte sie im verlassenen Garten und jagte Mäuse, oder die Mäuse jagten sie.
    Und dann miaute auch Helena, bis sie sich ausgemiaut hatte. Das Kätzchen hörte ihr zwar aufmerksam zu, doch als Helena die Hand hob und miezmiezmiez sagte, sträubte sie sich und wollte sich gar nicht streicheln lassen.
    Kaum hatte sie sich mit Helena angefreundet, sollte sie schon mit ihr schmusen? So etwas macht man doch nicht! Helena hatte Verständnis dafür und als sie den Garten verließ, hatte sie auch schon keine Lust mehr zu weinen. Oder vielleicht nur ein bisschen.
    Diesmal konnten Josef und Li die Anzeige Schöne lustige Frau sucht reichen Mann fürs Leben. Chiffre: Mann, Bier, Gesang aufgeben und ein paar Tage später quoll der Briefkasten der Kličkas mit Antworten über. Josef und Li mussten fast eine Heugabel zu Hilfe nehmen.
    Ehrlich gesagt hatte Josef mit so einem Interesse an der Hydra gar nicht gerechnet. Am meisten gefiel ihm der Brief von Herrn Jarda, der Marta auch ein Foto mitgeschickt hatte. Er trug darauf nur Shorts und lehnte sich mit dem Ellbogen gegen ein Fass, das zu einem Sommerhäuschen umgebaut war, und drumherum war ein aus Kronkorken gestalteter Weg.
    » Es kann regnen, es kann donnern, im Fass da gibt es genug Wonnen! Gutes Trinken, gute Küchle, komm schnell, es wartet auf dich der Jarda aus Prag-Michle !«, las Josef den Begleitbrief, doch Li deutete unbarmherzig auf den Stapel mit den aussortierten Kandidaten.
    Sie mochte auch den Brief von Herrn Vavříček überhaupt nicht: Ich bin Witwer und Besitzer einer Brauerei. Und auch in meinem stattlichen Alter von achtundachzig Jahren lebe ich nach dem Motto: Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper! Ich habe fünf Söhne, zwanzig Enkel und zweiundsechzig Urenkel.
    Sie wählte dann auf Gnade und Ungnade zwei Briefe aus. Der erste war auf hellblauem Papier geschrieben, roch ein wenig nach Bier und darin stand: Sehr geehrtes Fräulein, Ihre Anzeige hat mich sehr berührt. Gerne würde ich mich mit Ihnen persönlich treffen – Radovit Frost, Dipl.-Ing . Der zweite Brief sprach Li am meisten an: Ihre Anzeige traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel! Ich warte schon eine ganze Ewigkeit auf jemanden wie Sie. Ich möchte Sie treffen und brenne vor Ungeduld. Pavel Blum.
    Josef kam der Brief einigermaßen übertrieben vor, aber er sagte lieber nichts. Es hätte sowieso nichts gebracht, denn Li machte sich schon daran, in Schönschreibschift Herrn Frost und Herrn Blum zu antworten. Sie sollten Zur Lustigen Teh Cann kommen, Herr Frost um vier und Herr Blum um halb fünf. In drei Tagen.
    In drei Tagen schon! Aber manchmal können drei Tage ganz schön lang werden! Wie ein Film in Zeitlupe. Wie drei Schnecken oder Spielautos mit fast leeren Batterien. Am allermeisten zog sich der letzte Nachmittag in die Länge.
    Die Frau Lehrerin ließ die ganze Klasse nachsitzen und alle Kinder mussten von der Tafel folgenden Satz bis in alle Ewigkeit abschreiben: Der Turnsaal ist kein Ort, an dem offene Rechnungen beglichen werden.
    Die Jungs und Mädchen hatten sich nämlich während des Turnunterrichts gegenseitig verprügelt. Zuerst fing Josef mit Máchal, Hnízdil und Šíša an. Am meisten ärgert man sich wohl, wenn man die Wahrheit hört, und so stürzten sich die Jungs auf Josef wie aufgestachelte Hornissen, nachdem er ihnen sagte, sie wären hundsgemeine Diebe.
    Und auch Helena Bajerová und Li Nguyen gerieten sich in die Haare. Und dann prügelten sich alle auf einmal. Selbst die bravste Schülerin der Klasse, Anežka Vernerová, raufte so wild, dass sie die Frau Lehrerin versehentlich in den Popo biss, sodass diese kurz darauf die Trillerpfeife verschluckte.
    Von der Zentralheizung strömte behagliche Wärme herüber, man hörte nur das leise Kratzen von Füllfedern und Kugelschreibern auf dem Papier, und so war es kein Wunder, dass die Frau Lehrerin begann, hinter ihrem Schreibpult einzudösen.
    Li schaute auf die Uhr und erschrak durch und durch. Die Zeit spielte auf einmal verrückt. Noch vor ganz kurzer Zeit war es drei Uhr, und nun jagte der große Zeiger wie ein Windhund beim Turnier über das Ziffernblatt und zeigte zehn

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