Julia Ärzte zum Verlieben Band 45
die fremden Gesichtszüge machten ihm klar, dass es nicht der Mann war, den er gekannt hatte. Seth nahm die Heiratsurkunde in die Hand und las entsetzt, dass seine Mutter ein Jahr vor der Geburt seines älteren Bruders einen Mann namens Shane Andre geheiratet hatte.
Wie konnte das sein? Der Name seines Vaters war Gregory Taylor gewesen und nicht Shane Andre. Wütend und verwirrt durchwühlte Seth die restlichen Papiere und fand einen Totenschein, ausgestellt von der U.S. Air Force. Außerdem lag eine Tapferkeitsmedaille in der Kiste, die Shane Andre posthum für seine Verdienste in der Army verliehen worden war.
Fassungslos starrte Seth auf das Todesdatum dieses Shane Andre. Er, Tess und Caleb waren alle im Abstand von nur einem Jahr geboren. Und seine Mutter war vier Jahre lang mit Shane Andre verheiratet gewesen.
Also war sein biologischer Vater nicht Gregory Taylor, sondern Shane Andre gewesen.
Warum um alles in der Welt hatte seine Mutter sie alle jahrelang belogen? Mit einer wütenden Bewegung warf er die Unterlagen wieder in die Kiste und sprang auf.
Es musste eine einleuchtende Erklärung geben. Seine Mutter war eine aufrichtige Frau gewesen. Wie konnte es sein, dass sie dieses große Geheimnis mit ins Grab genommen hatte? War womöglich der Gedanke an den frühen Tod ihres ersten Mannes zu schmerzhaft für sie gewesen?
Wie gern hätte Seth eine Antwort auf seine Fragen bekommen. Aus der kurzen Ehe seiner Eltern waren immerhin drei Kinder hervorgegangen. Erneut beugte er sich über die Kiste, betrachtete das Foto und dachte über das Leben seiner Mutter nach. Sie war früh Witwe geworden und hatte allein die Verantwortung für drei kleine Kinder tragen müssen. Sicher hatte sie von der Air Force eine kleine Pension bekommen. Wann hatte sie Gregory Taylor kennengelernt? Es musste schon bald nach dem Tod seines Vaters gewesen sein.
Sein ganzes Leben lang hatte Seth geglaubt, Gregory Taylor sei sein Dad. Doch nun stellte sich heraus, dass es ein junger Air Force Pilot gewesen war, gefallen während eines Einsatzes für sein Vaterland.
Verdammt. Bei dem Gedanken, dass es nun seine Aufgabe war, Caleb und Tess zu informieren, rieb Seth sich hilflos das Gesicht. Schon wollte er nach dem Telefon greifen, als ihm klar wurde, dass er im Augenblick nicht die richtigen Worte finden würde. Er war selbst noch zu aufgebracht und verstört. Zunächst musste er selbst die Neuigkeit verarbeiten.
Außerdem hatten sowohl Caleb als auch Tess alle Hände voll zu tun mit ihren eigenen Familien. Warum sollte er ihr Leben durcheinanderbringen?
Seth sah sich die blassblauen Briefe an. An den Adressen konnte er erkennen, dass es sich um Korrespondenz zwischen seiner Mutter und Shane Andre handelte.
Doch er konnte sie nicht lesen. Noch nicht. Vielleicht sogar niemals. Alles in ihm sträubte sich dagegen zu akzeptieren, dass seine Mutter ihn ihr Leben lang belogen hatte.
Hatte sie wirklich vorgehabt, das Geheimnis mit ins Grab zu nehmen?
Sie war überraschend an einem geplatzten Aneurysma gestorben, sodass keine Zeit für einen Abschied oder für klärende Gespräche gewesen war.
Andererseits hatte sie viele Jahre lang Zeit gehabt, ihm und seinen Geschwistern die Wahrheit zu sagen, und hatte es nicht getan.
Er wünschte sich, er könnte mit Kylie über alles sprechen. Als Außenstehende hatte sie vielleicht eine ganz andere Perspektive. Vor allem, da sie selbst eine alleinerziehende Mutter war.
Unsinn. Wieso kam er nur auf so seltsame Ideen? Kylies Situation war ganz anders, als die seiner Mutter es gewesen war. Sie würde auch nicht wissen, weshalb seine Mutter ein Geheimnis daraus gemacht hatte. Er suchte nur nach einem Vorwand, um mit ihr zu sprechen. Obwohl er beschlossen hatte, ihr und Ben aus dem Weg zu gehen, freute er sich bereits auf das Treffen mit ihr, das am nächsten Tag stattfinden würde.
Komisch, dass es plötzlich eine große Gemeinsamkeit zwischen ihm und Kylies Sohn Ben gab. Keiner von ihnen kannte den Mann, der sie in die Welt gesetzt hatte.
Nervös rieb Kylie ihre feuchten Hände an ihrem Hosenbein trocken. Warum war sie nur so nervös wegen des Treffens mit Seth Taylor? Sie hatte absichtlich die hässliche blaue Rettungsdienst-Uniform angezogen, um ja nicht den Eindruck zu erwecken, sie hätte sich für ihn hübsch gemacht.
Entschlossen griff sie nach ihren Unterlagen und eilte zum Wagen. Nach wenigen Minuten hatte sie das Cedar Bluff Hospital erreicht.
Das Gebäude sah von außen kaum wie eine
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