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Judasbrut

Judasbrut

Titel: Judasbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Fink
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bitte an und nennen mir eine Uhrzeit, wann Sie morgen Zeit haben«,
sagte Maria freundlich. »Falls es Ihnen lieber ist, komme ich zu Ihnen. Also
dann ade!«
    Maria
und Michelle verabschiedeten sich. Auf dem Weg zum Auto fiel ihr nicht auf, wie
schweigsam Michelle war. Erst, als sie in den dunkelblauen BMW stiegen, seufzte
die junge Frau.
    »Was
ist los?«, fragte Maria, während sie den Motor anließ.
    Michelle
spitzte die Lippen. »Ich glaube, er liebt seine Frau immer noch.«
    »Er hat
sie betrogen und sie hat versucht ihn umzubringen – oder
sagen wir, sie hätte seinen Tod in Kauf genommen. Sehr liebevoll, wirklich.«
    »Stimmt
schon – aber er hat gerade ja beinahe geweint und das, obwohl wir dabei
waren. Ich meine, er ist ein Mann!« Sie machte eine beredte Pause.
    »Er ist
fassungslos«, erwiderte Maria sachlich. »Ich glaube, er war eigentlich nicht
überrascht, wie Sara reagiert hat – er
macht sich selbst Vorwürfe, weil er sie unterschätzt hat. Die Gefühle seiner
Frau waren ihm egal, sonst hätte er keine Affäre gehabt. Für mich klang vieles
eher nach Selbstmitleid.«
    Michelle
sah sie stirnrunzelnd von der Seite an. »Selbstmitleid? Ich weiß nicht.«
    »War
das eigentlich deine erste Vernehmung?«
    Michelle
nickte eifrig. »Ich hab sehr viel mitgeschrieben. Wie geht es jetzt weiter?«
    »Wir
fahren zurück in die Dienststelle und dann werde ich mit den Kollegen aus
Ansbach telefonieren. Frau Eichmüller könnte in der Nähe ihres Sohnes in
Windsbach auftauchen. Außerdem möchte ich möglichst bald selbst mit diesem
Professor Leibl reden.«
    »Das
war der Onkel, oder?«, erkundigte sich Michelle. Es war ihr anzusehen, dass ihr
die Ermittlungsarbeit gut gefiel. »Der zurzeit bei dem Sohn ist. Elias. Oh,
guck mal … die Straße heißt ja Loewenichstraße.«
    Maria,
die gerade nach rechts abbog, fragte belustigt: »Ja, sie wurde nach einem
Tabakfabrikanten benannt, der irgendwann im 19. Jahrhundert hier lebte.«
    »Wow.
So was weißt du?«, wunderte sich Michelle.
    »Mein
Vater hat ein Faible für Stadtgeschichte«, seufzte Maria. »Und wenn man Dinge
gefühlte 500 Mal gehört hat, merkt man sich die, ob man das will oder nicht.
Also, falls du da mal Interesse hast … «
    »Um
Himmels willen, das ist ja noch schlimmer als Erdkunde!«
    »Warum
ist dir denn ausgerechnet dieser Straßenname aufgefallen?«, wollte Maria wissen.
    »Heimweh
zum Dom. In Köln gibt es einen Stadtteil, der heißt Lövenich. Mit ›ö‹ und ›v‹
geschrieben. Da wohnt eine Freundin von mir, die habe ich ewig nicht mehr
gesehen. Das fiel mir jetzt gerade ein. Ich glaube, seitdem ich an der FHB bin,
haben wir es nicht mehr hinbekommen uns zu treffen, obwohl ich ja von Wiesbaden
aus jedes Wochenende nach Hause gefahren bin.« Sie seufzte tief. »Oh Mann,
jetzt quassel ich wieder dummes Zeugs. Mach dir nichts draus und sag einfach,
wenn’s dir zu viel wird. Da drüben wohne ich übrigens – Breslauer Straße, da muss ich immer rein und dann irgendwann links. Memelweg.«
    »Ah,
die Sebaldussiedlung. Dahinter ist übrigens Eichmüllers Institut. Gleich neben
der naturwissenschaftlichen Fakultät in der Erwin-Rommel-Straße. Da müssen wir
später auch noch hin.« Maria steuerte den Wagen über die Paul-Gossen-Straße.
»Weißt du was? Bevor wir ins Büro zurückfahren, lade ich dich auf eine
Butterbrez’n ein – dazu ein Kaffee, wenn du magst.«
    Michelle
zog die wohlgezupften Brauen hoch. »Jetzt? Im Dienst?«
    »Klar«,
Maria zwinkerte, »besprechen kann man sich auch woanders als im Büro – und
telefonieren kann ich vom Handy.«
    »Geht
auch ein Latte macchiato?«
    »Wegen
mir auch zwei«, erwiderte Maria.
     
     
    Frauenaurach
     
    Die Spaghetti waren fast fertig
und Nina hatte den Tisch für das Abendessen bereits gedeckt. Während sie
überlegte, was noch fehlte, strich sie sich unwillkürlich mit der linken Hand
die Haare aus dem Gesicht. Zischend sog sie die Luft ein, als sie dabei die
Beule an ihrer Schläfe berührte. Sofort zupfte sie die Haare zurecht, auch wenn
sie die blau-violette Stelle nicht ganz kaschierten. Sie holte das Stück
Parmesan aus dem Kühlschrank und stellte die Reibe daneben. Sie beschloss,
gleich nach dem Essen den Elternbrief über den anstehenden dreitägigen
Schullandheimaufenthalt für ihre fünfte Klasse zu verfassen und eine Ex für
Geschichte in der neunten Klasse vorzubereiten.
    Nach
den Erlebnissen vom Wochenende tat es ihr gut, sich mit ganz normalen
Alltagsdingen zu

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