Judith
furchtbar erschreckt. «
»Wo ist Stephen? « fragte er und sah sich mißtrauisch um.
»Steck bitte dein Schwert weg! Du machst mir Angst. « Lilian lächelte ihn an und strafte damit ihre Worte Lügen.
»Du hast mich hierher bestellt und nicht Stephen? «
»Ja. Es war die einzige Möglichkeit, dich hierherzubekommen. « Sie senkte scheu den Blick. »Meinetwegen wärest du doch nicht gekommen, nicht wahr? «
Gavin schob sein Schwert in die Scheide. Es war ein verschwiegenes Plätzchen. Ein Plätzchen, wie sie es sich früher für ihre Liebesstunden gesucht hatten.
»Du denkst auch daran, nicht wahr? « Lilian ließ sich im Gras nieder und streckte die Hände nach Gavin aus. »Komm, setz dich zu mir. Wir haben über vieles zu reden. «
Er blieb stehen und sah auf sie nieder. Unwillkürlich verglich er sie mit Judith. Lilian war schön, ja, aber ihre Lippen waren verkniffen, auch wenn sie lächelte. Und so wirkte ihr Lächeln nicht so ehrlich wie bei Judith.
Ihre blauen Augen erinnerten ihn mehr an Eis als an leuchtende Saphire. Und ihr Kleid war in den Farben zu grell.
»Hast du etwas gegen mich, weil du dich so weit von mir entfernt hinsetzt? « fragte Lilian, als Gavin sich ins Gras warf.
»Es hat sich vieles geändert. « Gavin sah nicht, wie sich ihre Stirn runzelte.
»Bist du noch immer böse, weil ich Edmund geheiratet habe? Ich habe dir doch immer wieder erklärt, daß man mich dazu gezwungen hat. Aber jetzt, wo ich Witwe bin, können wir wieder… « »Lilian«, unterbrach er sie. »Sprich nicht mehr über diese Dinge. « Es gefiel ihm nicht, ihr weh tun zu müssen. Sie war so zart und hilflos. »Ich werde Judith nicht verlassen… «
»Ich… ich verstehe nicht. Wir beide können doch jetzt… «
Gavin griff nach ihrer Hand und drückte sie leicht. »Nein, Lilian. Ich bin ein verheirateter Mann. «
»Gavin! Was willst du damit sagen? «
»Ich liebe Judith«, antwortete er schlicht.
Lilian blitzte ihn zornig an. »Du hast gesagt, daß sie dir zuwider ist. Du hast mir an eurem Hochzeitstag versprochen, daß du sie niemals lieben wirst! «
Gavin lächelte bei der Erinnerung an diesen Tag. Zwei Schwüre waren getan worden. Judith hatte ihren Schwur gebrochen und er seinen.
»Weißt du nicht mehr, daß du mir damit gedroht hast, dir das Leben zu nehmen? Ich hätte alles getan, um das zu verhindern. «
»Und jetzt ist es dir gleichgültig, was aus meinem Leben wird? «
»Nein, Lilian. Du weißt, daß du immer einen Platz in meinem Herzen haben wirst. Du bist meine erste Liebe, und ich werde dich nie vergessen. «
Lilian sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Du redest, als wäre ich schon tot. Gehört ihr jetzt dein ganzes Herz? «
»Du mußt endlich begreifen, daß Judith mit mir verheiratet ist. «
Diesmal fiel es ihr nicht schwer, Tränen vorzutäuschen. Lilian lächelte hold und flüsterte mit versagender Stimme: »Ich habe kein Herz aus Stein. Ich bin eine sensible Frau. Auch wenn du mich nicht mehr liebst, mein Herz gehört dir für immer. Weißt du, was für eine Hölle es war, mit Edmund verheiratet zu sein? Er hat mich schlimmer behandelt als die niedrigste Magd, und ich war immer in meinem Gemach eingesperrt. «
»Aber Lilian! «
»Und weißt du, warum er das tat? Weil er mich an deinem Hochzeitstag beobachtet hat. Er wußte, daß wir uns im Garten getroffen haben. Und er wußte auch, daß ich in dein Zelt gekommen bin. Weißt du noch, wie leidenschaftlich du mich geküßt hast? An dem Tag nach deiner Hochzeit? «
Gavin nickte. Er wollte dieses Geständnis jedoch nicht gern hören.
»Er hat mich fast jeden Tag daran erinnert, daß ich mich dir hingegeben habe. Und ich habe es ertragen. Ich habe nie aufbegehrt, weil deine Liebe für mich etwas so Kostbares war. Jede Nacht lag ich einsam in meinem Bett und dachte an dich und an deine Liebe. «
»Lilian, bitte quäl dich nicht länger… «
»Hast du auch einmal an mich gedacht? Nur ein einziges Mal? « fragte sie leidenschaftlich.
»Ja«, antwortete er ehrlich. »Zuerst. Am Anfang meiner Ehe. Aber Judith ist eine fantastische Frau, so freundlich und liebenswert. Ich gebe zu, daß ich nie geglaubt habe, sie einmal lieben zu können. Es ging bei dieser Eheschließung erst nur um ihr Erbe, wie du weißt. «
Lilian seufzte schwer. »Was soll ich jetzt tun? Mein Herz gehört allein dir — und so wird es immer sein. «
»Lilian, bitte sieh ein, daß es zwischen uns aus ist. Wir müssen getrennte Wege gehen. «
»Warum bist du
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