Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
Der Raketenplatz und die Menschen unter ihr schrumpften zu einem winzig en Punkt zusammen. Die gelben Kornfelder, braunen Äcker und grünen Wiesen rund um das Tal herum bildeten einen bunten Flickenteppich, der allmählich immer kleinkarierter wurde.
Staunend bewunderte Joshua die immer kleiner werdende Landschaft. Er hatte die Welt noch nie von oben gesehen. Das riesige, blaue Meer, welches die kleine Insel zwischen Großbritannien und Irland einschloss, glitzerte im Schein der morgendlichen Sonne, und seine brausenden Wellen brandeten schäumend an die Strände. Am östlichen Horizont hing der flimmernde Sonnenball, dessen leuchtende Strahlen das Innere der Rakete in ein warmes Orange tauchten.
Als die Isle of Man schon ganz klein geworden war, senkte sich der schwere Körper der Bautilus langsam. Der Kapitän brachte die Rakete in eine fast horizontale Lage, und während des Manövers schwangen die Sitzplätze und Sessel einfach mit, so dass die Passagiere immer in einer aufrechten Position blieben.
Das ohrenbetäubende Brüllen war schon wieder etwas leiser geworden und in einen beinahe zierlichen Summton übergegangen. Es hörte sich wie ein Schwarm wildgewordener Bienen an, dachte Joshua.
Der Kap itän steuerte die Rakete über Mittelgroßbritannien und machte dann einen sanften Schlenker nach links, so dass bald die schottischen Highlands unter ihnen auftauchten. Die Menschen unten auf der Erde hätten der rotweißen Rakete bestimmt mit großer Verwunderung hinterhergesehen, aber Benjamin hatte Joshua erzählt, dass die Rakete während des Fluges unsichtbar sei und nur von richtigen Zauberern oder mit Hilfe von speziellen Brillen gesehen werden konnte. Nichtzauberer und Moglinge würden nur den hinterbliebenen Wolkenschweif sehen, der sich wie ein raupenartiger Körper hinter der Rakete herzog und sich immer weiter auftürmte.
Die Landmassen und das blaue Meer rauschten unter ihnen hinwe g. Dann erhob sich die Nase der Bautilus und kurz darauf durchbrach sie die weiße Wolkenwand. Der breite Wolkengürtel vernebelte die komplette Sicht und erst nach einer ganzen Weile wurden die Wolkenmassen so dünn, dass Joshua wieder Stücke des blauen Himmels erhaschen konnte.
Wiederum einen Moment später klarte das Gestirn vollends auf. Die Inseln und Kontinente der Erde wirkten wie riesige Puzzlestücke auf einem blauen Hintergrund. Über sich entdeckte Joshua den Mond mit seinen vielen grauen Kratergesichtern. So groß und deutlich hatte er ihn noch nie gesehen. Wie gefesselt starrte er aus dem Flieger und gelegentlich formte sich sein Mund zu einem stummen Ausruf der Begeisterung.
„Ist das nicht allererste Sahne?“, meinte Peter.
„Das ist wirklich klasse“, antwortete Joshua und drückte sich die Nase an der Fensterscheibe platt.
In der Zwischenzeit hatten sie die blaue Hülle der Erde verlassen und waren in die unendliche Schwärze des Alls eingedrungen. Langsam hob Joshua vom Sitz ab, bis der Gurt ihn festhielt. Das beflügelnde Gefühl der Schwerelosigkeit durchzog seinen gesamten Körper. Er fühlte sich leicht wie ein Luftballon; alles schien auf einmal federleicht zu sein. Ein paar Taschen, die nicht richtig verstaut worden waren, sowie Stifte, Schuhe und Schokoladenbonbons schwebten in der Rakete ziellos umher; auch eine der laufenden Zaubertruhen drehte sich orientierungslos in der Luft und strampelte dabei hilflos mit den kleinen Holzbeinen herum. Selbst der Mond segelte an ihnen wie ein riesengroßer, aufgeblasener Ballon vorüber.
Dann raschelten erneut die Lautsprecherboxen und die tiefe Stimme des Kapitäns ertönte: „Der Raketenstart ist mir außerordentlich gut geglückt! Die Zwergengötter scheinen uns heute gut gesonnen zu sein. Wir haben soeben die Erdatmosphäre verlassen. Die Schwerkraftgeneratoren werden gleich aktiviert. Ich wünsche noch eine angenehme Reise! Kapitän Albatross Ende.“
Erst jetzt rückte Joshua die Angst wieder ins Gedächtnis, die er vor dem Start gehabt hatte. Sie und auch die leichte Übelkeit waren auf einmal verschwunden, ohne dass er es bemerkt hatte . Er war ein wenig stolz darauf, dass er nicht auf die Spucktüten unter den Sitzen hatte zurückgreifen müssen, denn anfangs hatte er fest damit gerechnet.
Kurz darauf fuhren die Sessel und Sitzplätze wieder in ihre ursprüngliche Position zurück. Die Leichtigkeit entwich aus Joshuas Körper und irgendetwas schien ihn an seinen Füßen nach unten zu ziehen. Die Schwerkraft kehrte langsam wieder und
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