Judith
wiederholte er. »Warum hast du sie mir nicht gegeben? Ich war viel mit deinen Söhnen zusammen. Ich bin zwar nicht reich, aber mit den Montgomerys komme ich allemal mit! «
Robert Revedoune zuckte die Schultern und biß in eine Waffel, die er gerade gekauft hatte. Danach nahm er einen tiefen Schluck von dem Most. »Es gibt andere reiche Mädchen für dich. «
»Aber keine wie sie! « fuhr Walter ihn an.
Als Revedoune verwundert die Augen aufriß, redete er weiter: »Siehst du nicht, was für eine Schönheit sie ist? «
Robert Revedoune ließ den Blick über die Menge zu seiner Tochter gehen und nickte dann bedächtig. »Ja, das ist sie. « Sein Mund verzog sich. »Aber was bedeutet schon Schönheit? Die vergeht. Ihre Mutter war auch mal so. Und sieh sie dir jetzt an. «
Walter hatte keinen Blick für die Frau, die nervös auf der Kante ihre Stuhles saß, bereit, sich zu ducken, falls ihr Gemahl sie schlagen wollte. »Warum hast du sie verborgen gehalten? Ich will es wissen! «
»Das war die Idee ihrer Mutter. Aber was interessiert dich das? Da, sieh nur! Das Turnier beginnt! «
Walter packte Revedounes Arm. Er wußte, daß dieser Mann ein Feigling war. »Weil ich sie für mich haben wollte! Ich habe noch nie eine solche Frau gesehen! Sie sollte mir gehören. Mein Land grenzt an deines. Ich bin der richtige Mann für sie. Aber … du hast sie vor mir versteckt! «
Revedoune machte sich unwillig aus seinem Griff frei. »Du der richtige Mann? « fragte er hämisch. »Sieh dir die Montgomerys an, die bei meiner Tochter sitzen! Das sind Männer, die Söhne haben. Da — Der große grauhaarige Mann. Er hat sechs Söhne. Und Ralph — neben ihm, er hat fünf. Und Hugh… «
»Was hat das mit deiner Tochter zu tun? « fuhr Walter wütend auf.
»Die Montgomerys haben mehr Söhne als jede andere Familie in England. Und was für Söhne! Miles, der Jüngste, hat schon drei Mägde schwanger gemacht. Raine ist von einem Kampf in den anderen gezogen. Keiner hat ihn bis jetzt geschlagen. Stephen führt mit fünfundzwanzig Jahren schon ein eigenes Heer in Schottland an. Und dann der Älteste. Der Mann meiner Tochter. Er verwaltete schon mit sechzehn Jahren ohne fremde Hilfe den Besitz. Nenne mir einen, der das auch getan hat! «
Revedoune sah Walter Demari mit zusammengekniffenen Augen an. »Und da fragst du noch, warum ich Judith einem solchen Mann gegeben habe? Sie wird mir die Enkelsöhne gebären, die ich haben will. «
Walter wurde wütend. Diesem alten Narr ging es um Enkelsöhne!
»Ich würde ihr auch Söhne machen! « knurrte er mit zusammengepreßten Zähnen.
Revedoune lachte. »Du? Wie viele Schwestern hast du? Fünf oder sechs? Ich habe sie nicht mehr gezählt. Und was hast du bis jetzt geleistet? Dein Vater verwaltet den Besitz. Du tust nichts weiter als auf die Jagd zu gehen — nach Wild und Bauernmädchen. Laß mich jetzt in Ruhe. « Er machte eine hastige Handbewegung, um Demari zu entlassen.
Aber so ließ Walter sich nicht behandeln. Was Revedoune gesagt hatte, stimmte zwar. Aber Walter war sicher, daß er auch seinen Mann gestanden hätte, wenn man ihm in jungen Jahren die Verwaltung des Familienbesitzes übertragen hätte. Warum lastete man es ihm an, daß sein Vater noch lebte?
In ihm keimte eine böse Saat auf. Und je länger er die Banner der Montgomerys mit den goldenen Leoparden in der Sonne flattern sah, desto mehr wuchs seine Abneigung gegen diesen Clan.
Seine Wut gab ihm den nötigen Mut. Er ging zu den Plätzen der Montgomerys hinüber. Er wollte mit Judith sprechen, an ihrer Seite sein. Er hatte das Recht dazu!
8. Kapitel
Judith warf die Tür ihres Gemachs so laut hinter sich zu, daß ein dumpfes Echo durch das Haus hallte.
Das war nun also der erste Tag ihrer Ehe gewesen! Der schlimmste Tag in ihrem Leben war es geworden, weil Gavin keine Gelegenheit ausgelassen hatte, sie zu demütigen.
Sie hatte allein unter seinen Verwandten gesessen. Nur ein Mann hatte sich ihr gegenüber wie ein Kavalier verhalten. Walter Demari. Er hatte neben ihr gesessen und ihr den Verlauf des Turniers erklärt. Seine Aufmerksamkeiten hatten ihr gefallen.
Dann war Gavin plötzlich aufgetaucht und hatte ihr befohlen, mit ihm zu kommen. Da sie in aller Öffentlichkeit keine Szene machen wollte, war sie mit ihm gegangen.
Aber in Raines Zelt hatte sie ihm dann unmißverständlich ihre Meinung über sein unmögliches Benehmen gesagt. Und zu ihrer Genugtuung hatte sie ihn zum ersten Mal sprachlos erlebt.
Miles
Weitere Kostenlose Bücher