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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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vergleichen, die ihm galten.
      Der Hofmarschall Crispin ging mit nervösen Schritten in dem kleinen Raum auf und ab. Der junge, elegante Ägypter war trotz der frühen Stunde mit höchster Sorgfalt gekleidet, er mußte viel Zeit auf seine Toilette verwendet haben, er roch, wie stets, nach Wohlgerüchen wie der Leichenzug eines vornehmen Herrn. Die ruhigen, wachsamen Augen des Polizeimini sters Norban folgten ihm mit sichtbarer Mißbilligung. Norban mochte ihn nicht leiden, den jungen Gecken, er spürte, daß er sich über seine Vierschrötigkeit lustig machte. Doch Crispin war einer der wenigen, denen Norban nicht ankonnte. Wohl wußte der Polizeiminister um viele bedenkliche Einzelheiten der Geldbeschaffung des verschwenderischen Crispin. Allein der Kaiser hatte für den jungen Ägypter eine unerklärliche Vorliebe. Er sah in ihm, der erfahren war in allen feinen Lastern seines Alexandrien, den Spiegel der Eleganz und des guten Tons. Domitian, der Hüter strengrömischer Tradition, verachtete zwar diese Künste, doch Domitian, der Mann, war daran interessiert.
      Crispin, immer auf und ab gehend, meinte: »Es wird sich wieder einmal um neue, verschärfte Sittengesetze handeln. DDD kann sich nicht genug daran tun, unser Rom in ein gigantisches Sparta zu verwandeln.« Niemand antwortete. Wozu die Dinge das tausendstemal wiederkäuen? »Vielleicht auch«, meinte morgendlich gähnend Marull, »hat er uns wieder einmal nur wegen eines Steinbutts oder wegen eines Hummers herbeordert.« Er spielte an auf jenen bösartigen Witz, den sich vor nicht langer Zeit der Kaiser geleistet, als er seine Minister mitten in der Nacht nach Alba gesprengt hatte, um sie zu befragen, auf welche Art ein über alle Maßen großer Steinbutt bereitet werden sollte, den man ihm zum Geschenk gemacht hatte.
      Die Augen des allwissenden Norban, in dessen Dossiers die Handlungen und Äußerungen jedes einzelnen genau verzeichnet waren, folgten nach wie vor dem auf und nieder hastenden Crispin; es waren braune Augen, auch ihr Weiß war bräunlich, und sie erinnerten in ihrer ruhigen, sprungbereiten Aufmerksamkeit an die Augen eines wachsamen Hundes. »Haben Sie wieder etwas über mich herausgebracht?« fragte schließlich, nervös unter diesem ständigen Blick, der Ägypter. »Ja«, erwiderte schlicht Norban. »Ihr Freund Mettius ist gestorben.« Crispin hielt mitten im Schritt inne und wandte dem Norban das lange, feine, dünne, lasterhafte Gesicht zu; Erwartung, Freude und Besorgtheit mischten sich auf ihm. Der alte Mettius war ein sehr reicher Mann, Crispin hatte ihn auf verschlun gene Art, mit Freundschaftsbezeigungen und mit Drohungen, verfolgt, und der Greis hatte ihn zuletzt auch in seinem Testament mit großen Summen bedacht. »Ihre Freundschaft ist ihm nicht gut bekommen, mein Crispin«, berichtete, während jetzt auch die andern zuhörten, der Polizeiminister. »Mettius hat sich die Adern geöffnet. Unmittelbar vorher übrigens hat er sein gesamtes Vermögen« – Norban legte einen kleinen Ton auf das Wort: gesamtes – »unserm geliebten Herrn und Gott Domitian verschrieben.« Es gelang dem Crispin, sein Gesicht ruhig zu halten. »Sie sind immer der Überbringer erfreulicher Botschaften, mein Norban«, sagte er höflich.
      Wenn die fette Erbschaft nicht ihm selber zufiel, dann gönnte sie Crispin dem Kaiser noch als erstem. Alle fünf Männer in dem kleinen Saal, so übel ihnen Domitian zuweilen mitgespielt hatte, waren ihm ehrlich freund. DDD, trotz seiner finsteren Schrullen, faszinierte die Massen sowohl wie diejenigen, die er näher an sich heranließ.
      Claudius Regin hatte mit einem kleinen Feixen zugehört. Jetzt ließ er sich wieder erschlaffen, schlampig, schläfrig hockte er in einem Sessel. »Die haben es leicht«, sagte er halblaut zu Junius Marull, mit dem Kopf auf die drei andern weisend, »sie sind jung. Sie aber, mein Marull, und ich, wir haben etwas erreicht, was unter den Freunden des Kaisers eigentlich nur uns zuteil ward: wir sind beide über Fünfzig alt geworden.«
      Norban hatte unterdessen den Crispin in einer Ecke festgehalten. Auf seine ruhige, etwas bedrohliche Art, die klobige Stimme dämpfend, daß die andern seine Worte nicht hörten, sagte er zu ihm: »Ich habe eine weitere gute Nachricht für Sie. Die Vestalinnen werden den Palatinischen Spielen beiwohnen. Sie werden Ihre Cornelia zu sehen bekommen, mein Crispin.« Das bräunliche Gesicht des Crispin wurde fast töricht vor Bestürzung. Er

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