Judith
Glück. Ach, wenn es doch zwischen Gavin und mir immer so harmonisch sein könnte, wünschte sie sich.
»Lauf zu deiner Mutter und bring ihr die gute Nachricht. Und komm dann bitte in den Burghof, wo sich alle zur Jagd versammeln. « Gavin sah sie prüfend und besorgt an. »Fühlst du dich für einen Ausritt wohl genug? «
Zum ersten Mal war er ruhig und freundlich, als er von ihrer Schwangerschaft sprach. Judith lächelte glücklich. »Ja, sehr gut«, versicherte sie ihm. »Die Königin hat mir erzählt, daß sie in dieser Zeit immer ausgeritten ist. «
Judith hatte es dann eilig, zu ihrer Mutter zu kommen.
»Ach, ist das nicht die kleine Revedoune? « hörte sie plötzlich Hinter sich eine Stimme. Judith blieb stehen und starrte Lilian Chatworth an.
»Bist du auf dem Weg zu einem netten Liebhaber? « fragte Lilian weiter. Als Judith sie nur ansah, fügte sie hinzu: »Ich bin sicher, daß du mich kennst. Wir trafen uns auf deiner Hochzeit. «
»Ich bedauere außerordentlich, daß ich nicht zu deiner Hochzeit kommen konnte. « Judith sprach Lilian auf dieselbe vertrauliche Weise an. »Besonders nachdem mir Gavin den Brief, in dem du ihm ewige Liebe geschworen hast, zu lesen gab. «
Lilians Augen schossen Blitze. »Es ist sehr tragisch, als alles ein so schnelles Ende fand«, gurrte sie.
»Schnelles Ende? «
Lilian lächelte. »Hast du es nicht gehört? Mein armer Gatte wurde im Schlaf ermordet. Ich bin jetzt Witwe und frei. Ich habe angenommen, daß Gavin es dir erzählt hat. Er fand es sehr interessant, daß ich jetzt ohne Mann bin… «
Judith drehte sich um und ging weiter. Sie hatte nichts davon gewußt, daß Lilian Witwe war. Nun stand nur noch sie zwischen dieser Frau und Gavin.
25. Kapitel
Judith hatte das Gefühl, daß Bleigewichte an ihren Füßen hingen, als sie weiterging. Sie war noch so mit dem, was Lilian ihr eben gesagt hatte, beschäftigt, daß sie sich wie in Trance bewegte.
»Judith! «
Sie blickte auf und lächelte ihre Mutter an.
»Was hast du? « Helen war besorgt wegen Judiths Blässe.
Die Tochter zwang sich zu einem Lächeln. »Ich werde meine Mutter verlieren«, sagte sie. »Ich möchte dir sagen, daß Gavin deiner Heirat mit John Bassett zustimmt. Der König hat es auch erlaubt. «
Helen starrte sie an. Dann wich alle Farbe aus ihrem Gesicht, und sie fiel der Tochter ohnmächtig in die Arme.
»Hilfe! « schrie Judith.
Ein Stallbursche eilte herbei und hob die Ohnmächtige auf. »Zu den Ställen! « befahl Judith. »Sie muß aus der Sonne. « Helen kam bald wieder zu sich. Als sie Judiths prüfenden Blick auf sich sah, nickte sie lächelnd. »Es ist wahr, Kind«, sagte sie. »Ich trage ein Kind von ihm unter dem Herzen. «
Judith sank auf einen Heuballen. »Dann werden wir zur selben Zeit unsere Babys bekommen? «
»Fast. « Helen wollte noch etwas sagen, aber da tauchte Gavin auf.
Judith lief ihm entgegen. Helen sah, wie sie aufgeregt auf ihn einsprach.
»Ich habe John immer für einen vernünftigen Mann gehalten«, meinte Gavin, als er die Neuigkeit gehört hatte.
»Er liebt Mutter. Und Männer und Frauen, die lieben, tun oft ungewöhnliche Dinge. «
Gavin sah ihr in die Augen. Sie glänzten im Sonnenlicht wie Gold. »Ja, das wird mir immer mehr klar. «
»Warum hast du mir nicht gesagt, daß sie Witwe ist? « fragte Judith leise.
»Wer? « Er runzelte die Stirn.
»Lilian. Wer sonst? «
Gavin zuckte die Achseln. »Ich habe vergessen, es dir zu erzählen. « Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Wenn du in meiner Nähe bist, denke ich an ganz andere Sachen. « »Versuch nicht vom Thema abzulenken! «
Er packte sie bei den Schultern. »Verdammt, warum fängst du immer wieder an? Ich will… «
»Wir müssen uns beeilen, wenn wir an der Jagd teilnehmen Wollen«, sagte Judith und lächelte.
Die Jagd war für Judith sehr aufregend. Ihr Falke holte ihr drei Kraniche herunter. Gavin hatte weniger Glück. Er saß kaum im Sattel, als ihm eine Magd die Nachricht zuflüsterte, daß Stephen ihn an der Burgmauer erwarte. Eines wunderte Gavin. Warum sollte Judith nichts von diesem Treffen erfahren? Die Magd hatte es ihm jedoch ausdrücklich gesagt.
Er entfernte sich von der Jagdgesellschaft und schimpfte im stillen mit seinem Bruder. Er ritt nicht bis zu dem vereinbarten Treffen, sondern band sein Pferd etwas entfernt an einen Baum und näherte sich der Stelle mit gezogenem Schwert.
»Gavin! « rief Lilian und preßte eine Hand auf die Brust. »Du hast mich
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