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Joseph Anton

Joseph Anton

Titel: Joseph Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rushdie
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rechtes Auge korrigieren konnte, musste er nach Turin reisen, um eine Ehrendoktorwürde entgegenzunehmen, und auf den bei dieser Gelegenheit entstandenen Fotos hat sein Blick etwas leicht Geistesgestörtes. Die Reise lief gut; diesmal war die italienische Polizei freundlich, zuvorkommend, unaufdringlich und ganz anders als ihre Kollegen in Mantua. Der andere Geehrte war John Beumer III , ein Mundkrebsspezialist von der University of California, der einen bemerkenswert grausigen Vortrag über neue Techniken und Behandlungsmethoden von Oralkarzinomen hielt, über an Wangen angenähte Zungen und Ähnliches, und während er zuhörte, dachte er: »Nichts von alledem hat meinen Freund gerettet«.
    Zufälligerweise war Irans Präsident Khatami am selben Tag zu Besuch in Rom, und die Presse war ganz aus dem Häuschen ob dieser Koinzidenz und bauschte sie mächtig auf. Khatami mochte selbstverständlich nicht an einen Zufall glauben und kritisierte Europa ›heftig‹ dafür, den Schriftsteller zu unterstützen. »Rushdie zu unterstützen bedeutet, den Krieg zwischen den Kulturen zu unterstützen. Ich bedaure es zutiefst, dass ein Mensch, der die heiligen Gefühle von über einer Milliarde Muslime beleidigt hat, in europäischen Ländern derzeit Bewunderung erfährt.« Dies war ein Mann, der behauptete, keinen Krieg der Kulturen zu wollen, und zugleich alles, was ihm nicht passte, als ›Krieg‹ titulierte; der behauptete, ›gegen Terrorismus‹ zu sein, und zugleich gewaltsame Akte wie die Fatwaals Gerechtigkeit bezeichnete. Dies war der ›moderate‹ Mann, dessen Wort er der britischen Regierung nach vertrauen sollte.
    *
    Der Veröffentlichungstermin von Der Boden unter ihren Füßen rückte näher, und die US -Tour erwies sich als Problem. Die meisten europäischen Fluglinien waren inzwischen bereit, ihn zu transportieren, doch die amerikanischen weigerten sich nach wie vor. Er konnte nach New York fliegen und dann mit Air Canada weiter an die Westküste, doch für den Rest der Reise musste ein Privatflugzeug angemietet werden. Und dann kämen noch die Kosten für Jerry Glazebrooks Sicherheitsdienste hinzu. Irgendwie mussten 125 000 Dollar für eine zweiwöchige Tour aufgetrieben werden, und die Verleger ließen nur 40 00 Dollar springen. Er redete mit Andrew Wylie und Jerry Glazebrook, und schließlich ließen sich die Sicherheitskosten auf 10 000 Dollar drücken, und die verschiedenen Veranstaltungsorte erklärten sich bereit, insgesamt rund 35 000 Dollar an Auftrittsgebühren plus Sicherheitskosten beizusteuern. Wenn er das Honorar für den Vorabdruck in The New Yorker und die letzten drei Monatseinnahmen für seine weltweit erscheinende New York Times- Kolumne in den Topf schmiss, ließen sich die Kosten decken. Weil ihm daran gelegen war, dass die Reise zustande kam, bat er Andrew, zuzusagen, auch wenn das den Verzicht auf rund 80 000 Dollar Honorar bedeutete. Die englischen Kritiken erschienen und waren überwiegend sehr positiv, und er wollte nicht, dass die amerikanische Veröffentlichung demgegenüber zurückstand.
    Es war zwecklos, sich mit dem aufzuhalten, was die Kritiker sagten, entweder sie mochten das Buch oder nicht, aber der seltsame Fall des James Wood verdiente eine kleine Fußnote. Mr Wood rezensierte Der Boden unter ihren Füßen für The Guardian , der auch den ersten Auszug in Großbritannien abdruckte, und seine Kritik war grandios. »Rushdies großartiger neuer Roman … ein beachtliches Werk, erfindungsreich und vielschichtig … dieser brillante Roman … beschwingt, gütig, witzig, vermittelt [er] eine kreative Freude, wie es sie seit Mitternachtskinder nicht mehr gegeben hat. Ich vermute, es wird zu Recht Rushdies beliebtestes Buch werden.« Danke, James, dachte er. Als der Roman in den Vereinigten Staaten erschien, gab Mr Wood ein unwirscheres Urteil ab. Er schrieb eine weitere Rezension in der New Republic, eine überarbeitete Version seines Guardian -Artikels, in dem er das ›zu Recht‹ gestrichen hatte. Das Buch war jetzt eine »typische postmoderne Niete«, deren »Zotigkeit der Boden unter den Füßen fehlt«. Zwischen den beiden Kritiken lagen nur sieben Wochen. Ein Rezensent, der sich entsprechend der literarischen Vorlieben seiner Zahlmeister selbst widerspricht, war vielleicht eine Erklärung schuldig.
    Er flog nach New York, um Interviews zu geben, und fühlte sich schon bei der Ankunft extrem krank. Er bemühte sich, dem straffen Terminplan nachzukommen, doch schließlich war

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