Julia Ärzte zum Verlieben Band 36
sich neben ihn. „Hi.“
„Was machen Sie denn hier?“, fragte er. Dabei starrte er unverwandt aufs Meer.
„Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht.“
Achselzuckend meinte er: „Es ist alles okay.“
„Den Eindruck habe ich nicht.“
Mit zusammengezogenen Brauen blickte er Lisa an. „Wieso?“
„Sie müssten nur mal in den Spiegel gucken, Joel. Sie sehen schrecklich aus, und ich nehme an, es hat was mit heute Nachmittag zu tun.“
„Ah, eine Hobbydetektivin“, gab er sarkastisch zurück.
Sie ignorierte seinen Ton. „War das eine Freundin von Ihnen?“
„Wer?“
„Die Frau, die wir mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen haben.“
Joel schüttelte den Kopf. „Nein, die kenne ich nicht.“
Also musste es der Ort gewesen sein.
„An meinem ersten Tag hier hatte ich ein großes Problem“, sagte Lisa sanft. „Und Sie haben mich gerettet. Weil Sie mich beruhigt haben, bin ich diesen Eishang runtergekommen. Sie sind hinter mir hergefahren, und ich wusste, dass Sie auf mich aufpassen. Deshalb konnte ich meine Angst überwinden. Sie haben mir geholfen. Also lassen Sie mich jetzt Ihnen helfen.“
„Ich weiß nicht, was Sie meinen.“ Er wandte sich wieder ab.
„Joel.“ Sie drückte seine Hand. „Manchmal hilft es, einfach mit jemandem zu reden. Jemand, der einem zuhört. Wenn Sie in diesem Zustand Ihre Tochter abholen, wird sie sich zu Tode erschrecken. Das hat sie nicht verdient, oder?“
Lisa war froh, dass er ihr seine Hand nicht sofort entzog. Tonlos fragte er: „Und was schlagen Sie vor?“
„Dass ich Sie mit zu mir nach Hause nehme und Ihnen einen Kaffee mache. Und dann sprechen Sie mit mir.“
„Warum tun Sie das?“
„Weil ich Ihnen etwas schuldig bin. Dazu sind Freunde da. Sie passen aufeinander auf. Wir sind doch Freunde, richtig?“, meinte sie.
Joel schwieg lange, bis er schließlich fast unhörbar sagte: „Ich denke schon.“
„Also dann.“ Lisa stand auf und zog ihn an der Hand.
Als kostete es ihn seine letzten Kräfte, erhob er sich mühsam und ließ sich von ihr zu ihrem Wagen führen. Auf der Fahrt zu Lisas Haus sagte Joel kein Wort.
Sie schloss die Küchentür auf und ließ ihn eintreten. „Machen Sie es sich bequem.“
Er nickte nur stumm.
Lisa kochte Kaffee, tat ein paar Schokokekse auf einen Teller und stellte ihn vor Joel auf den Tisch. „Was anderes hab ich leider nicht.“
Er zuckte die Achseln, als ob ihm alles gleichgültig wäre.
„Und? Erzählen Sie’s mir?“, fragte sie dann behutsam.
Seufzend trank er einen Schluck. „Iiih. Der ist ja süß.“
„Wahrscheinlich genau das, was Sie jetzt brauchen“, erwiderte sie. „Reden Sie mit mir.“
Er stellte den Kaffeebecher auf den Tisch und wärmte sich die Hände daran. „Es sind diese verdammten Klippen. Vanessa, meine Frau, ist dort gestorben.“
Lisa wartete darauf, dass er weitererzählte, was er dann auch schließlich tat.
„Es war kein Unfall.“ Joel stockte. „Sie ist gesprungen.“
Genau wie Kezia heute. Nur dass sie im Gegensatz zu Vanessa damit Spenden sammeln wollte.
„Und es ist meine Schuld“, fuhr er düster fort.
Lisa legte ihm die Hand auf den Arm. „Wie kommen Sie denn darauf?“
Er holte tief Luft. „Nach Beths Geburt hatte sie schwere Wochenbettdepressionen. Ich habe es nicht so bemerkt, wie ich es hätte tun sollen. Ich war zu sehr mit meiner Arbeit beschäftigt und habe mich nicht genug um meine Familie gekümmert. Nur weil ich dachte, ich müsste so bald wie möglich Chefarzt werden, um ihnen alles bieten zu können.“
Joel schloss die Augen. „Geld ist nicht wichtig. Es wäre egal gewesen, ob Beth Secondhand-Sachen getragen oder weniger Spielzeug gehabt hätte. Doch ich war zu dumm, um das zu erkennen. Ich habe mich auf meine Karriere konzentriert anstatt auf meine Familie und sie deshalb verloren.“
„Sie haben immer noch Beth“, wandte Lisa ein.
Er machte die Augen wieder auf, und darin lag ein unendlicher Schmerz. „Ich habe sie nicht verdient.“
Obwohl das nicht stimmte, ging Lisa nicht weiter darauf ein. Momentan war Joel nicht imstande, logisch zu denken. „Hat Vanessas Hausarzt denn nichts gemerkt?“
„Doch, irgendwann schon“, antwortete Joel. „Und er hat sie dann auch behandelt. Doch ich hätte es merken müssen. Genauso gut hätte ich sie selbst von der Klippe stoßen können.“
„Meinen Sie nicht, dass Sie sich da selbst gegenüber etwas zu hart sind?“, fragte Lisa vorsichtig.
„Ich bin selbst Arzt und hätte merken
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