Judasbrut
er sich die Brust, als würde ihm die Erinnerung daran die
Qualen zurückbringen.
»Hatten
Sie da bereits Schmerzen?«
Eichmüller
nickte. »Ja.«
»Als
ich gegangen bin, warst du total blass und hattest Schweiß auf der Stirn«,
meldete sich Bianca zu Wort. »Ich hatte das Gefühl, dass du einen Anfall hast,
und wollte dir dein Spray holen, aber dann dachte ich, ich geh lieber … wegen
Sara.«
»Also
müsste auch Ihre Frau das bemerkt haben«, stellte Maria fest. »Eigentlich
sollte sie die Symptome kennen. Was tun Sie normalerweise dagegen? Sie leiden
an … « Sie blätterte in ihrer Mappe.
»Koronarer
Herzkrankheit. Ich nehme regelmäßig Medikamente und zur Sicherheit habe ich
Nitrospray. Eines liegt meist griffbereit in der Küche und ein anderes
normalerweise im Schlafzimmer.« Er räusperte sich. Gewisse Anstrengungen
schienen zu Anfällen zu führen – weswegen Bianca die Symptome
gut kannte. »Das Nitrospray lag nicht mehr auf meinem Nachttisch. Ich habe es
überall im Raum gesucht, weil ich dachte, dass Sara es in ihrer Wut mit all den
anderen Dingen herumgeworfen hat. Doch ich habe es nicht gefunden.«
»Die
Spurensicherung auch nicht«, warf Maria stirnrunzelnd ein, während sie in den
Papieren blätterte. »War sonst noch jemand im Haus?«
»Einmal
dachte ich, von unten ein Geräusch gehört zu haben. Sicher bin ich mir nicht,
allerdings hinderte Sara mich daran, die Treppe hinunter zu gehen. Ich muss
gestehen, dass meine Erinnerung an das, was danach passierte, recht lückenhaft
ist – die Schmerzen waren … enorm.
Sara schrie weiter auf mich ein, bis ich schließlich zusammenbrach. Das war im
Bad, weil ich hoffte, dort im Medizinschrank ein Spray zu finden. Anstatt mir
zu helfen … «, er schluckte schwer und seine Stimme wurde leiser, »… anstatt
mir zu helfen, nahm sie die Handbrause aus der Badewanne und spritzte mich mit
eiskaltem Wasser ab … sie … ich hatte das Gefühl, meine Brust würde zerreißen … «
Maria
sagte nichts, als Eichmüller eine Weile vor sich auf die Bettdecke starrte.
Schließlich fragte sie vorsichtig: »Verzeihen Sie, aber … warum
hat Ihre Frau das eigentlich getan?«
»Mich
nass gespritzt?« Er verzog seinen Mund. »Nun, wenn einem kalt wird, erhöht der
Körper die Herzfrequenz, um das Blut schneller durch den Körper zu pumpen. Das
Herz benötigt mehr Sauerstoff. Aber durch meine akute Angina Pectoris war der
Herzmuskel bereits unterversorgt. Je nachdem, wie lange diese Unterversorgung
dauert, entstehen Schäden … irgendwann stirbt man. Sara … ließ
mich einfach dort liegen … Sie wusste genau, was passieren könnte.« Dem Klang seiner Stimme
nach zu urteilen erschien es ihm immer noch unerklärlich, was seine Frau getan
hatte.
Maria
wartete eine Weile, bis Eichmüller seine Fassung zurückgewonnen hatte. Im
Stillen musste sie Olaf recht geben. Sara Eichmüller hatte gewusst, was
sie tat. »Wissen Sie, ob sie sofort das Haus verlassen hat?«
Eichmüller
zuckte die Schultern und schüttelte den Kopf.
»Sie
konnten selbst den Notarzt verständigen?«
»Ja,
wobei ich mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern kann, wie ich das
geschafft habe. Ich hatte einfach Glück, dass das Telefon auf dem Tischchen
neben der Badezimmertür lag … « In einer hilflosen Geste hob
er die Arme. »Gibt es … gibt es etwas Neues von Sara?«
Bedauernd
schüttelte Maria den Kopf. »Nein, leider nicht.«
Eichmüller
nickte. Plötzlich kniff er die Augen zusammen und rieb sich mit Daumen und
Zeigefinger über die Nasenwurzel. »Mein Gott«, murmelte er. »Sara.«
Maria
erhob sich. »Ich glaube, wir lassen Sie jetzt lieber allein. Danke, Herr Dr. Eichmüller. Frau Esser.« Sie
nickte beiden zu. Michelle hinter ihr stand ebenfalls auf.
Eichmüller
war blass. »Kommissar Holzapfel bat mich gestern um Namen und Adressen von
Freunden und Verwandten, an die Sara sich vielleicht noch wenden könnte … ich
weiß nicht … «
Beschwichtigend
hob Maria die Hand. »Ist schon in Ordnung. Sie haben ja gestern bereits Namen
genannt und wir haben noch weitere bekommen. Überlegen Sie in Ruhe und rufen
Sie mich später an.« Sie reichte sowohl ihm als auch Bianca ihre Visitenkarte.
»Frau Esser, ich würde Sie gern noch einmal sprechen.«
Unsicher
sah Bianca auf. »Ja, gut. Wann?«
Maria
zückte ihren Terminkalender. »Morgen Nachmittag gegen 15 Uhr? Oder ist Ihnen
ein anderer Zeitpunkt lieber?«
»Ja … weil … ich
bin da noch im Institut.«
»Rufen
Sie mich
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