Joyland
Ringkampfes auf das Pflaster gefallen. Ich bückte mich, hob ihn auf und steckte ihn in die Tasche an der Rückseite des Rollstuhls.
»Mama.« Mike nahm ihre Hand. »Es muss nicht das letzte Mal sein, dass wir miteinander Spaß haben.«
Da ging mir ein Licht auf. Noch bevor ihre Schultern herabsanken und sie zu schluchzen anfing, wurde mir alles klar. Es war nicht die Angst, ich könnte ihn mit der Achterbahn fahren lassen und der Adrenalinschub würde ihn dann umbringen. Es war nicht die Angst, ein Fremder könnte das schadhafte Herz rauben, das sie so sehr liebte. Es war ein atavistischer Glaube – der Glaube einer Mutter –, dass ihr Leben, wenn sie nur allem aus dem Weg ginge, was nach einem letzten Mal aussah, wie gewohnt weitergehen würde: morgens Smoothies unten am Plankenweg, Abende mit dem Drachen unten am Plankenweg, ein Sommer, der nie enden würde. Nur dass jetzt Oktober war und der Strand verlassen dalag. Die glücklichen Schreie der Teenager auf dem Thunderball und der kleineren Kinder, die die Splash-and-Crash- Rutsche runtersausten, waren verstummt, und die Tage wurden allmählich kürzer und kühler. Kein Sommer währte ewig.
Sie hob die Hände vors Gesicht und sank auf den Beifahrersitz. Er war so hoch, dass sie fast herunterrutschte. Ich hielt sie fest, bis sie das Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Wahrscheinlich bemerkte sie das nicht einmal.
»Dann nehmen Sie ihn doch mit«, sagte sie. »Mir ist das scheißegal. Gehen Sie doch mit ihm zum Fallschirmspringen, wenn Sie wollen. Aber erwarten Sie nicht, dass ich an … an Ihrem Kleinjungenausflug teilnehme.«
»Ohne dich kann ich nicht da hin«, sagte Mike.
Daraufhin ließ sie die Hände sinken und sah ihn an. »Michael, du bist alles, was ich habe. Das weißt du doch, oder?«
»Ja«, sagte er und umfasste ihre Hand mit beiden Händen. »Und du bist alles, was ich habe.«
Ihrem Gesichtsausdruck konnte ich ansehen, dass ihr dieser Gedanke neu war.
»Helft mir einsteigen«, sagte Mike. »Beide, bitte.«
Als er auf dem Beifahrersitz saß (ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich ihn angeschnallt hätte, also war das vielleicht, bevor darum ein solches Theater gemacht wurde), schloss ich die Tür und lief zusammen mit Annie vorn um den Wagen herum.
»Sein Stuhl«, sagte sie zerfahren. »Ich muss noch seinen Stuhl holen.«
»Überlassen Sie das mir. Setzen Sie sich ans Steuer, und bereiten Sie sich aufs Fahren vor. Atmen Sie ein paarmal tief durch.«
Sie ließ sich von mir hineinhelfen. Ich hielt sie oberhalb des Ellbogens fest und konnte dabei die Finger um ihren Oberarm schließen. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, dass sie sich nicht nur von anstrengenden Romanen ernähren könne, verkniff es mir jedoch. Sie hatte sich an diesem Nachmittag schon genug anhören müssen.
Ich klappte den Rollstuhl zusammen und verstaute ihn hinten im Laderaum, wobei ich mir mehr Zeit als nötig ließ, damit sie die Gelegenheit hatte, sich wieder zu sammeln. Als ich zur Fahrerseite zurückkehrte, erwartete ich halb, dass das Fenster hochgekurbelt sein würde, aber es war noch offen. Sie hatte sich die Augen und die Nase abgewischt und das Haar einigermaßen in Ordnung gebracht.
»Ohne Sie wird er nicht in den Park gehen, und ich genauso wenig«, sagte ich.
Sie redete mit mir, als wäre Mike gar nicht anwesend, als hörte er nicht zu. »Ich habe solche Angst um ihn, unablässig. Er sieht so viel, und so vieles davon tut ihm weh. Deswegen hat er auch solche Albträume, das weiß ich. Er ist ein so toller Junge. Warum ist er nicht einfach gesund? Warum das? Warum das?«
»Ich weiß es nicht«, sagte ich.
Sie drehte sich um und küsste Mike auf die Wange. Dann wandte sie sich wieder mir zu. Atmete tief durch und seufzte laut. »Also, wann gehen wir?«, sagte sie.
*
Die Rückkehr des Königs war bestimmt nicht so schwierig wie Die Dissertation, aber an jenem Abend hätte ich nicht einmal den Kater mit Hut lesen können. Nachdem ich Spaghetti aus der Dose zu Abend gegessen hatte (wobei ich Mrs. Shoplaws spitze Bemerkungen ignorierte, wie sehr manche jungen Leute doch ihren Körper misshandelten), ging ich hoch in mein Zimmer, starrte in die Finsternis hinaus und lauschte dem steten Rollen der Brandung.
Ich stand kurz davor einzudösen, als Mrs. S. an die Tür klopfte. »Ein Anruf für Sie, Dev. Ein kleiner Junge.«
Ich lief im Eilschritt ins Wohnzimmer hinunter. Mir fiel nur ein einziger kleiner Junge ein, der mich anrufen könnte.
»Mike?«
Er
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