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Judasbrut

Judasbrut

Titel: Judasbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Fink
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so ein Scheiß-Gefühl, Maria. So ein richtiges Scheiß-Gefühl.«
    Maria
hatte Jens die ganze Zeit beobachtet. Er wirkte ziemlich mitgenommen. Sie
wusste nicht, ob Jens immer noch im Unklaren über den Vorfall im Fränkischen
war. Es musste etwas geschehen sein, sonst wäre er nicht so durch den Wind,
außerdem hätte Nina sonst nicht dringend mit ihr sprechen wollen.
    »Willst
du mir nicht sagen, was los ist?«, fragte sie daher vorsichtig.
    Jens
beugte sich vor, die Unterarme auf die Knie gestützt und rang die Hände. »Als
ich dich gebeten habe, mit Nina zu reden, da hast du gesagt, sie hat dir nichts
erzählt, oder?«
    Maria
schüttelte zögerlich den Kopf.
    »Ach,
ist eigentlich auch egal. Es ist so vertrackt. Ich weiß echt nicht, wo ich
anfangen soll. Es hängt alles irgendwie zusammen.« Hilflos sah er zu Maria.
    Maria
spitzte die Lippen. »Wenn ich ehrlich bin, weiß ich gerade nicht, worauf du
überhaupt hinaus willst, Jens.«
    »Ich
bin mir ziemlich sicher, dass Nina heute Nacht nicht zu Hause war. Gestern
Nachmittag ist sie vor mir aus dem Haus und heute liegt alles noch genauso da
wie gestern, als ich gegangen bin. In der Küche, im Wohnzimmer, überall. Auch
im Bad. Das Waschbecken war trocken. Als ich heute früh heimkam, hab ich das
erst gar nicht registriert, aber als du sagtest, sie sei nicht bei dir gewesen … es ist
alles irgendwie seltsam.«
    »Hast
du versucht, sie woanders zu erreichen? Bei Freunden? Ihren Eltern?«
    Jens
schüttelte den Kopf. »Da ist sie nicht.«
    »Hast
du angerufen?«
    »Nein.«
    »Also
solltest du das als Erstes tun«, empfahl Maria.
    »Ja,
wahrscheinlich hast du recht, aber … ach,
Mann.« Jens redete leise weiter. »Ich weiß, warum sie in den letzten Monaten
manchmal so komisch war. Bei unseren Streitereien ging es meistens darum, wann
wir endlich Kinder bekommen. Das hab ich dir bei unserem Gespräch nicht gesagt – tut
mir leid. Aber ich wollte herausfinden, ob das wirklich der Grund ist oder ob
etwas anderes dahinter steckt und … Ach
verdammt, eigentlich bin ich jetzt nicht weiter als vorher. Im Gegenteil.«
    Maria
überlegte, ob es ein geeigneter Zeitpunkt sei, Jens von der Vergewaltigung zu
erzählen, unterließ es aber, denn sie wollte lieber erst mit Nina reden. Also
hörte sie Jens einfach weiter zu.
    »Jedenfalls
fing sie letzten Dienstag wieder an von wegen, wir könnten doch im neuen Haus
gleich ein Zimmer als Kinderzimmer einplanen.«
    Maria
kannte Ninas Probleme bezüglich Jens und seiner vagen Haltung, wenn es um
Familiengründung ging. Sie litt seit Jahren darunter – doch
in diesem Moment fiel Maria auf, dass Nina länger nicht mehr darüber gesprochen
hatte. Warum?
    »Willst
du eigentlich keine Kinder?«, fragte Maria rundheraus, obwohl Nina ihr immer
versichert hatte, Jens würde bestimmt eines Tages ›ja‹ sagen. Maria glaubte das
auch, denn sie hatte gesehen, wie liebevoll Jens mit seinen Nichten umging.
    Jens
rieb sich die Nase, knetete seine Hände und kratzte sich am Kopf, bevor er sich
zu einer Antwort überwand. »Es geht nicht. Wir können keine Kinder bekommen.
Wegen mir.«
    Maria
war so bestürzt, dass sie einen Moment schwieg, um die Neuigkeit zu verdauen.
»Weiß sie das?«
    »Ich
hab es ihr am Dienstag gesagt.« Jens erzählte von dem Gespräch und der
niederschmetternden Diagnose, die er gestern schwarz auf weiß erhalten hatte.
    »Puh,
das ist hart«, meinte Maria ehrlich. »Und jetzt?«
    »Wir
haben seit Dienstag nicht darüber geredet. Ich hatte ihr versprochen, mich so
schnell wie möglich testen zu lassen. Als ich gestern das Ergebnis bekam, war
es für mich zwar schlimm, nur hab ich das ja schon lange geahnt und mich
deswegen damit abgefunden. Bloß Nina – oh
Mann, ich bin so ein Depp, weil ich ihr das nie erzählt habe.« Er schlug sich
mit der Faust vor die Stirn.
    »Ja,
allerdings«, bestätigte Maria sarkastisch. »Aber warum hast du das nicht?«
    Jens
sah sie unglücklich an. »Ehrlich gesagt – ich
weiß es nicht. Wenn ich so darüber nachdenke, dann fällt mir kein vernünftiger
Grund ein. Schiss – das ist wohl alles. Mann, was bin ich für ein Held.«
    »Einsicht
ist der erste Weg zur Besserung«, bemerkte Maria. »Und Nina? Wie geht es ihr?«
    »Sie
hat nicht viel gesagt. Ein bisschen geweint hat sie. Ich hab versucht, sie zu
trösten, aber ich hatte das Gefühl, ich komm nicht an sie ran und dachte, ich
lasse sie lieber in Ruhe. Dann ist sie gegangen und nachmittags hat sie mir
noch eine SMS geschickt.« Er

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