Josepsson, Aevar Örn
gewesen waren, und auch das andere, dass wir nichts unternommen haben, nicht den Notruf oder die Polizei verständigt haben. Das hat das Ganze ja natürlich noch viel schlimmer gemacht, der Mann hatte völlig Recht. Wir hatten beide nicht nur verdächtig, sondern auch verwerflich gehandelt.«
»Wie viel wollte er?«
»Zehn Millionen.«
»Und was hast du ihm gesagt?«
»Dass ich so viel Geld gar nicht zur Verfügung hätte, auf jeden Fall nicht so eins, zwei, drei. Ich bat um eine Frist, damit ich das Geld besorgen könnte, aber mir ging es natürlich vor allem darum, Zeit zum Nachdenken herauszuschlagen.«
»Hast du diese zehn Millionen gezahlt?«
»Nein. Mein Bruder Magnús rief mich eine halbe Stunde später an, da hatte dieser Mann auch mit ihm telefoniert. Wir … wir haben die Ereignisse des Abends durchgesprochen, und Magnús bat mich, nichts zu unternehmen. Er versprach, die Sache in die Hand zu nehmen.«
»Was meinte er damit?«
Die Zuckungen im Gesicht des Fernsehdirektors häuften sich.
»Ich weiß es nicht. Ich habe ihn nicht danach gefragt.«
»Und danach wurdest du nicht mehr mit Geldforderungen belästigt?«
»Doch, aber da war es anders. Nun wollte er keine zehn Millionen mehr, sondern hunderttausend. Monatlich. Ich sollte hunderttausend Kronen im Monat auf ein Konto einzahlen, das er mir nannte.«
»Was für ein Konto? Wer besitzt es?«
»Die Firma heißt Flax. Ich versuchte herauszufinden, wer dahintersteckt, sowohl im Internet als auch im Telefonbuch, aber dabei kam nichts heraus. Nicht einmal eine Adresse.«
»Und du hast es dann getan, oder nicht? Du hast hunderttausend im Monat überwiesen?«
»Ja«, sagte Ari leise. »Irgendwie war da nichts anderes zu machen. Danach habe ich lange nichts mehr von ihm gehört, erst am vergangenen Dienstag wieder.«
*
»Warum diese Kehrtwendung?«, fragte Katrín. »Warum dieser Sinneswandel? Erst verlangt er zehn Millionen, und dann ändert er seine Meinung und will hunderttausend im Monat? Was ist da passiert?« Das Zögern war weder lang noch auffällig, aber es war da, genau wie beim ersten Mal, als sie diese Frage stellte.
»Ich glaube, ich habe es dir bereits gesagt, ebenso wie alles andere, was ich die letzten zwanzig Minuten von mir gegeben habe«, stöhnte der Meister. »Ich habe wirklich keine Ahnung. Danach müsst ihr ihn selber fragen.«
»Und du hast herausgefunden, dass es Úlfur war, weil du auf deinem Display die Nummer des Anrufers sehen konntest.«
»Ja, die Nummer stand auf dem Display, und die habe ich dann ins Telefonbuch im Internet eingegeben. Das war ganz einfach.«
»Dir ist nicht eingefallen, ihn anzurufen und ihm zu sagen, dass du herausgefunden hattest, wer er war? Oder die Gespräche mit ihm aufzunehmen und ihm zu drohen, damit zur Polizei zu gehen? Das war doch Erpressung.«
»Doch«, sagte der Meister ungehalten. Mit seinen großen Tönen war es vorbei, mit der Scheinheiligkeit auch, und hinter der sorgsam einstudierten Rolle schien mehr und mehr der Mensch durch. »Mir ist Verschiedenes eingefallen, Mädel. Aber was auch immer es war – die Folgen wären stets die gleichen gewesen.«
»Du meinst, du wärst hier bei uns gelandet und die ganze Angelegenheit in den Medien?«
»Ja. Auch wenn ich mir gewissermaßen die Hoffnung gestatte, dass all das, was wir hier besprechen, innerhalb dieser vier Wände verbleiben kann. Ich sehe nämlich nicht, dass irgendjemandem ein Gefallen damit getan wird, wenn diese Sache an die große Glocke der Medien gehängt wird.«
Und wieso kommst du auf die Idee, dass ich dir einen Gefallen tun werde, hätte Katrín beinahe gefragt, doch es gelang ihr, stattdessen dezent zu hüsteln.
»Und danach hast du die ganze Zeit nichts von ihm gehört, bis er sich am vergangenen Dienstag wieder gemeldet hat, sagst du?«
»Nein. Ich habe ja auch immer die vereinbarte Summe bezahlt.«
»Aber am Dienstag verlangte er fünfzig Millionen?«
»Ja, und zwar in Euro, das hat er besonders hervorgehoben.«
»Und du hast gesagt …«
»Ich habe ihm erklärt, er würde in Beelzebubs ewigen Höllenfeuern schmoren, und habe das Gespräch abgebrochen«, sagte der Meister in einem so gelassenen Ton, als würde er über Pfannkuchen oder das Wetter reden. »Was geschieht nun?«
»Nun muss ich das ins Reine schreiben, es ausdrucken, und du musst unterschreiben. Dann kannst du gehen.«
*
»Und?«, fragte Stefán. »Wie ist es gelaufen?«
»Gut«, antwortete Þórður. »Ási ist es beinahe gelungen,
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